Wakeboard-Profi Dominik Gührs:Das ganze Jahr Sommer

Holt er in diesem Jahr den Weltmeistertitel? Der Münchner Dominik Gührs verdient als Profi-Wakeboarder sein Geld - und "möchte mit niemandem auf der Welt tauschen".

Lena Mischau

Dominik Gührs arbeitet dort, wo andere Urlaub machen. Australien, Thailand, die Philippinen - knapp die Hälfte des Jahres verbringt der Münchner auf der Südhalbkugel. Das ganze Jahr Sommer. Aber Urlaub? Der sonnengebräunte Junge mit dem ausgebleichten Blondschopf grinst verlegen, dann schüttelt er entschieden den Kopf. Keineswegs.

Junge Leute

Die riskanten Kunststücke mit dem Wakeboard erfordern viel Training. Vier Stunden steht Dominik Gührs täglich auf dem Brett.

(Foto: Daniel Deak Bardos / oh)

Dominik verdient an weißen Stränden bei 30 Grad Hitze seinen Lebensunterhalt: Der 20-Jährige ist Wakeboarder, Profi-Wakeboarder. Kommendes Wochenende tritt er bei der Weltmeisterschaft in der Nähe von Berlin an, zum ersten Mal seit 2001 findet sie wieder in Deutschland statt.

Es sieht so spielerisch aus, wenn Wakeboarder von einem Wasserski-Lift oder einem Motorboot über das Wasser gezogen werden und waghalsige Kunststücke auf und mit ihrem Board vollziehen. Es ist eine Fun-Sportart - und doch ist sie alles andere als ungefährlich. Finger- und Rippenbrüche sind keine Seltenheit, ein Kreuzbandriss ist der Albtraum eines jeden Wakeboarders.

Auch Dominik hat schon einiges mitgemacht. Ein Unfall vor sieben Jahren war sogar so schwer, dass seine Karriere beinahe ein abruptes Ende gefunden hätte. Der damals 13-Jährige stürzte auf der Wasserskiliftanlage in Aschheim vom Board, der nachfolgende Wakeboard-Anfänger konnte nicht ausweichen und erwischte Dominik mit seinem harten Brett - die Diagnose: Schädelbasisbruch.

Länger als ein halbes Jahr musste er das Bett hüten, durfte nicht einmal lesen, keine Musik hören - und natürlich auf gar keinen Fall wakeboarden. Eine schlimme Zeit, erinnert sich Dominik. Und dennoch, vom Sport auf dem Brett konnte ihn selbst dieses böse Erlebnis nicht abhalten: "Damals hatte ich unglaubliches Glück im Unglück. Und heute fahre ich nur noch mit Helm."

Weltmeistertitel in Sicht

Jetzt ist er sicher unterwegs und darüber hinaus erfolgreich: In der sogenannten Pro-Kategorie, der höchsten weltweit, wurde Dominik vergangenes Jahr jeweils Deutscher Meister und Europameister. Er wurde zum Rider of the Year 2009 gekürt und liegt in der Weltrangliste auf Rang zwei.

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Holt er diesen Jahr den Weltmeistertitel? Dominik Gührs ist aktuell auf Platz zwei der Weltrangliste im Wakeboarden.

(Foto: Daniel Deak Bardos / oh)

Sein ganzes Zimmer ist vollgestopft mit Medaillen und Trophäen, die der 20-Jährige in den vergangenen zwei Jahren seit dem Beginn seiner Profi-Karriere gewonnen hat. Nur der Weltmeisterpokal fehlt noch. "Das ist mein Beruf", sagt Dominik, "und deshalb gebe ich bei jedem Contest auch mein Bestes. Aber das heißt nicht, dass ich gezielt auf den WM-Titel hin trainiere - oder dass ich überhaupt besonders trainiere! Im Grunde mache ich das alles nur, weil es mir unglaublich viel Spaß macht."

Wirklich kein Training? Natürlich steckt hinter diesem Spaß jede Menge Arbeit. Dominik steht jeden Tag mindestens vier Stunden auf dem Brett. Zusätzlich macht er noch Einheiten im Fitnessstudio, um bestimmte Muskelpartien zu stärken und sich so vor Verletzungen zu schützen.

Zum Training und diversen Wettbewerben kommt noch die Arbeit mit den Sponsoren. Mal ist es ein Dreh für ein Wakeboard-Video, in dem die Fahrer ihre besten Sprünge präsentieren, mal ist es eine Werbeveranstaltung, bei der die Sportler die Klamotten und die Artikel ihrer Sponsoren präsentieren, mal ist es ein Show-Event - hier bekommen Wakeboarder immer die größte Aufmerksamkeit.

"Das war schon krass, vor 10.000 Zuschauern zu fahren", erinnert sich der Münchner an ein Spektakel 2009 in Hamburg, "sogar MTV hat das Finale live übertragen!"

Ob er denn dann so etwas wie ein Star sei? Dominik lacht, schüttelt den Kopf: "In der Szene bin ich natürlich kein Unbekannter", sagt er. "Aber nach dem Contest ist alles wieder ganz normal. Sollte ich dieses Jahr Weltmeister werden, würde das letztlich nichts an meinem Leben ändern."

Eine einzige Sommerparty?

Doch selbst wenn sich Dominik am kommenden Wochenende nicht gegen Mike Ketellapperer, den Weltranglistenersten der International Waterski & Wakeboard Federation, durchsetzen sollte, gleicht sein Leben nur in wenigen Punkten dem Alltag von Gleichaltrigen.

Auf einen Wettbewerb in Texas folgt ein Wochenende in Holland, danach geht es nach Hamburg, und von dort in die Türkei. Von früh bis spät an der frischen Luft, meist an der Sonne, auf dem Wasser - und danach, Dominiks Lieblingsbeschäftigung, die Aftershowparty.

Im Gepäck von Contest zu Contest hat er übrigens auch immer das perfekte Board, das nach ihm benannte "Dominik-Gührs-Board". Sowohl bei der Form als auch beim Design hat Dominik seine Ideen eingebracht. Zusammen mit einem Team von Designern und Beratern hat er es im Auftrag eines seiner Sponsoren entwickelt. Seit vergangenem Jahr gibt es das Board in zweierlei Ausgaben im Sportgeschäft zu kaufen; jede Saison sollen ein oder zwei neue Modelle erscheinen.

Wettkämpfe und Werbung, Kunststücke und Kommerz, Sport und Spaß - insgesamt also ein Leben wie eine einzige, niemals endende Sommerparty? Dominik nickt spontan. Schüttelt dann doch den Kopf, räuspert sich. Ganz so sei es nicht: Bei all den Erfolgen darf man nicht vergessen, was Dominik für seinen Sport alles aufgegeben hat.

Als die Wettbewerbe immer dichter aufeinander folgten, das Training intensiver und die Meisterschaften internationaler wurden, blieb keine Zeit mehr für das Abitur: Dominik schmiss nach der Mittleren Reife die Schule. Von Familie und Freunden lebt er lange Zeit im Jahr getrennt, oft mehrere tausend Kilometer. Das Reisen ist für ihn nicht Erholung, es gehört notgedrungen zum Leben - zum Leben aus dem Koffer.

Als aktueller Stern am Wakeboard-Himmel hat Dominik zahlreiche Verpflichtungen gegenüber Veranstaltern, Sponsoren, und nicht zuletzt seinen Fans. "Ich möchte mit niemandem auf der Welt tauschen", betont Dominik noch einmal, "aber ein Halligalli-Leben führe ich mit Sicherheit nicht. Wakeboarden ist mein Beruf, er macht mir Spaß, und der Spaß hat mich so weit gebracht."

Weitere Texte von den Autoren der SZ-Jugendseite gibt es hier.

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