Unterhaching:Ophelia zieht um

Großzügige Räume zum Proben, bezahlbarer Wohnraum, moderne Technik und viel Muse: Die private Schauspielschule München Film Akademie findet in der Unterhachinger Werkstattbühne eine neue Heimat.

Von Ruth Eisenreich, Unterhaching

Ophelia trägt ein knallpinkes Kleid und Kopfhörer, ein junger Mann in Jeans und Lederjacke schimpft über ein "gottverdammtes Arschloch-Fut-Produkt" , ein Bursche in Boxershorts und Gazprom-Trikot erzählt vom "Kacken" und will seinen "Schwanz in ein Marmeladeglas stecken": So sieht es aus, wenn die Theaterschüler der München Film Akademie (MFA) die Monologe proben, die sie im Unterricht einstudiert haben. Ort des Geschehens ist die Werkstattbühne im neuen Gebäude der privaten Schauspielschule am Oberweg 6 in Unterhaching.

Die schwarz verhängte Bühne ist bereits fertiggestellt, schon im Winter haben Schüler der MFA hier das Stück "Bandscheibenvorfall" von Ingrid Lausund aufgeführt. Der Rest des Gebäudes hingegen wird derzeit umgebaut. In den nächsten Wochen wird die Schauspielschule von ihrem bisherigen Standort in Giesing hierher übersiedeln, von Mai an sollen ihre Kurse in Unterhaching stattfinden. Die Schule bietet Schauspiel-, Regie- und Drehbuchausbildungen an, außerdem für ein paar hundert Euro Abend- und Wochenendkurse für all jene, die ins Schreiben, Filmen, Schneiden oder Spielen einfach nur einmal hineinschnuppern wollen.

"Wir brauchen mehr Platz, im Münchner Zentrum wäre das unbezahlbar", sagt Lou Binder, der Leiter der Schauspielschule, über die Gründe für den Umzug. Die neuen Räume seien mehr als doppelt so groß wie die alten. Ophelia stimmt ihm zu. "Früher war es oft schwierig, wenn mehrere Klassen gleichzeitig vor Dreharbeiten standen", sagt sie: "Jetzt haben wir eigene Proberäume, und das Gebäude ist viel moderner." Die junge Frau, die sich inzwischen einen weiten Pulli über das grelle Kleid gezogen hat und es sich nun auf einem Sofa im Nebenraum gemütlich macht, heißt in Wirklichkeit Verena Wechselberger, kommt aus Tirol und ist eine von sieben Schülerinnen, die nach ihrer Filmausbildung an der MFA noch ihr "Bühnenjahr" machen.

Dass der neue Standort abgelegener liegt als der alte, ist für Wechselberger kein Problem: "Es sind ja nur drei S-Bahn-Stationen mehr." Die Fahrtzeit ist nichts gegen das, was die 26-Jährige für den Traum von der Schauspielerei sonst schon auf sich nimmt: 4000 Euro bezahlt sie allein für das Bühnenjahr, die dreijährige Filmausbildung hat 17 000 Euro gekostet. Wechselberger finanziert sich den Unterricht mit mehreren Nebenjobs, unter anderem babysittet sie und arbeitet an der Filmakademie. "Fast alle hier machen mehrere Jobs", sagt sie.

In finanzieller Hinsicht komme der Umzug den Schülern zugute, sagt Schulleiter Lou Binder: Für sie gebe es in Unterhaching günstigeren Wohnraum als in München. An der MFA hofft man, dass einige der Studenten gleich nebenan einziehen können - in einen anderen Flügel des Gebäudes, der bald ebenfalls umgebaut werden soll. Ob das so klappt, ist allerdings fraglich. Beantragt wurde hier nämlich kein Studentenwohnheim, sondern ein Hostel. Und dessen Genehmigung hat der Unterhachinger Gemeinderat im Dezember abgelehnt - aus Sorge, dass der Gemeinde hier unter dem Deckmantel eines Hostels ein Wohnheim in einem Gewerbebau untergeschoben werden soll. Der Antrag liegt nun beim Landratsamt. Man warte jetzt einmal auf die Genehmigung, sagt Dietmar Gierl, der Geschäftsführer der Firma Aufbau West, die das Projekt entwickelt; wenn diese da sei, werde man klären, für wie lange die Zimmer vermietet werden dürfen.

Während die Schauspielschüler sich unter der Bühne auf ihre nächsten Monologe vorbereiten, führt Tina Seyffert, die Assistentin des Schulleiters, durch das restliche Gebäude. Im zukünftigen Büro des Direktors stehen Bananenkartons, Werkzeug und ein Scheinwerfer herum, im Lehrerzimmer hängen Kabel von der Decke, im Obergeschoss, wo bald geprobt, geschrieben und geschnitten werden soll, baut ein junger Mann ein Regal auf, es riecht nach neuen Möbeln. Durch den Hinterhof geht es ins Untergeschoss, in den Backstageraum, der durch eine Wendeltreppe mit der Bühne verbunden ist. Rucksäcke und Kleidung liegen auf dem Boden, Wasserflaschen und Kaffeetassen stehen herum, ein Schüler läuft in einem Clownskostüm vorbei. Oben auf der Bühne haben inzwischen die Monologproben wieder begonnen, Musik und Geschrei sind zu hören. "Ja, ja", ruft auf der Bühne eine der Schauspielerinnen: "Ich bin Schauspielerin!"

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: