Unterschleißheim:Historiker sollen Zwangsarbeit beleuchten

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Während der Kreis in Kontakt mit dem Institut für Zeitgeschichte steht, nimmt die CSU Lorena Allwein ins Gebet

Das Institut für Zeitgeschichte wird möglicherweise die Zeit des Nationalsozialismus im Landkreis München wissenschaftlich aufarbeiten. Wie Landrat Christoph Göbel (CSU) am Montag im Kreistag auf eine Anfrage der SPD mitteilte, laufen bereits Gespräche mit dem Hochschulinstitut. "Wir kommen dann mit einem qualifizierten Vorschlag auf Sie zu", sicherte Göbel den Mitgliedern des Kreistags zu.

Kreisrätin Annette Ganssmüller-Maluche (SPD) hatte vorgeschlagen, eine Doktorarbeit zu dem Thema anfertigen zu lassen. Als Begründung führte sie an, dass die Aufarbeitung etwa von Zwangsarbeit in Zeiten des Nationalsozialismus im Landkreis noch nicht sehr weit sei. Aktueller Anlass, bei diesem Thema voranzukommen, ist laut Ganssmüller-Maluche die Diskussion im Stadtrat Unterschleißheim über eine Gedenkstätte. Die CSU-Stadt- und Kreisrätin Lorena Allwein hatte vorvergangene Woche das Konzept mit Erinnerungsstelen an mehreren Standorten als "too much" bezeichnet. "Das zeigt, dass wir etwas machen müssen", sagte Ganssmüller-Maluche im Kreistag.

Stefan Schelle, der CSU-Fraktionsvorsitzende im Kreistag, betonte, seine Fraktion unterstütze "uneingeschränkt" die Bemühungen des Landkreises, diese Zeit aufzuarbeiten und sich den unseligen Leugnern entgegenzustellen. "Wir müssen viel mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, um das Bewusstsein zu erhalten", sagte er. Wenn es um die Art und Weise der Aufarbeitung gehe, sollten die Gespräche ohne Meinungsmache und Vorverurteilung verlaufen. "Wir müssen intensiv darüber diskutieren und das auch aushalten", so Schelle, "und dann in guter Tradition darüber abstimmen." Der Landkreis müsse ein würdiges und sinnvolles Miteinander finden, um dieses schwierige Thema aufzuarbeiten.

In der Diskussion um die Unterschleißheimer CSU-Stadträtin meldeten sich nach SPD und Jusos am Dienstag auch die Grünen zu Wort. So erklärte deren Mitglied Bernhard Schüssler: "Wir als junge Generation von Bündnis 90/Die Grünen sind von den Aussagen der CSU-Stadträtin Lorena Allwein entsetzt." Zu sagen, dass die junge Generation genug von der Erinnerungskultur habe, sei sowohl "fahrlässig als auch gefährlich", so der 17-jährige Grüne. Das zeigten die neuen rechten Gruppierungen eindrucksvoll.

"Das öffentliche Auftreten von Holocaustleugnern lässt darauf schließen, dass es genau jetzt wichtiger denn je ist, die Erinnerung an die Grausamkeiten des NS-Regimes wachzuhalten, auch in Unterschleißheim", so Schüssler. "Mit jedem Jahr leeren sich die Reihen der KZ-Überlebenden in den Gedenkveranstaltungen. Je weiter weg dieses Elend zeitlich rückt, desto wichtiger ist es, den persönlichen Bezug zu wahren, um nicht in Gleichgültigkeit zu verfallen." Es gehe keineswegs darum, die "Opfer zu hypen", wie es Allwein ausdrückte, sondern die Einzelschicksale zu betrachten. "Das Mahnmal soll ihrer gedenken und an die Leiden der Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter erinnern."

Die Unterschleißheimer CSU-Stadtratsfraktion hatte ihr umstrittenes Mitglied am Montagabend zur Aussprache geladen. Über den Verlauf und das Ergebnis der Aussprache, die hinter verschlossenen Türen stattfand, drang bis Dienstagabend nichts nach außen. Weder der CSU-Fraktionsvorsitzende Friedrich Kiener noch der CSU-Ortsvorsitzende Stefan Krimmer reagierten auf Anfragen der SZ. Auch Lorena Allwein war nicht zu erreichen.

© SZ vom 27.09.2017 / hilb, lb - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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