Verwaltungsgericht:Straferleichterung für Janni

Hunde an der Leine führen

Auf die Leine kann Jannis Frauchen auch künftig nicht verzichten.

(Foto: dpa)

Der Maulkorberlass für den Unterhachinger Schäferhundmischling wird entschärft

Von Michael Morosow, Unterhaching

Janni musste draußen bleiben. Sonst hätte sich der siebenjährige Schäferhundmischling wohl in Saal 3 des Verwaltungsgerichts München unter der Klägerbank an die Beine seines Frauchen Ilse Christoforis geschmiegt, während der Vorsitzende Richter Hans Haider seine Vorstrafen auflistete. Nach dem Urteilsspruch aber hätte er einen guten Grund gehabt, mit wedelndem Schwanz auf den Richtertisch zu springen und Haider dankbar mit seiner Schlapperzunge über das Gesicht zu lecken. Janni hat Straferleichterung bekommen, und bei guter Führung ist er vielleicht schon im Juli wieder ein freier Hund.

Vor neun Monaten war der Mischling Janni, nach dem vierten dokumentierten Zwischenfall, einer bissigen Keilerei mit mehreren beteiligten Hunden, per Bescheid des Ordnungsamtes Unterhaching hinter Gitter gesteckt worden. Das heißt, seither musste er, sobald er das Gartengrundstück seines Frauchen verließ und nur eine Pfote auf öffentlichen Grund setzte, einen Maulkorb tragen und innerorts zudem an der Leine gehen.

Janni muss künftig "in gutem Gehorsam stehen"

Nach dem Urteilsspruch darf das Schlappohr nun wenigstens auf den Straßen und Plätzen innerhalb der Gemeinde wieder ungesiebte Luft atmen: "Der Maulkorbzwang innerorts fällt weg", sagte Richter Hans Haider. Aber Janni muss an einer reißfesten, maximal 100 Zentimeter langen Leinen geführt werden. Außerorts bleibt die Maulkorbpflicht für Janni vorerst bestehen.

Aber diese Strafe könnte schon im Juli zur Bewährung ausgesetzt werden, wenn Halterin Ilse Christoforis ein Gutachten herbeibringt, das dem Hund attestiert, "in gutem Gehorsam zu stehen" und "abrufbereit" zu sein. Frauchen Ilse Christoforis ist in dieser Hinsicht zuversichtlich, zumal sie mit ihrem Liebling mit dem langem Vorstrafenregister schon seit geraumer Zeit ins Hundetraining geht und ohnehin von seiner Unschuld überzeugt ist. Dabei hat Janni schon einiges auf dem Kerbholz; er hatte zuvor unter anderem schon zwei Passanten und einen Hund gebissen.

Das erste Mal wurde Janni am 8. Juni 2012 polizeilich aufmerksam, als er beim Gassigehen mit Ilse Christoforis' Schwiegertochter einem joggenden, neunjährigen Mädchen, in den Po biss. Dies war offenbar eine Vergeltungstat, denn laut der 72-jährigen Halterin hatten das Mädchen und dessen Bruder ihren Hund zuvor regelmäßig geärgert, indem sie mit ihren Rollerblades absichtlich nahe um ihn herumgefahren seien. "Das hat sich der Hund gemerkt", sagte die Halterin.

Und als Janni die Neunjährige eines Tages nahe dem Ortspark beim Joggen sah, "hat er das Mädchen von hinten gepackt", sagte die Hundehalterin. Aber nicht gebissen, sondern nur gezwickt, wie sie beteuerte. An der Hose des Kindes sei jedenfalls kein Riss entstanden. Beides tue weh, sagte Richter Haider, der es wissen muss. Als Kind sei er selbst mal schmerzhaft von einem Hund gebissen worden. Und auch seine Hose sei unbeschädigt geblieben.

Vier Mal wurde der Hund aktenkundig

Am 20.September 2012 war Ilse Christoforis auf Besuch bei ihrer ebenfalls in Unterhaching lebenden Tochter, als Janni in einem unbemerkten Moment aus deren Garten ausbüxte und eine Passantin biss. Und ein drittes Mal wurde der Rüde aktenkundig, als er am 15. März 2014 mit der Schwiegertochter der Halterin im Wald Gassi ging und angeblich einen anderen Hund gebissen hat.

Aber Janni blieb vorerst auf freiem Fuß, zum Unverständnis des Vorsitzenden Richters: "Unterhaching ist, ich will nicht sagen nachlässig, aber doch sehr liberal, was die Anordnungspraxis für Hunde anbelangt", sagte Haider. In München hätte es schon nach dem ersten Vorfall eine Anordnung gegeben, da reiche schon eine einzige Hundebeißerei aus. "Wir wollte nicht auf Spatzen schießen", begründete Ordungsamtschef Sascha Monger, der zusammen mit Rechtsanwältin Kerstin Funk die Gemeinde vertrat, die gnädige Zurückhaltung.

Nach der bissigen Rudelbildung im Mai 2016 war es aber auch dem Unterhachinger Ordnungsamt zu viel, und wenige Wochen später landete der gemeindliche Anordnungsbescheid im Briefkasten von Ilse Christoforis, die nun um dessen Aufhebung vor Gericht stritt.

Den "Vorschlag zur Güte" von Richter Hans Haider nahmen Monger und Funk im Verhandlungsraum sichtbar zähneknirschend an, die Hundehalterin dagegen und ihre Rechtsanwältin Sibylle Miller-Metzner zeigten sich mit dem erstrittenen Teilerfolg zufrieden. Zwar gilt bis zu einem entlastenden Persönlichkeits-Gutachten des Hundes weiter außerhalb des Unterhachinger Gemeindegebiets der Maulkorbzwang, der nach Schilderung seiner Halterin eine Qual für ihn ist: "Der Janni will nicht auf dem Feld laufen, er versucht immer, den Maulkorb abzustreifen." Aber das die Maulkorbpflicht für den Hund innerorts gestrichen ist, freut sie umso mehr. Und Janni erst.

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