Unterhaching:Eine Frage von Zentimetern

Unterhaching, Hauptstraße, riesige Plakatwerbung stört Anwohner

Ein Grenzfall: Ob die Plakatwand an der Unterhachinger Hauptstraße bleiben darf, hängt davon ab, wo der öffentliche Grund beginnt.

(Foto: Bardehle)

Laut Verwaltungsgericht muss die Aufstellung einer Werbetafel an der Hauptstraße genehmigt werden - es sei denn, diese ragt auf öffentlichen Grund. Die Gemeinde will deshalb den Grenzverlauf ermitteln

Von Michael Morosow, Unterhaching

"Morgen ist einfach", behaupten die Sparkassen auf einer Werbetafel, die an der Hauptstraße in Höhe der Hausnummer 52 mit einem Steinzaun verschraubt ist. Das mag so sein, aber heute ist es definitiv nicht so einfach. Heute stehen Vertreter der Gemeinde und des Landratsamtes sowie Richterin Cornelia Dürig-Friedl vom Bayerischen Verwaltungsgericht auf dem Gehweg neben der Werbeanlage, der nun für eine knappe halbe Stunde zum Gerichtsort wird, und haben nicht zuletzt auch Schwierigkeiten dabei, sich mit ihren Einlassungen zum Thema gegen den Verkehrslärm durchzusetzen. Die Beklagte, die Deutsche Plakatwerbung GmbH & Co. (DPW), ist nicht vertreten.

Das Corpus Delicti weist die klassischen Maße (3,56 Meter mal 2,52 Meter) auf, an seinem oberen Rahmen ist eine Beleuchtung angebracht, die circa 50 Zentimeter in den sogenannten öffentlichen Verkehrsraum hineinragt. Die Plakatwand selbst, so stellt die Richterin fest, ist circa zwölf Zentimeter tief. Die Gemeinde Unterhaching ist strikt gegen eine Plakatwand an dieser Stelle und hat das auch schon im Ferienausschuss im August 2014 deutlich zum Ausdruck gebracht, als sie dem Bauantrag der DPW nicht stattgab, vor allem aus ortsgestalterischen Gründen. Das Landratsamt, vertreten unter anderem durch Walter Schuster, Leiter der Abteilung Bauwesen im Landratsamt, ist dagegen zu dem Schluss gekommen, dass aus ihrer Sicht keine Gründe vorliegen, die Genehmigung der Plakatwand zu verweigern.

Richterin Dürig-Friedl macht den Gemeindevertretern schnell klar, dass die Umgebung der Werbetafel ihrer Ansicht nach "nicht so schützenswert ist, dass sie nicht hinpasst". Aber eine Entscheidung für oder wider trifft sie nicht, sondern stellt das Verfahren ein; die Kosten übernimmt die Gemeinde, Streitwert: 7500 Euro. "Wir wollen rechtlich nicht ablehnen, wenn das Zivilrechtliche nicht klar ist", sagte die Richterin.

Denn mit der Verfahrenseinstellung ist die Angelegenheit möglicherweise nicht gänzlich entschieden, nun besitzt die Gemeinde nämlich eventuell die Option, über eine Zivilklage zu ihrem Recht zu kommen. Denn was keiner der Beteiligten weiß: Zählen diese zwölf Zentimeter, die die Plakatwand in den Gehwegbereich hineinreicht, zur Flurnummer 170, oder zur Flurnummer 170/1? Ist die Werbetafel also auf Gemeindegrund oder auf Privatgrund angebracht? Mit bloßem Auge kann man diese Frage nicht beantworten. Die Grundstücksgrenze wird auf den ersten Blick durch eine Steinmauer markiert. Aber gehören die kleinen Mosaikpflastersteine, die zwischen dieser Steinmauer und dem Gehsteig in zwei Reihen verlaufen, nun zu der einen oder zu der anderen Flurnummer?

Es ist durchaus ein Problem, dies festzustellen, wenn die Grenzmarkierungen unter dem Pflaster verlaufen, was der Fall ist. "Es ist wichtig zu klären, inwiefern die Mauer auf der Grenze steht", sagte die Richterin. Und das wird die Gemeinde auch sicher tun. "Wir werden jetzt eine Grenzfeststellung durch das staatliche Vermessungsamt in Auftrag geben", sagte Stefan Lauszat, Bau- und Umweltamtsleiter der Gemeinde, und fügte hinzu: "Hopp oder top, entweder wir verlieren, dann wissen wir, dass es so geht. Oder wir werden vor dem Zivilgericht klagen."

Dass es der Gemeinde damit ernst ist, sagte Lauszat mehrere Male in dieser Runde. "Solche Werbeanlagen sind der Anfang des Untergangs", sagte Lauszat, der ein "Wetteifern der Plakate" voraussagt, falls die DPW-Anlage stehen bleiben darf. "Dann wäre ein Fass aufgemacht", so der Gemeindevertreter. Durch eine solche Werbetafel würde das Ortsbild deutlich beeinträchtigt. Aus Sicht der Verwaltung bestehe kein Zweifel daran, dass die Werbetafel für Fremdwerbung eine gewerbliche Nutzung darstellt. Voraussetzung einer gewerblichen Nutzung sei in einem Dorfgebiet aber, dass diese Nutzung nicht wesentlich störe.

Und diese Voraussetzung ist, wie der Ferienausschuss vor zwei Jahren befand, im konkreten Fall aufgrund des noch erkennbaren dörflichen Charakters auf der Westseite der Hauptstraße nicht gegeben. "Aufgrund seiner Funktion und Anordnung wirkt die beleuchtete Werbetafel für das Wohnen deutlich störend", argumentiert die Gemeinde seit Beginn der Auseinandersetzung.

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