Radschnellwege im Landkreis:"Eine Vollfinanzierung wird es nicht geben"

Radweg Gehweg auf einer ehemaligen Bahntrasse in Essen Altendorf Rheinische Bahn Teil des RS1 R

Radschnellweg RS 1 über eine stillgelegte Bahnstrecke.

(Foto: imago/Jochen Tack)

Der Landkreis will Vorreiter beim Bau von Radschnellwegen sein - ein Anliegen das nahezu alle Parteien im Bundestagswahlkampf teilen. Doch bisher ist vollkommen offen, ob und in welcher Größenordnung sich Bund und Land an neuen Trassen beteiligen werden.

Von Martin Mühlfenzl, Landkreis

Im nordrhein-westfälischen Volksmund besitzt die Bundesautobahn 40 gerade von Duisburg über Essen nach Dortmund einen etwas despektierlichen, aber doch treffenden Namen: "Ruhrschleichweg" wird die Trasse von den staugeplagten Menschen im Ruhrgebiet gerne genannt, obwohl die doch eigentlich als Ruhrschnellweg geplant worden war.

Dem alltäglichen Verkehrschaos im größten Ballungsraum der Republik soll unter anderem mit einem Projekt begegnet werden, das auch die Kommunalpolitiker im Landkreis begeistert - und zunächst im prosperierenden, urbanen und durch den Verkehr stark belasteten Münchner Norden kopiert werden soll: der sogenannte Radschnellweg, RS 1, mitten durch das Herz des Potts von Duisburg, über Essen und Dortmund bis nach Hamm.

Mit einer Länge von 101 Kilometern ist der RS 1 das größte Vorhaben seiner Art in der Republik. Der erste Radschnellweg, der im Landkreis München vor allem die Pendler zum Umstieg vom Auto auf das Fahrrad bewegen soll, fällt etwas kleiner aus: Er führt von München-Neuherberg entlang der Fröttmaninger Heide nach Norden. Dann teilt sich die Trasse: Nach Unterschleißheim sowie über Garching-Hochbrück bis ins Forschungszentrum.

Kosten wird diese erste Radl-Autobahn im Landkreis bis zu 34 Millionen Euro. Nur wer kommt dafür auf?

Radweg Gehweg auf einer ehemaligen Bahntrasse in Essen Altendorf Rheinische Bahn Teil des RS1 R

Gilt als Vorzeige-Radschnellweg: der RS1 im Ruhrgebiet. Allerdings ist bislang nur ein Teil der Trasse fertig.

(Foto: Jochen Tack/imago)

Im Oktober vergangenen Jahres hat Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) angekündigt, mit einem Förderprogramm den Bau von Radschnellewegen zu unterstützen und zu beschleunigen. Hierfür, ließ sein Ressort verlauten, sollen bis zu 25 Millionen Euro bereitgestellt werden. "An den beiden Zahlen, 34 Millionen für unseren ersten Radschnellweg und 25 Millionen für ein Programm des Bundes, erkennt man doch leicht, dass der Dobrindt-Aktionismus nicht mehr ist als ein Tropfen auf den heißen Stein", sagt der grüne Verkehrsexperte und Kreisrat Markus Büchler aus Oberschleißheim, der als einer der maßgeblichen Initiatoren des Projekts im Landkreis München gilt.

Alle finden: Es muss etwas geschehen

Dass der Landkreis und seine 29 Städte und Gemeinden neue Wege gehen müssen, um dem alltäglichen Verkehrschaos Herr zu werden, ist längst Konsens - vor allem im Kreistag. Mit Blick auf die Programme der großen Parteien für die Bundestagswahl am 24. September lässt sich ebenfalls feststellen, dass große Übereinstimmung bei diesem herrscht: Die Union will ein "Programm zur Förderung von Radschnellwegen" starten, "die unabhängig von vorhandenen Bundesstraßen verlaufen". Die Radl-Highways sind bei der SPD Bestandteil der "Verbesserung der Infrastruktur". Die Linke will "in den Städten und Ballungsräumen" Radschnellwege "mit grüner Welle". Vor allem aber ist sich die Linke mit den Grünen in einem Punkt einig: Der Bund stehe in der Verantwortung und müsse mehr finanzielle Mittel bereitstellen. "Gemeinsam mit Ländern und Kommunen bauen wir Radschnellwege und ein bundesweites Netz von hochwertigen Radfernwegen", heißt es bei den Grünen.

Auch Münchens Landrat Christoph Göbel (CSU) sagt, dass sich "Bund und Land" an Radschnellwegen beteiligen müssen - und schiebt hinterher, dass er diese Bereitschaft seitens der größeren Partner auch erkannt hat: "Ich stehe ja auch in Kontakt mit Alexander Dobrindt. Und die Botschaft ist, dass der Bund diese neue Form des Verkehrs auch will." Kritik am geplanten Förderprogramm mit bis zu 25 Millionen Euro will Göbel nicht gelten lassen: "Derzeit ist es noch vollkommen egal, welche Summe im Haushalt drin ist. Denn in diesem Jahr wird kein neuer Radschnellweg gebaut. Bei uns nicht - und anderswo auch nicht."

Vielmehr, sagt der Landrat, sei der Radschnellweg aus der Landeshauptstadt in den nördlichen Landkreis "ein ungeheuer wichtiges Pilotprojekt, das auch nur kommt und funktioniert, wenn die Stadt und wir als Kreis eng zusammenarbeiten und dasselbe wollen". "Wir waren mit unserer Planung bisher sehr viel schneller als die Stadt", sagt Göbel, "aber es ist ein sehr positives Signal, dass der Planungsverband Äußerer Wirtschaftsraum und das Büro Kaulen, die auch uns beraten haben, nun für die Stadt arbeiten." Klar sei auch, ohne "erhebliche Fördergelder von Bund und Land" werde es keinen Radschnellweg geben. "Und wir müssen wissen: Eine Vollfinanzierung wird es nicht geben. Wir als Kreis, die Landeshauptstadt und auch die Kommunen werden sich definitiv beteiligen müssen."

Auf dem richtigen Weg

Markus Büchler sieht die Bemühungen des Landkreises positiv: "Es passiert bei uns wirklich viel. Wir sind auf dem richtigen Weg." Bund und Freistaat müssten nun aber auch ihrer Verantwortung gerecht werden, sagt Büchler: "Es wäre daher wünschenswert, wenn Radschnellwege den Status von Staats- oder Bundesstraßen erhalten würden. Das wäre das richtige Signal." Bis es so weit ist und der Gesetzgeber einen entsprechenden Rahmen vor allem bei der Finanzierung geschaffen hat, sagt der Landrat, könne es dauern.

"Wir bleiben dran, und es kann sein, dass wir mit der Landeshauptstadt auch in Vorleistung gehen müssen, bis die ersten Fördermittel in welcher Höhe auch immer eintrudeln", sagt Göbel. "Wir wollen schnell sein."

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