Verkehrskonzept für Haar:Erstickungsgefahr

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Neuralgischer Punkt: In der Leibstraße herrscht fast immer dichtes Gedränge. (Foto: Sebastian Gabriel)

Die Haarer Leibstraße steht symbolhaft für den drohenden Verkehrsinfarkt im Landkreis München. Der Gemeinderat setzt daher auf ein eigenes Mobilitätskonzept und bringt auch die Autobahnparallele wieder ins Spiel.

Von Bernhard Lohr, Haar

Es wird einfach eng in den Orten rund um München. Das zeigt sich in so vielen Städten und Gemeinden. Ganz konkret ist das in Haar an einer Stelle zu erleben, die viele Autofahrer und genervte Bürger als einen neuralgischen Punkt ausgemacht haben. Die CSU macht es sich seit Monaten zur Übung, immer wieder darauf hinzuweisen, dass doch an der Kreuzung der Leibstraße zur B 304 endlich ein Umbau erfolgen müsse.

Eine zusätzliche Abbiegespur steht auf der Wunschliste, damit sich der Verkehr in der Einkaufsstraße nicht staut. Doch die Frage, die alles blockiert, ist: Wie soll die Spur Platz finden, ohne Fußgänger oder Radler auszubremsen.

Die Erkenntnis ist angesichts des zunehmenden Verkehrs mittlerweile angekommen, dass man es weiter nicht allen wird recht machen können. Grenzen sind erreicht und der Bau neuer Straßen alleine wird das Problem nicht mehr lösen. Der Haarer Gemeinderat hat nun in seltener Einstimmigkeit beschlossen, ein Mobilitätsentwicklungskonzept erstellen zu lassen, das zeigen soll, wie aus einem Mix ganz verschiedener Maßnahmen der Verkehr weiter in Fluss gehalten werden kann.

Auf Grundlage von Verkehrszählungen und Befragungen im vergangenen Jahr, wird der Planungsverband Äußerer Wirtschaftsraum zeigen, an welcher Stelle im Ort etwas für Autofahrer, Radfahrer, Fußgänger oder auch den sogenannten ruhenden Verkehr getan werden sollte. Ein "integriertes Verkehrskonzept" soll entstehen und ein Maßnahmenkonzept formuliert werden. Dabei wird auch ganz konkret untersucht, was an der Leibstraße getan werden könnte. Vorrang für Autos, oder doch für Radfahrer und Fußgänger? Darauf soll es eine Antwort geben.

Verkehr aus dem Jugendstilpark

Die CSU hatte darauf gedrängt und rannte dabei insofern offene Türen ein, als Bürgermeisterin Gabriele Müller (SPD) es als selbstverständlich bezeichnete, dass in Zuge der Konzeptentwicklung gewisse Brennpunkte in der Gemeinde genauer betrachtet werden sollen. So beschloss der Gemeinderat, wie von der CSU gefordert, untersuchen zu lassen, wie der aus dem Wohngebiet Jugendstilpark zusätzlich erwartete Verkehr abgewickelt werden kann. Die Folgen einer Nordtangente, die nach bisherigen Überlegungen eine Straßenverbindung von Trudering über Gronsdorf bis nach Eglfing schaffen könnte, werden ermittelt. Und es sollen Vor- und Nachteile einer Autobahnparallele herausgearbeitet werden.

CSU-Fraktionschef Dietrich Keymer sprach die Befürchtung aus, dass dieses Straßenprojekt am Ende sogar mehr Verkehr nach Haar locken könnte. Die sogenannte Autobahnparallele könnte dereinst die B 471 im Münchner Osten ersetzen und dazu beitragen, Orte wie Ottendichl vom Verkehr zu entlasten. Nach Keymers Einschätzung könnte eine Anbindung der Straße an die B 304, ohne sie in Richtung Süden weiterzuführen, aber auch zu mehr Verkehr im Haarer Zentrum führen. Derzeit lässt der Landkreis die Machbarkeit der Autobahnparallele untersuchen, wobei das Ziel klar ist, die Straße eben parallel zur Autobahn bis Hohenbrunn zu bauen.

Dennoch fanden SPD und Grüne die Anregungen sinnvoll, wenngleich sie andere Akzente gesetzt haben wollen. Alexander Zill (SPD) beklagte, der CSU gehe es nur um den Individualverkehr. Er forderte, "über die Motorhaube hinauszuschauen".

Mike Seckinger (Grüne), der die Autobahnparallele grundsätzlich ablehnt, gab seiner Hoffnung Ausdruck, in dem Mobilitätsentwicklungskonzept "kreative Lösungen" zu finden. "Wir dürfen nicht die letzte Grünfläche zubetonieren." Ganz in diesem Sinn beschloss das Gremium, nicht nur die CSU- Punkte als Arbeitsaufträge an die Planer vom Planungsverband zu formulieren. Es wurde auch ein zwei Jahre alter Grünen-Antrag aufgegriffen. Demzufolge wird untersucht, ob eine Fahrradumfahrung von Gronsdorf geschaffen werden kann.

© SZ vom 09.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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