Unterschleißheim:Helferkreis fürchtet um Integrationserfolge

An diesem Dienstag müssen 200 Flüchtlinge Unterschleißheim in Richtung Unterhaching verlassen. Nur 50 dürfen bleiben

Von Klaus Bachhuber, Ober-/Unterschleißheim

An diesem Dienstag fahren die Busse vor: Zum Start ins neue Jahr wird die Sammelunterkunft für Asylbewerber auf dem künftigen Business-Campus in Unterschleißheim aufgelöst. Dem Vernehmen nach müssen die derzeit 250 Flüchtlinge das provisorische Container-Heim verlassen, um in die Traglufthalle nach Unterhaching gebracht zu werden. Etwa 50 der Flüchtlinge können in Unterschleißheim bleiben und ziehen in ein Quartier an der Siemensstraße - vorrangig jene mit großem Integrationswillen und solche, die bereits eine Arbeitsstelle in unmittelbarer Umgebung haben, wie das Landratsamt mitteilt.

Für den Großteil der Flüchtlinge, die fortan in Unterhaching eine vorübergehende Bleibe finden werden, bedeutet der Umzug, dass sie ihre in der Vergangenheit geknüpften Kontakte in Unterschleißheim nur schwerlich halten werden können. Jene, die bereits Arbeitsplätze in der Stadt im nördlichen Landkreis München gefunden haben, aber keinen Platz in Unterschleißheim bekommen haben, müssen nun einen weiten Anreiseweg in Kauf nehmen. Ebenso wie Asylbewerber, die an in dieser Woche anstehenden Sprachprüfungen teilnehmen. Ähnlich wie viele Bürger müssen sie laut Kreisbehörde pendeln. "Über den Landkreispass haben die Asylbewerber - wie andere Hilfebedürftige auch - die Möglichkeit, ein vergünstigtes Monatsticket zu beziehen", so das Landratsamt. Der Unterschleißheimer Helferkreis, der sich um die Männer der Unterkunft gekümmert hatte, kommentierte knapp, man sei "sehr traurig, dass unsere ganze Integrationsarbeit nun zunichte gemacht ist".

Die Unterbringung auf dem ehemaligen EADS- und Airbus-Gelände an der Landshuter Straße in Unterschleißheim war stets befristet angelegt, da das Areal derzeit zum neuen Business-Campus umgebaut wird, seit wenigen Wochen mit der Perspektive einer Ansiedlung des neuen BMW-Entwicklungszentrums für autonomes Fahren. Die Umzugsbescheide sind offenbar sehr kurzfristig eingegangen. Dauerhafte Alternativen am Ort und teilweise auch in der Umgebung konnten wegen des staatlichen Planungsstopps für neue Unterkünfte nicht realisiert werden.

Wie wichtig die Arbeit von Helferkreisen ist, lässt sich am Beispiel der Nachbarkommune Oberschleißheim ablesen: Am dortigen Heuweg steht die provisorische Containersiedlung zur Aufnahme von Asylbewerbern seit mehr als einem Jahr länger als geplant. Doch für viele der annähernd 120 Bewohner ist die Unterkunft im doppelten Sinn eine Übergangslösung: Ihnen wurde mittlerweile vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge amtlich Asylschutz zuerkannt und damit müssen sie sich eigene Wohnungen suchen, was wiederum einen Arbeitsplatz bedingt. "Die Arbeits- und Wohnraumsuche für Flüchtlinge ist zum zentralen Arbeitsschwerpunkt des Helferkreises Asyl geworden", bilanziert Stefan Bottler, der Sprecher des Oberschleißheimer Helferkreises.

Erste Erfolge könnten bereits gemeldet werden. Mehrere Flüchtlinge hätten Arbeits- und Ausbildungsplätze gefunden, schildert der Helferkreis, vor allem in der Logistik und in der Gastronomie. Zwei Familien sind aus den Containern in neuen Wohnraum umgezogen. Für ihre Arbeitsstellen nehmen die Flüchtlinge dabei auch weite Anfahrten auf sich. So fährt derzeit ein Oberschleißheimer Flüchtling regelmäßig zu seinem 90 Kilometer entfernten Arbeitsplatz nördlich von Landsberg. Der Helferkreis hat die Bewohner der Heuweg-Container dabei schon lange zielgerichtet auf diese Situation vorbereitet. Mit Sprachkursen wurden die Flüchtlinge, vorwiegend aus Eritrea, Gambia, Sierra Leone, Somalia und Pakistan, für den Arbeitsmarkt fit gemacht. "Weil sie kaum noch auf Englisch zurückgreifen müssen, werden sie gern zu Vorstellungsgesprächen für Arbeitsplätze eingeladen, für die es keine oder nicht ausreichend deutsche Bewerber gibt", berichtet Bottler.

Dazu haben sich Berufsberater, Lehrer oder Verwaltungsbeamte im Helferkreis engagiert und den Flüchtlingen ihr Wissen zur Berufsvorbereitung vermittelt. Das Verhalten im Straßenverkehr wurde ebenso vermittelt wie in Kooperation mit der Landeszentrale für politische Bildungsarbeit die Demokratie- und Verfassungskunde. Informationsveranstaltungen über die Stellung der Frau in unserer Gesellschaft oder über Versicherungen sind geplant. Mehr als 35 Helfer engagieren sich in fünf Teams im Asylkreis.

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