Unterschleißheim:Arbeiten und leben in der Gärtnerei

Unterschleißheim: Richtfest in Hollern. Am ehemaligen Geflügelhof errichtet das Heilpädagogische Centrum Augustinum ein Wohnheim für 39 behinderte Menschen.

Richtfest in Hollern. Am ehemaligen Geflügelhof errichtet das Heilpädagogische Centrum Augustinum ein Wohnheim für 39 behinderte Menschen.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

In knapp einem Jahr soll ein Haus des Heilpädagogischen Centrums Augustinum für 39 Menschen mit geistiger oder Mehrfachbehinderung in Hollern fertig sein.

Von Klaus Bachhuber, Unterschleißheim

Die künftigen Bewohner freuten sich schon sehr "auf moderne Zimmer und ein Bad dazu", wie Gerti Seibold erzählt, und darauf, "im Garten zu sitzen und die Sonne zu genießen". In knapp einem Jahr wird sie mit 38 anderen Menschen mit geistiger oder Mehrfachbehinderung in ein neues Wohnheim des Heilpädagogischen Centrums Augustinum (HPCA) an den Hollerner Geflügelhof ziehen. Und auf die Möglichkeit, gemeinsam Feste zu feiern, freue sie sich schon ganz besonders, "und heute fangen wir damit schon an, auch wenn es noch lange dauert". Mit rund 100 Gästen hat das HPCA nun Richtfest für das Projekt gefeiert.

Mit dem Wohnheim mit 39 Plätzen reagiert das Heilpädagogische Centrum auf die Herausforderungen der Zeit: Wohnen und Arbeiten werden immer mehr verzahnt. Denn rund um die neue Wohnanlage bewirtschaftet das HPCA schon lange den ehemaligen Geflügelhof im mittlerweile gleichnamigen Echinger Gemeindeteil als Gärtnerei. Jetzt werden einige der Beschäftigten in der Gärtnerei gleich ganz nah wohnen können. In einem einstöckigen Haus werden durchwegs Einzelappartements entstehen, die zu Sechser-Wohngruppen zusammengefasst sind. Über sechs Millionen Euro investiert das HPCA in die Anlage.

Die Stätten bieten berufliche Integrations- und Rehabilitätionsmöglichkeiten

Das Projekt schlage damit einen großen Bogen "vom Bauernhof zum Bauernhof", sagt Matthias Heidler, Geschäftsführer des Heilpädagogischen Centrums. Der Geflügelhof, den die Gärtnerei vor Jahrzehnten gepachtet hatte, war einst ein Familienbauernhof, wo die Leute lebten und arbeiteten - und so soll es jetzt wieder werden. Auch für die neuen Bewohner, die nicht in der Gärtnerei beschäftigt seien, böte das Wohnheim am Geflügelhof aber "eine super, super Wohnlage", schwärmt er, es bediene für die überwiegend aus München herausziehenden Mieter "die Lust auf soziale Gemeinschaft und Landleben".

Den Grundstock werden 28 Bewohner der bisherigen Wohngruppe an der Sondermeierstraße in München bilden, die wegen Modernisierungsrückstands geschlossen wird. Das neue Haus am Geflügelhof werde da "ein weiterer Entwicklungsschritt", sagt Jutta Simon, die Leiterin der Wohngruppen im HPCA. Das komfortable Haus biete "ein zukunftsweisendes Konzept auf höchstem Wohnniveau". In den einzelnen Wohngruppen würden Räume geschaffen, "in denen Beziehungen entstehen und wachsen können, intern und extern", sagt sie an die Adresse der Nachbarn in der angrenzenden Siedlung. In den Wohnstätten des HPCA erhielten Bewohner "so viel Unterstützung wie nötig, um ihr Leben in größtmöglicher Eigenverantwortung zu gestalten", beschreibt die Einrichtung ihr Angebot, Alltagstätigkeiten werden mit Anleitung soweit möglich gemeinsam erledigt.

Neben vier Wohngruppen in München unterhält das HPCA bereits vier Wohnanlagen für Menschen mit geistiger Behinderung in Unterschleißheim und zwei in Oberschleißheim. Der Geflügelhof gehört formal zu Eching, grenzt jedoch unmittelbar an Unterschleißheim an und ist in seiner kompletten Infrastruktur an die Stadt orientiert. 64 Unterschleißheimer leben derzeit in Wohngruppen des HPCA. Entsprechend loben auch der Unterschleißheimer Bürgermeister Christoph Böck (SPD) ebenso wie sein Echinger Kollege Sebastian Thaler (SPD) das Projekt.

Unterschleißheim: Unterschleißheim: Grundsteinlegung für eine moderne Wohnstätte für Menschen mit geistiger oder mehrfacher Behinderung auf dem Gelände Bio-Gärtnerei des Heilpädagogischen Centrum Augustinum, Am Geflügelhof 16. v.l. Architekt Herr Koch, Pfarrer Christian Wendebourg, Matthias Heidler /Geschäftsleitung, Sebastian Thaler (brille) bgm, Christoph Böck, Bgm Foto:Alessandra Schellnegger

Unterschleißheim: Grundsteinlegung für eine moderne Wohnstätte für Menschen mit geistiger oder mehrfacher Behinderung auf dem Gelände Bio-Gärtnerei des Heilpädagogischen Centrum Augustinum, Am Geflügelhof 16. v.l. Architekt Herr Koch, Pfarrer Christian Wendebourg, Matthias Heidler /Geschäftsleitung, Sebastian Thaler (brille) bgm, Christoph Böck, Bgm Foto:Alessandra Schellnegger

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Die HPCA-Gärtnerei im ehemaligen Geflügelhof bietet Erwachsenen mit geistiger Behinderung berufliche Integrations- und Rehabilitationsmöglichkeiten. Für Kunden von Privathaushalten über Gewerbebetriebe bis hin zu Großunternehmen werden Innenraumbegrünung geleistet, Pflanzenpflege im Büro, besonders Hydroservice, oder Garten- und Landschaftspflege. In der Gärtnerei wird biologisches Gemüse angebaut und vertrieben. Die Bewohner der HPCA-Wohngruppen arbeiten meist auch in Werkstätten oder im Förderzentrum des Hauses. Die Kartusche mit Erinnerungsstücken des Tages etwa, die beim Richtfest in den Grundstein eingemauert worden ist, wurde komplett in den Werkstätten des Heilpädagogischen Centrums Augustinum hergestellt, teilweise von den künftigen Mietern. Auf einem Zettel für den Grundstein haben sie auch Wünsche für ihr Leben im Haus zusammengeschrieben, so zum Beispiel: "Eine glänzende Zukunft!"

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