Unterschleißheim:Katze im Koffer

Der Münchner Flughafen versteigert mehrere Male im Jahr Dinge, die liegengeblieben sind. Diesmal war das Lohhofer Volksfest Schauplatz der Auktion. Dabei kauft so mancher ein Überraschungspaket, denn nicht alles darf man sich vorher anschauen

Von Alexandra Vettori, Unterschleißheim

Zum ersten Mal gehörte in diesem Jahr auch eine Versteigerung zum Lohhofer Volksfestprogramm. An die 700 Interessierte sind am Samstagmittag ins Festzelt gekommen, um Fundsachen vom Münchner Flughafen zu ergattern. 250 Stück Liegengebliebenes hatten die Mitarbeiter der Flughafen München Gesellschaft (FMG) dabei, Handys, Schmuck, Jacken, Laptops und sogar eine Axt. Sechs bis zehn Volksfeste besuche man pro Jahr, um die Fundsachen unter den Hammer zu bringen, erzählt Josef Rankl, der Leiter des Flughafen-Fundbüros. Wie viel Geld die FMG dabei einnimmt, verrät sie nie, ein Teil aber werde an örtliche soziale Projekte gespendet, sagt er, diesmal zum Beispiel an den Unterschleißheimer Tisch.

Unterschleißheim: Wer braucht neue Fußballschuhe? Auktionator Sepp Mittermeier (links) hat keine Mühe, die Sachen an den Mann oder die Frau zu bringen.

Wer braucht neue Fußballschuhe? Auktionator Sepp Mittermeier (links) hat keine Mühe, die Sachen an den Mann oder die Frau zu bringen.

(Foto: Robert Haas)

Kaum rattert Auktionator Sepp Mittermeier los, sind die Profis zu erkennen, an den vorderen Tischen oder noch lieber in dritter Reihe. Bewegungslose Gesichter, nur ein leichtes Heben der gefalteten Auktionslisten, keine Regung entgeht dem Blick Mittermeiers. Für Ungeübte kaum zu machen, wie ein junges Mädchen enttäuscht feststellt, als es im Stakkato der Gebote geradezu untergeht. "Ich bin zu langsam - oder hab' zu wenig Geld", meint sie lachend. Die Frau mit dem schwarz gefärbten Haar ein paar Tische weiter hat offenbar mehr Erfahrung. Sie ist mit ihrem Mann und Schwager da, ihren Namen will sie nicht nennen, aus dem Passauer Raum kämen sie, das müsse reichen, sagt sie. Wann immer sie Zeit hätten, besuchten sie die Versteigerungen des Flughafens, "da kann man schon war rausziehen", findet sie. Am Vormittag gab es die Gelegenheit, die Sachen zu begutachten, sie selbst interessiere sich für Lederjacken. Als ein Fundpaket aufgerufen wird, zu dem neben Schirm, Tasche und Geldbörse auch eine Lederjacke gehört, gibt sie ihrem Mann ein kaum sichtbares Zeichen. Er nimmt die gefaltete Produktliste etwas fester in die Hand, wenige Sekunden später gehört das Paket dem Paar aus dem Passauer Raum, für 40 Euro. Es sei ein Hobby, erzählt die Frau, "ich komme ohne Erwartung und freue mich, wenn ich was finde". Für mehr Informationen, fügt sie noch hinzu und zeigt auf eine Frau mit kurzen blonden Haaren ein paar Tische weiter, "fragen Sie die Frau da vorne. Die ist auch fast immer da." Vorne auf der Bühne rattert Sepp Mittermeier weiter, jedes Gebot beginnt bei fünf Euro, dann geht es schlagartig in die Höhe. Eine Schneekugel, kurioserweise aus Libyen, ein Aquarell, ein Inhalator, und wieder Handys, I-Pods, kein Stück, für das nicht geboten würde.

Unterschleißheim: Ein Teil des Erlöses geht an soziale Projekte.

Ein Teil des Erlöses geht an soziale Projekte.

(Foto: Robert Haas)

Josef Rankl ist zufrieden, es läuft gut. Was hier verkauft werde, betont er, sei nichts, was in den Flugzeugen liegen bleibe, das versuchten die Airlines wieder an die Passagiere zurückzugeben. "Was wir hier dabei haben, sind alles Sachen, die im Flughafen gefunden wurden, im Parkhaus, bei der Autoverleihung oder an den Sicherheitskontrollen. Da bleibt erstaunlich viel liegen, weil die Leute so hektisch sind", erzählt Rankl. Alleine 50 bis 60 Koffer sind jedes Jahr dabei. Sie kommen, eine Spezialität der Flughafenversteigerung, als Überraschungspaket unter den Hammer, eine Katze im Sack sozusagen. Allerdings überprüfe man den Inhalt natürlich vorher und entferne alles, was den Datenschutz verletzen würde oder sonst wie ungesetzlich sei. Schmutzige oder nasse Gegenstände würden durch saubere aus dem Fundus ersetzt.

Die Axt, die an diesem Samstag einen neuen Besitzer findet, sei nur auf den ersten Blick ein seltsamer Fund, erzählt Rankl weiter. "Das sind Sachen, mit denen die Leute dann in letzter Sekunde doch nicht durch die Sicherheitskontrolle gehen", weiß er aus Erfahrung. Sehr oft finden sich zum Beispiel auch Motorsägen, "meistens noch original verpackt". Die netteste Geschichte, die Rankl im Flughafen-Fundbüro erlebt hat, ist die des liegengebliebenen Brautkleids. Die Besitzerin, eine Amerikanerin, die in Nürnberg heiraten wollte, hatte sich nach der Ankunft in Nürnberg bei ihm völlig aufgelöst in München gemeldet, erzählt er, "wir sind ihr dann entgegen gefahren und haben uns auf halber Strecke getroffen, sie hat jedenfalls gerade noch rechtzeitig und in Weiß heiraten können."

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