Unterföhring:"Ich bin gut, so wie ich bin"

Das Tanzstück "Superheroes" von Johannes Härtl zeigt, wie man sich mit Hilfe seiner Fantasie selbst helfen kann

Von Laura Zwerger, Unterföhring

Seine Geschwister haben ihn ausgegrenzt, ausgelacht und ignoriert - bis er sich in seiner Fantasie eine eigene Welt schuf. "Superheroes" von Johannes Härtl ist ein innovatives Theaterstück, das Ausgrenzung und Andersartigkeit seinen eigenen Charme verleiht und dabei besonders Kindern laut Härtl eine Botschaft mit auf den Weg geben möchte: "Ich bin gut, so wie ich bin."

Das Stück des 38-jährigen Choreographen, das am Freitag im Unterföhringer Bürgerhauses aufgeführt wurde, hat seinen Auftakt mit einer Szene, wie es aus vielen Wohnzimmern bekannt sein dürfte: Die Kinder sitzen vor dem Fernseher und schlagen die Zeit tot, wechseln ab und an das Programm und von Zeit zu Zeit hört man ein Lachen. Ein Junge und seine drei Schwestern haben es sich dafür in Schlafanzügen auf der Couch bequem gemacht, nur einer ihrer Brüder steht alleine etwas abseits, in spießigen Alltagsklamotten - und gehört sichtlich nicht dazu. "Einer fällt aus dem Rahmen, langweilt sich, da keiner mit ihm spielt - und gerät dann in seine Fantasie und schafft sich seine eigene Welt", erklärt Jan Paul Werge. Der 35-Jährige wird als Schauspieler wieder zum Kind auf der Bühne und entführt die Zuschauer in eine Welt der Superhelden, in der seine Geschwister ihn beschützen und er im Mittelpunkt jeder Szene steht. "Mit seiner eigenen Fantasie ist man nämlich nie alleine", so Werge.

Unterföhring: Das Tanzstück "Superheroes" von Johannes Härtl zeigt, wie man sich mit Hilfe seiner Fantasie selbst helfen kann.

Das Tanzstück "Superheroes" von Johannes Härtl zeigt, wie man sich mit Hilfe seiner Fantasie selbst helfen kann.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Um das Abschweifen in eine Fantasiewelt zu verdeutlichen, häuten sich nicht nur seine vier Geschwister aus ihren Schlafanzügen und stehen in glänzende Overalls von dem Sofa als neugeborene Superhelden auf, Werge als der kleine Junge entführt die Betrachter auch mit melodischem Fantasiegesang in eine andere Sphäre. Für die Inszenierung setzt Choreograph Härtl dabei auf ein professionelles Team: Werge zeichnet sich durch sein gesangliches Talent aus, das er einer Ausbildung im Thomanerchor in Leipzig verdankt, während seine vier Bühnengeschwister ehemalige Schüler der Iwanson Akademie für zeitgenössischen Tanz in München sind, an der Härtl selbst unterrichtet. "Der Sänger ist dabei automatisch in einer besonderen Position, da er nicht tanzt", erklärt Werge.

Unterföhring: Vom Außenseiter zum von der Gemeinschaft Getragenen, auch dank Fantasie.

Vom Außenseiter zum von der Gemeinschaft Getragenen, auch dank Fantasie.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

In den insgesamt 45 Minuten Spielzeit lässt der Junge dann seine Geschwister wie Puppen tanzen, positioniert sie in Kampfposen oder schleicht mit ihnen durch einen imaginären Urwald, in dem sie ihn vor unheimlichen Tieren beschützen müssen. "Durch seine Fantasie konnte der Junge endlich mitspielen", erklärt Härtl. "Und das ist die Superkraft dabei - nicht aufzugeben und weiter zu machen."

Härtl wollte dabei eine Fantasiewelt der Superhelden gestalten, die alle Altersgruppen gleichermaßen anspricht: "Das Stück ist zwar für Kinder konzipiert, aber die Bilder sind so stark, dass auch Erwachsene in den Zauber eintauchen können", sagte er. Die große Bestandsprobe hatte das Stück bereits am Freitagmorgen, als rund 200 Kinder aus der Unterföhringer Grundschule die Premiere besuchten. Dabei sei viel gelacht und kommentiert worden, so Härtl. "Es wäre mein Traum, wenn die Kinder mitnehmen: Ich bin gut, so wie ich bin."

Viel Fantasie brauchten die Schauspieler auch selbst, um in nur dreieinhalb Wochen das Stück in einer fremden Kulisse einzustudieren. "Im Studio war es komplett anders als im Theater, alleine schon wegen des Lichts", erklärt Tänzerin Cristina D' Alberto. "Da hieß es dann auf der Bühne: nicht nur machen, sondern den Moment fühlen." Das Stück findet sein Ende dann in der gleichen Szenerie wie zu Beginn der Geschichte: auf dem Sofa im heimischen Wohnzimmer. Nur ein entscheidender Unterschied prägt das Bild: "Anfangs war der eine Junge als Außenseiter außerhalb der Gruppe", so Werge. "Am Ende ist er in der Mitte seiner Geschwister, wo er dazu gehört." Das Stück schließt mit dem Bild müder Kinder auf einem Sofa, die sich alle aneinander kuscheln. Härtl plant nach der erfolgreichen Inszenierung von "Superheroes" nun bereits sein nächstes Projekts, "Bloodline", das laut Johannes Härtl ebenfalls zum Denken anregen soll: "Es geht dabei um unsere Wurzeln und die Frage, wie viel sind wir selbst."

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