Unterföhring:Zwei Schulen auf einen Streich

Lesezeit: 3 min

Der Erweiterungsbau der Grundschule war die letzte Baumaßnahme in Unterföhring,um alle Kinder unterzubringen. Nun stehen zwei weitere große Projekte an: das Gymnasium und eine zweite Grundschule. (Foto: Robert Haas)

Unterföhring bringt das Raumprogramm für das neue Gymnasium und die zweite Grundschule auf den Weg. Geplant wird so großzügig, dass auch das G 9 angeboten werden könnte. Der Campus soll 2020 bezogen werden, Vorläuferklassen soll es bereits in zwei Jahren geben.

Von Sabine Wejsada, Unterföhring

Wenn alles gut geht, dann können die ersten Unterföhringer Kinder zum Start des Schuljahrs 2020/21 ein nagelneues Gymnasium und die zweite Grundschule besuchen. Der Gemeinderat hat in seiner Sondersitzung am Mittwochabend den Auslobungstext zu Raumprogramm, Städtebau und pädagogischem Konzept beschlossen. Der Schulcampus entsteht auf einem 50 000 Quadratmeter großen Grundstück in S-Bahn-Nähe. Allein das Gymnasium samt Vierfach-Turnhalle und Tiefgarage dürfte mehr als 60 Millionen Euro kosten, wenn die im September 2014 eröffnete hochmoderne Oberschule von Grünwald als Vorbild für das Unterföhringer Projekt gilt.

Im Januar dieses Jahres hatten die Lokalpolitiker die pädagogische Ausrichtung des Gymnasiums festgelegt: Es soll eine Inklusionsschule werden, an der hörbehinderte und nicht behinderte Kinder bis zum Abitur lernen. Die Anregung dazu kam von Irmgard Badura, der Behindertenbeauftragten der bayerischen Staatsregierung. Sie bat die Kommunalpolitiker in der Stadtrandgemeinde, "ein wegweisendes Gymnasium" zu bauen.

Das Projekt wäre bayernweit einzigartig: Zum ersten Mal könnten hörbehinderte Kinder und Jugendliche durchgängig von der fünften bis zur zwölften Klasse ein reguläres Gymnasium besuchen. Bislang müssen betroffene Kinder, die für den Übertritt an ein Gymnasium geeignet sind, nach dem Besuch eines Förderzentrums in der Regel auf eine Privatschule gehen. Die elfte und zwölfte Jahrgangsstufe können sie dann zum Beispiel am Schwabinger Gisela-Gymnasium durchlaufen und dort das Abitur schreiben.

"Leuchtturmprojekt für Bayen"

Das pädagogische Konzept für das neue Unterföhringer Gymnasium, für das es zum Schuljahr 2018/19 die ersten Vorläuferklassen geben könnte, stammt von Heinz Durner, dem früheren Leiter des Unterhachinger Gymnasiums, der Beauftragter für Wissenschaft und weiterführende Schulen im Landkreis München ist. Er bezeichnete die geplante Schule als "Leuchtturmprojekt für Bayern". Das Inklusions-Gymnasium wird eine naturwissenschaftlich-technische sowie sprachliche Ausbildungsrichtung haben, musischer Schwerpunkt und Medienorientierung inklusive.

Angesichts der in Unterföhring beheimateten TV-Sender und Filmfirmen sowie der Bayerischen Akademie für Fernsehen liegt eine solche Schwerpunktbildung nahe. Ob das Gymnasium eine Medienreferenzschule werden kann, muss abgewartet werden, wie Bürgermeister Andreas Kemmelmeyer (Parteifreie Wählerschaft Unterföhring, PWU) sagte: "Da braucht es eine zweijährige Prüfungszeit."

Die ersten Vorläuferklassen für das vierzügig geplante Unterföhringer Gymnasium sollen im September 2018 im dann fertigen Gymnasium in der Nachbargemeinde Ismaning starten. Dort wird noch ein Jahr lang ein ehemaliges Tagungshotel am Seidl-Kreuz-Weg schultauglich umgebaut. Der eigene Schulcampus soll zum Schuljahr 2020/21 fertig sein. Entstehen wird ein Gymnasium, das für die Jahrgangsstufen fünf bis zehn jeweils vier Klassenzimmer mit 66 Quadratmetern und einen Ausweichraum samt gläsernen Thinktanks mit je 20 Quadratmetern für Gruppenarbeiten beherbergt; die Abiturienten bekommen Klassenzimmer plus Aufenthaltsräume.

Im Raumprogramm steht ein "grünes Klassenzimmer"

Für alle soll es einen Raum der Stille geben, und auch eine Unterrichtsmöglichkeit im Freien, ein "grünes Klassenzimmer" steht im Raumprogramm. Weil Unterföhring großzügiger plant, als es das Kultusministerium in seinen Vorgaben vorsieht, könne die Schule dann auch entscheiden, "ob sie das G 8 oder das G 9 anbieten will", sagte Zweite Bürgermeisterin Betina Mäusel (CSU), die auch stellvertretende Schulleiterin des Haarer Gymnasiums ist. Sie erinnerte daran, dass sich von kommendem Jahr an jede Schule zwischen dem kurzen und langen Weg zum Abitur entscheiden müsse. Einstimmig verabschiedet hat sich der Gemeinderat auf Antrag der Grünen von der Idee, auf dem Campus auch ein Lehrschwimmbecken unterzubringen. Dieses soll nun doch im benachbarten Sportpark entstehen.

Die europaweite Bekanntmachung des Vorhabens in der Mediengemeinde ist bereits gelaufen; von den Planungsbüros, die sich daraufhin gemeldet haben, werden mindestens drei und maximal sechs ausgewählt, um ihre Ideen für den Campus mit Grundschule und Gymnasium in konkrete Entwürfe umzusetzen. Entlohnt werden sie für ihre Mühe mit jeweils 100 000 Euro. Basis dafür ist der vom Gemeinderat beschlossene Auslobungstext. Der Sieger des Architektenwettbewerbs wird das Projekt dann umsetzen.

Die Vorgaben sind eng gefasst: So haben sich die Unterföhringer Lokalpolitiker mehrheitlich nach Vorschlag von Grünen-Gemeinderätin und Architektin Gisela Fischer unter anderem darauf festgelegt, keinen Sichtbeton zu dulden. Dieses Material hat in Unterföhring bereits viel Ärger verursacht, wie der erst 2014 eröffnete Erweiterungsbau der Grundschule an der Bahnhofstraße zeigt. Wegen des "grauen Kastens" sind nach den Worten des Bürgermeisters immer noch mehrere Verfahren anhängig. Die Bauwerke auf dem neuen Schulcampus müssen freundlicher gestaltet werden.

© SZ vom 30.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: