Unterhaching:Zwischen Lustwandeln und Lustspielen

Die neue Unterhachinger Spielzeit wartet mit zahlreichen Komödien und Kabarett-Veranstaltungen auf. Sie bietet viel Bewährtes und will Kultur vor allem zugänglich und erlebbar machen

Von Udo Watter, Unterhaching

Der arme Aristoteles. Aus Mangel an digitaler Vernetzung und Facebook-Profil muss dem alten Griechen ganz schön langweilig gewesen sein. Statt zu posten und chatten blieb ihm da nur das Lustwandeln übrig, und dann begann er zu philosophieren. So jedenfalls stellt sich Arnulf Rating das vor. Der Berliner Kabarettist erklärt das seinem Publikum ganz unaufgeregt, aber das weiß natürlich, wie er es meint. Und wer doch glaubt, durch die heutige weltweite Vernetzung sei er ein freierer, unabhängiger Mensch, dem sagt er es deutlich mit einem Goethe-Zitat: "Niemand ist hoffnungsloser versklavt, als der, der fälschlicherweise glaubt, frei zu sein."

In seinem Programm "Tornado", das er in der Spielzeit 2018/19 in Unterhaching zeigen wird, reist der Politkabarettist mit der so schnellen, scharfen Zunge in die Welt der Manipulation durch Algorithmen, Sprache, digital, analog. Wie stark sind wir ihr ausgesetzt? Wie sehr durchschauen wir sie? PR-Strategie, psychologische Vermessung, Fake News, die Kunst, kollektive Bedürfnisse zu suggerieren und zu lenken - das ist ja alles schon viel älter als das Internet, jetzt freilich geschieht das auf einem weltgeschichtlich noch nie da gewesenem Niveau. Mit dem Programmtitel "Tornado" scheint Rating, der früher auch Mitglied der Westberliner Kabarettgruppe "Die 3 Tornados" war, die Intention zu verbinden, die Hirne seines Publikums wieder mal ordentlich durchlüften zu wollen.

kofelgschroa

Gastiert zum ersten Mal in Unterhaching: Die Band "Kofelgschroa" aus Oberammergau genießt dank ihres charakteristischen Sounds und ihrer oft dadaistisch-lakonischen Texte in der Neuen Volksmusik Kultstatus.

(Foto: Jonas Kraus)

Das würde man auch dem ein oder anderen Protagonisten wünschen, der sich derzeit zur Asylpolitik äußert. Im Kubiz wird im Oktober "Willkommen bei den Hartmanns" gezeigt, die Theaterversion des Erfolgsfilms von 2016, der diese Thematik charmant, witzig und durchaus unkorrekt behandelt. "Darauf freue ich mich sehr" sagt Unterhachings Kulturamtsleiterin Ursula Maier-Eichhorn. "Das wird spannend, wie die Geschichte auf der Bühne umgesetzt wird." Die Komödie mit Antje Lewald und Steffen Gräbner dürfte einer der Höhepunkte der neuen Saison sein - der Abo-Verkauf hat diese Woche begonnen.

Der Bereich "Theater und Schauspiel" ist generell von heiteren Stücken geprägt. Prominent besetzt sind etwa die Produktionen "Sommerabend" mit Jutta Speidel im Oktober und "Noch mal verliebt" mit Christian Wolff und Gila von Weitershausen im Januar. Das Unterhachinger Kulturteam um Maier-Eichhorn pflegt generell den Ansatz, möglichst zugängliche Veranstaltungen zu bieten, die Ansprüchen genügen sollen, aber auch Spaß machen dürfen. "Kultur soll alle angehen", erklärt Maier-Eichhorn. Sie soll Teilhabe ermöglichen, Erkenntnis und gemeinsames Erlebnis sein.

'13. POLITISCHER ASCHERMITTWOCH', Kabarett in der Arena Treptow, Berlin, 01.03.17; arnulf rating

Gilt als Mann mit so schneller wie scharfer Zunge: Arnulf Rating präsentiert im Oktober sein Programm "Tornado". Die Frisur passt zum Titel.

(Foto: Ben Kriemann)

Sperriges oder Experimentelles findet sich folglich weniger im neuen Programm, dafür viele alte Bekannte und bewährte Ensembles: so das Ballett Classique München, das Tschaikowskys "Der Nussknacker" zeigt, oder das Tanzforum München, das sein Ballett-Märchen "Dornröschen" präsentiert oder das Bruckner Akademie Orchester, das Werke von Mendelssohn-Bartholdy spielt. Auch Schauspieler Sepp Schauer, der als grantelnder Sepp Sturm bereits zum achten Mal zur Weihnachtszeit auftritt (und in Unterhaching wohnt), Axel Hacke, Michael Fitz oder Boogie Woogie-Virtuose Axel Zwingenberger kennen die Bühne des Kubiz gut. Bruno Jonas dürfte ebenfalls wissen, dass die zweitgrößte Gemeinde des Landkreises mehr zu bieten hat als einen bekannten Fußball-Drittligisten oder die Firmenzentralen von Senf- oder Kaugummiherstellern. Sein Programm "Nur mal angenommen..." zeigt er im Oktober. "Schön, dass er mal wieder zu uns kommt", freut sich Maier-Eichhorn.

Zum ersten Mal in Unterhaching tritt dagegen "Kofelgschroa" auf: Das Quartett aus Oberammergau, das einen ganz eigenen, melancholisch-elegischen und sog-artigen Sound in die Neue Volksmusik gebracht hat, stellt sein Programm "Baaz" vor. Neue Tubistin der Band, die schon Kultstatus genießt, ist Theresa Loibl, die im März 2018 Martin von Mücke abgelöst hat. "Ich bin gespannt, wie sie ankommen", sagt Maier-Eichhorn.

Generell ist die Resonanz in Unterhaching seit Jahren gut, das Kubiz hat sein Stammpublikum, obgleich - wie andernorts im Landkreis auch - die klassischen Abos nicht mehr so gefragt sind. Die Tendenz geht dazu, sich ein Wahlabo zusammenzustellen oder kurzfristiger zu planen und gleich Einzeltickets zu kaufen. Nicht im Abo-Angebot ist die neue Theaterproduktion "Grauzone" von Regisseur Bernd Seidel, er ist dem Unterhachinger Publikum ebenfalls bekannt und inszeniert diesmal ein Drama über zwei Menschen, die nach einem Unfall in einer Zwischenwelt auf ihren Abgang ins Jenseits warten. Und sonst? Einen Opernabend der etwas anderen Art verspricht das Zauberflöten-Quartett Salzburg mit "Love me Amadeus!" und an Silvester will das Ensemble der Musikhochschule Nürnberg mit Paul Linckes launiger Operette "Frau Luna" die richtige Neujahrsstimmung erzeugen. Zusätzlich gibt es Kindertheater, Ausstellungen, weitere Konzerte, Kammermusik im Rathaus oder Vorträge. Echte Live-Unterhaltung, also. Sichtbar mit eigenen Augen ohne Display und Intervention schlauer Algorithmen. Und vielleicht so inspirierend, dass man danach durch die Straßen Unterhachings lustwandelt und auf gleichsam aristotelische Gedanken kommt.

Neben Theater-, Kabarett- und Kinderabo kann man sich im Wahlabo mit mindestens sechs Vorstellungen seine Highlights zusammenstellen. Abos werden seit Anfang der Woche im Kubiz verkauft. Einzelkarten sind dort von Montag, 16. Juli, an erhältlich, von Dienstag an in der Bücherei und über www.reservix.de oder www.muenchenticket.de.

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