Unterschleißheim:Zurück aus dem Kongo

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Christian Wendebourg ist neuer Pfarrer der evangelischen Kirchengemeinde in Unterschleißheim

Von Alexandra Vettori, Unterschleißheim

Vom Kongo nach Unterschleißheim - das ist ein ordentlicher Sprung, doch der neue evangelische Pfarrer Christian Wendebourg dürfte nicht wirklich ein Problem damit haben. Der 62-Jährige wird in Unterschleißheim mit dem gleichen Rezept ansetzen, mit dem er im Kongo anfing, als Direktor der kleinen Universität von Lubumbashi: "Schauen, fragen und dann erst reden." Die grundlegende Frage sei stets, "was habt ihr hier aufgebaut und wo können wir gemeinsam weiter bauen?" Er sei ein offener, extrovertierter Mensch, sagt Christian Wendebourg von sich, dem es Freude mache, auf Menschen zuzugehen.

Wenn er dann redet, nimmt er kein Blatt vor den Mund, das wird im Gespräch rasch deutlich. Diese Eigenschaft war auch einer der Gründe, warum Wendebourg und seine Frau Ruth-Andrea den Kongo nach drei Jahren wieder verlassen haben. "Wir haben viele unbequeme Fragen gestellt, zum Beispiel nach dem Verbleib von Geldern. Und deshalb hatte die dortige Kirchenleitung, sagen wir es mal so, Vorbehalte gegen uns", erzählt er. Es war aber auch die Familie, die das Ehepaar zurück nach Deutschland kehren ließ. Die vier Kinder sind zwar schon erwachsen und in ganz Deutschland verteilt, aber Afrika ist doch sehr weit weg für einen engeren Kontakt. Bei allem Ärger mit der dortigen Kirchenleitung sei der Abschied von den Menschen im Kongo, den Studenten und Mitarbeitern, herzzerreißend gewesen, sagt Wendebourg. "Wir waren teils wie Ersatz-Eltern. Und jetzt gehen wir in unsere behütete Wohlstandsgesellschaft zurück."

Dass eine Pfarrstelle in einem Ballungsgebiet wie Unterschleißheim frei gewesen sei, habe sich trefflich gefügt, sagt Wendebourg. Normalerweise seien Pfarrer in seinem Alter nicht mehr so leicht vermittelbar, gibt er freimütig zu. Doch die Stelle in Unterschleißheim sei lange vakant gewesen, sodass die Reaktion von Dekan Seegenschmiedt auf seine Vorsprache vor einem Jahr der Satz war: "Ein Engel schickt Sie!" Christian Wendebourg ist in Göttingen geboren und verbrachte als Kind und Jugendlicher einige Jahre in Bayern. Er studierte Theologie in München, Erlangen, Paris und Tübingen, arbeitete als wissenschaftlicher Assistent an der Universität Göttingen, war Gemeindepfarrer in Lindau und evangelischer Schulseelsorger im katholischen Familienwerk Pullach. Von 1993 an war Wendebourg 19 Jahre Pfarrer der Apostelkirche München-Solln. Auf seine Arbeit an der Seite der ebenfalls neuen Pfarrerin Patricia Hermann, 30, freut er sich: "Sie ist jung und spricht die Jüngeren an und ich bringe die Erfahrung mit."

Von den Schwerpunkten seiner Arbeit hat Wendebourg ein klares Bild: Gottesdienste mit ansprechenden Predigten, Ökumene und die Arbeit mit Flüchtlingen und Migranten. Das liege ihm, sagt der neue Pfarrer, der auch Suaheli spricht, angesichts seiner Jahre in Afrika besonders am Herzen.

© SZ vom 20.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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