Unterhaching:Erste Hilfe bei Schnupfen und Kopfweh

Unterhaching, Lise-Meitner-Gymnasium, Jutta Scoccianti betreut kranke Kinder, Foto: Angelika Bardehle

Hilft und tröstet bei vielerlei Wehwehchen: Jutta Scoccianti auf der Krankenstation des Lise-Meitner-Gymnasiums in Unterhaching.

(Foto: Angelika Bardehle)

Jutta Scoccianti kümmert sich am Lise-Meitner-Gymnasium um kranke Schüler. In dieser Jahreszeit ist sie besonders gefragt

Vor dem Gong zur ersten Pause schnappt sich Jutta Scoccianti den Ordner mit den Klassenlisten und Telefonnummern. Eine Kiste mit Kühlpads muss auch noch unter den Arm. Denn wenn Pause für die 1100 Schüler des Lise-Meitner-Gymnasiums in Unterhaching ist, beginnt ihr Einsatz im Sanitätszimmer: Ob Sportunfall, Kopfschmerzen, Übelkeit oder, wie vor allem zu dieser Jahreszeit, Erkältungen mit Fieber, Husten und Schnupfen - die 53-Jährige ist die erste Anlaufstelle für die Kinder und Jugendlichen. "Ich bin zwar keine ausgebildete Krankenschwester, habe aber selbst zwei Kinder zu Hause", sagt Scoccianti. Sie kennt sich deshalb mit vielerlei Wehwehchen aus.

Es sind gerade einmal fünf Minuten seit Beginn der Pause vergangen, als es an der Tür klopft - der erste Krankheitsfall an diesem Vormittag: Ein Schüler aus der 10. Klasse hat Kopfschmerzen. Er sei nur wegen eines Englisch-Referats in die Schule gekommen, sagt er, und will sich jetzt befreien lassen. Jutta Scoccianti geht zunächst ihre Checkliste durch: Fragt nach den Beschwerden, wann sie eingesetzt haben, wie hoch sie von einer Skala von null bis zehn sind und welche Fächer der Patient in den nächsten Stunden hat. Bevor sie den Schüler entlässt, muss der Mitschüler, der mit ihm gegangen ist, allerdings noch Unterschriften vom Lehrer und einem Mitglied des Direktorats holen.

Seit mittlerweile drei Jahren ist Scoccianti als Krankenbetreuerin am Lise-Meitner-Gymnasium im Einsatz. Durch einen Besuch an der Partnerschule in Istanbul war Schulleiterin Brigitte Grams-Loibl auf die Idee gekommen, eine Art Erste-Hilfe-Station einzurichten, in der sich eine feste Kraft um kranke und leicht verletzte Kinder kümmert, bis diese von ihren Eltern abgeholt werden. Das Istanbuler Gymnasium hat eine große Krankenstation, auf der die Kinder versorgt werden. Das hinterließ Eindruck. Die Schüler sollten nicht im Sekretariat in hektischer Atmosphäre und auf eher weniger kuscheligen Möbelstücken versorgt und verarztet werden. Vielmehr sollten sie von einer festen Bezugsperson betreut werden, die sie kennen.

Um ihre Idee zu verwirklichen, sprach Grams-Loibl bei der Gemeindeverwaltung vor - mit Erfolg: Die Gemeinde Unterhaching erreichte, dass der Zweckverband als Träger des Gymnasiums die Stelle finanziert. 29 Stunden im Monat ist Jutta Scoccianti seither die "gute Fee". Daneben arbeitet sie im Sekretariat der Schule.

Die Krankenstation besteht aus einem Raum mit Krankenliege und schwarzer Couch mit roten Kissen. An der Wand hängen Hygienehandschuhe und Desinfektionsmittel, auf dem Tisch liegen Auffangbeutel neben einem Behälter mit Hustenbonbons und Traubenzucker. Scoccianti teilt sich das Zimmer mit den ehrenamtlichen Schülersanitätern, also Schülern des Gymnasiums, die sich speziell in erster Hilfe haben ausbilden lassen. Bei Notfällen werden sie direkt von ihr kontaktiert. So etwa in der vergangenen Woche, als eine Schülerin hyperventilierte. Die meisten Schüler kämen allerdings mit eher harmloseren Beschwerden zu ihr, sagt Scoccianti.

Was ihr vor allem an ihrem Zweitjob gefällt: die Nähe zu den Kindern. Ein bisschen komme wohl auch das Helfersyndrom in ihr durch, gibt sie zu. In ihrem früheren Beruf im Personalwesen eines größeren Unternehmens fehlte ihr das.

Erkennt sie auch, wenn jemand simuliert, weil er sich vor einer Ex drücken will? Mittlerweile wisse sie, welche Tricks sie anwenden müsse, um herauszufinden, ob der Schüler ernsthaft Schmerzen hat oder ihr nur was vorspielt. Von der 9. Klasse an dürfen sich Schüler zwar selbst freistellen lassen. Bei drei Befreiungen im Halbjahr wird der Schüler allerdings aufgefordert, zum Arzt zu gehen und ein Attest vorzulegen. Und wenn sie das Gefühl hat, dass die Beschwerden keine organische Ursache haben, setzt sie sich mit der Schulpsychologin oder den Mitarbeiterinnen des Schulsozialdienstes in Verbindung.

Heute ist ein vergleichsweise ruhiger Tag: nur eine leichte Verbrennung durch den Bunsenbrenner im Chemieunterricht und ein Sportunfall, bei dem sich jemand den Finger verstaucht hat. Da reichen Kühlpads. Medikamente bekommen die Schüler grundsätzlich nicht. Es geht vor allem um die Koordination der nötigen Hilfe. Und so registriert Jutta Scoccianti auch den nächsten Fall, der den Weg in das Krankenzimmer findet: Übelkeit und Halsschmerzen - so die Beschwerden der Sechstklässlerin. Scoccianti zögert nicht lange und wählt am Telefon die Nummer der Mutter.

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