Unterföhring ehrt Mathias Richling:Spezialität: Schwaben

Unterföhring: 'Unterföhringer Mohr' - Publikumspreis an Mathis Richling

Der Kabarettist Mathias Richling ist der siebte Träger des Publikumspreises "Unterföhringer Mohr".

(Foto: Johannes Simon)

Mit einfühlsamen Politikerparodien hat sich Mathias Richling den Publikumspreis "Unterföhriger Mohr" erspielt. Bei der Verleihung am Montagabend zeigt er wieder einmal, wen er besonders gut drauf hat.

Von Vor Franziska Gerlach, Unterföhring

Erst Helmut Kohl, dann Edmund Stoiber, auch Christian Wulff und Horst Seehofer kommen selbstredend nicht ungeschoren davon, wobei er den bayerischen Ministerpräsidenten gerne mit einem glucksenden Gackern versieht.

Mathias Richling hat sie alle auf dem Kieker. Schließlich ist er der König der Politiker-Parodien - und seit Montagabend auch der siebte Träger des Unterföhringer Publikumspreises "Unterföhringer Mohr".

Bürgermeister Andreas Kemmelmeyer (PWU) ist da ganz froh, als Kommunalpolitiker nicht in die Schusslinie des Künstlers geraten zu können, wie er bei der Preisverleihung anmerkte. Gemeinsam mit Kulturamtsleiterin Barbara Schulte-Rief überreichte er dem bekannten Kabarettisten den 2008 vom Gemeinderat ins Leben gerufenen Unterföhringer Kulturpreis für das Jahr 2014. Aus mehr als 55 Kulturveranstaltungen wählte das Publikum Richling mit seinem Programm "Deutschland to go" mit großem Abstand als Favoriten, mehr als 3000 Stimmen entfielen auf ihn.

Mehr als 40 Jahre auf der Bühne

Auch jetzt, wenige Minuten, nachdem er fast schüchtern seinen Preis, eine schwarze Marmorfigur und einen Scheck über 4000 Euro entgegen genommen hat, ringt der Mann den Unterföhringern mit seinem 41. Soloprogramm "Richling spielt Richling" Lachsalven ab. Wobei der Titel ein wenig in die Irre führt. Denn Richling, der seit mehr als 40 Jahren als Satiriker und Parodist auf der Bühne steht und bereits zwei Mal mit dem deutschen Kleinkunstpreis ausgezeichnet wurde, spielt nicht sich selbst. Genau genommen ahmt er alles nach, was in der deutschen Politik Rang und Namen hat.

"Du bist nicht einer, sondern viele", hatte Kulturamtsleiterin Schulte-Rief eingangs gesagt. Weniger ist mehr? Das gilt bei ihm nicht. Sie beschrieb den Künstler als einen "unglaublich aktiven und akribischen Sammler von Zeitungsmeldungen", der aus Vollem schöpfe, dem vermeintlich Ganzen. Eine Reise mit Richling macht aber gerade auch deshalb so viel Spaß, weil er sich nicht nur auf aktuelle Ereignisse bezieht, sondern auch generationsübergreifende Erkenntnisse über das Wesen eines Volksvertreters zu Tage fördert. Dass in der Politik die Wahrheit nicht immer oberste Priorität haben kann, ist selbstredend nur eine davon.

Richlings Humor mag nicht der schwärzeste sein, und so manche Attacken entschärft er auf liebevolle Weise selbst. Doch sich in Charaktere einfühlen, ihren Dialekt und ihre Stimmfarbe, Mimik und Gestik nachahmen, das kann keiner wie er. Seine Parodien leben von Sätzen, die dem Sprachschatz von diesem und jenem Politiker genau so entstammen könnten - überspitzt natürlich und oftmals ins Absurde gesteigert.

Richling hastet in seiner Kulisse umher

Die Schwaben unter ihnen gelingen dem gebürtigen Waiblinger naturgemäß besonders gut. Zwischen den Darbietungen hastet er in seiner Kulisse umher, einem Arrangement aus Stühlen in den Nationalfarben Deutschlands. Der Tausendsassa gehört zu Richling wie ein deutlich erhöhtes Sprechtempo ("Was, rede ich zu schnell?"), einen ins Publikum geschickten Gag begleitet er gerne mit einem Abwinken. Gibt er aber den baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne), ein bekanntermaßen eher gemächliches Naturell, muss er vom Gas gehen.

Wie zementiert steht Richling vor den Publikum, und lamentiert über das als Stuttgart 21 bekannt gewordenes Fiasko um einen Bahnhof. Ein Knaller, auch in Unterföhring. Ein Vergleich über das Preisgefälle in der Mode zündet dagegen weniger gut, die Pointe will sich nicht so recht auflösen. Für gewöhnlich aber tobt das Publikum, vor allem, wenn es um alltägliche Dinge des Lebens geht.

Die Figur des sogenannten "Fernsehschwaben" etwa, wenn Richling sich in einen alten Mann mit Wolldecke auf dem Schoß verwandelt, liebt man vor allem wegen der naiven Ehrlichkeit, mit der er diese Einlage würzt. Die Dosis an spröder Bösartigkeit ist eben genau die richtige, und wenn Richling auch gerne mal witzelt über das weibliche Geschlecht, so platziert er seine Pointen doch nie unterhalb der Gürtellinie. Die Maske aber nimmt er allen ab: Als Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) legt er sich sogar bei Freud auf die Couch.

Was haben Sie denn überhaupt, will der Psychoanalytiker von ihr wissen? "Ja", flötet Richling alias Merkel, "ich habe ein hohes Amt, auch mehrere Bezüge. Ich habe Eltern, eine Wohnung, und irgendwo auch einen Mann, der rumkreucht und -fleucht."

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