Jungpolitiker im Landkreis:Stimme der Jugend

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Alexander Zimmermann.Gemeinderat der freien Wähler in Feldkirchen Foto:Catherina Hess . (Foto: Catherina Hess)

Als Leiter der Ministrantengruppe ist Alexander Zimmermann in Feldkirchen so bekannt, dass er bei der Kommunalwahl etablierte Kandidaten überholte. Eine politische Karriere kann er sich vorstellen, aber nur auf Landesebene, denn er möchte nicht wegziehen.

Von Ruth Eisenreich, Feldkirchen

"Ich wollte ihn gerne selber haben": Das ist das erste, was die politische Konkurrenz über Alexander Zimmermann sagt. Zimmermann, mit 24 Jahren der jüngste Gemeinderat Feldkirchens, sei intelligent, engagiert, sachlich und im Ort gut vernetzt, sagt CSU-Fraktionschef Reinhard Mulzer. Lange vor der Kommunalwahl 2014 habe er, Mulzer, bei Zimmermanns Großvater vorgefühlt, ob der Enkel Interesse habe, für die CSU für den Gemeinderat zu kandidieren.

Tatsächlich kann man sich Zimmermann ganz gut in der CSU vorstellen, schon weil er sich seit Jahren aktiv in der katholischen Kirche engagiert; gelandet ist er dann aber doch in der Fraktion der Unabhängigen Wähler-Vereinigung (UWV) Feldkirchen, die ebenjener Großvater gegründet hat und für die auch Zimmermanns Vater im Gemeinderat sitzt.

Jungpolitiker im Landkreis München
:Ratssaal statt Kneipe

Fast überall reihen sich in den Gemeinderäten graue Haarschöpfe an weiße. Doch es gibt Ausnahmen. Die SZ stellt sechs junge Menschen vor, die sich in der Kommunalpolitik engagieren. Einer will sogar Bürgermeister werden, aber nur, wenn ihm seine Frau dann nicht wegläuft.

Von Ruth Eisenreich, Mitarbeit: David Knapp

Die Religion spielt eine wichtige Rolle

Als Ort für das Treffen hat Zimmermann den Meditationsplatz der katholischen Kirche St. Jakobus in Feldkirchen vorgeschlagen, aber auf dessen Steine prasselt gerade Regen herab. Der junge Gemeinderat gibt also an der Kirchentür einen Zahlencode ein, führt durch die Sakristei ins Kirchenschiff und setzt sich auf eine der Bänke, an denen von der letzten Erstkommunion noch rote Herzen mit Kinderfotos hängen. Es riecht nach Weihrauch, Zimmermanns Stimme hallt von den Wänden wider, obwohl er leise spricht.

In der Kirche St. Jakobus hat er viel Lebenszeit verbracht, er ist Pfarrgemeinderat und leitet die örtliche Ministrantengruppe, die auch den Meditationsplatz gestaltet hat. 80 Kinder ministrieren in Feldkirchen, nicht wenig für eine 7000-Einwohner-Gemeinde. "Der Großteil der katholischen Kinder ist dabei", sagt Zimmermann.

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Alexander Zimmermann in fünf Bildern: So sieht der Jungpolitiker sich selbst.

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"Am liebsten Urlaub mit Natur und Kultur, am liebsten Campen - Bretagne, 2014"

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"Engagiert in der kirchlichen Jugendarbeit - Fertigstellung des Meditationsplatzes bei der 72h-Aktion der Ministranten, 2013"

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"Religion ist mir sehr wichtig - Exkursion der LMU-Fakultät katholische Theologie nach Israel, März 2015"

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"Keine Scheu vor vielen Leuten zu sprechen - Verabschiedung Pfarrer Czeslaw Sajdak im Rathaus Feldkirchen, Oktober 2014"

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"Kampf ums Grün gegen den ALB - Die Freien Wähler unterstützen die Bürgerinitiative Gegen den ALB-Traum Feldkirchen, August 2014"

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(Foto: Catherina Hess)

Auf einer Demonstration war Alexander Zimmermann noch nie. Sein Interesse gilt vor allem der Familienpolitik.

Zimmermann trägt Jeans, Turnschuhe, einen Bürstenhaarschnitt, unter dem Ärmel seines schwarzen Sakkos lugt ein Armband mit kleinen Bildchen von Kirchen und Heiligen hervor, das er in Altötting gekauft hat. Die Religion spielt eine wichtige Rolle in seinem Leben, seit seiner Kindheit schon. Zimmermanns Vater ist Gartenbaumeister mit eigener Firma, in der auch die Mutter mitarbeitet; auch die Eltern, bei denen er bis heute wohnt, sind gläubig, die Mutter sitzt wie der Sohn im Pfarrgemeinderat. "So mit 15, 16, gab es Zeiten, wo ich weniger in die Kirche gegangen bin", sagt Zimmermann, "aber die Gemeinschaft ist mir doch abgegangen." Innerhalb der katholischen Kirche ordnet sich Zimmermann als "eher liberal" ein, bei vielen gesellschaftspolitischen Themen, Verhütung, Abtreibung, Homo-Ehe, ist er toleranter als die Amtskirche.

Immer wieder Andeutungen von beiden Seiten

Zimmermann studiert im zehnten Semester Mathematik und katholische Theologie auf Lehramt, er hat schon nebenbei am Gymnasium unterrichtet, wenn alles gut geht, wird er in etwa einem Jahr voll zu arbeiten beginnen. Er habe schon in der Schule gerne Kollegen Dinge erklärt, auch Referate seien für ihn nie ein Problem gewesen, sagt er; als Teenager gab er auch Tennisunterricht für Kinder. Seine Fächerkombination sei zwar ungewöhnlich, "aber für mich ist sie ein gutes Beispiel dafür, dass Religion nichts Außerweltliches ist, sondern dass man das unter einen Hut bringen kann."

In der Pfarrgemeinde und am Beispiel seines Vaters im Gemeinderat, sagt Zimmermann, habe er mitbekommen, wie viel ein Einzelner bewegen könne. Ein neuer Radweg, die Renovierung des heruntergekommenen örtlichen Friedhofs, "Kleinigkeiten, die zusammen viel ausmachen". Sein Vater und er seien unabhängig voneinander auf die Idee mit der Gemeinderats-Kandidatur gekommen, es habe immer wieder Andeutungen von beiden Seiten gegeben. Bei einem abendlichen Plausch auf der Couch, nebenbei lief der Fernseher, sagte er dem Vater dann, dass er kandidieren wolle.

Wortmeldungen gern ignoriert oder abgetan

Dass er es dann tatsächlich in das Gremium schaffte, habe ihn überrascht, sagt Zimmermann. Seine Fraktion hatte in der letzten Periode sechs Sitze, er stand auf Listenplatz zehn, "am Wahlabend bin ich gerade mit einem Freund in der Schlange bei Mc Donald's gestanden, da habe ich eine SMS gekriegt: Im Moment bist du drinnen, dann wieder eine: Jetzt bist du nicht mehr drinnen." Erst als der letzte Wahlbezirk ausgezählt war - Zimmermann war inzwischen im Rathaus angekommen -, stand fest, dass er vier Kollegen überflügelt und es in den Gemeinderat geschafft hatte. Mitglied der UWV ist er bis heute nicht, "ich wollte mich nicht in so jungen Jahren an eine Partei binden".

Nicht nur CSU-Fraktionschef Mulzer schwärmt in höchsten Tönen von Zimmermann, auch die SPD-Gemeinderätin Verena Claudi, bis zur letzten Wahl die Jüngste im Gremium, weiß nichts Negatives über ihn zu sagen. "Eine sehr angenehme Persönlichkeit" sei Zimmermann, "aufgeschlossen, engagiert". Trotz all des Lobs: Zimmermann sagt, zu Beginn der Legislaturperiode hätten Einzelne im Gemeinderat seine Wortmeldungen gern ignoriert oder abgetan. Er habe darum kämpfen müssen, von allen ernst genommen zu werden, inzwischen funktioniere das aber.

Im Gemeinderat sieht Zimmermann sich nun auch als Stimme der Jungen. Was heute entschieden werde, betreffe ja vor allem die Zukunft der jungen Menschen, "und Jugendliche kommen im Gemeinderat fast nicht vor - wenn, dann geht es um die Kinder." Für Jugendliche sei in der Gemeinde sehr wenig geboten, es gebe zwar Ideen für ein Jugendcafé, die seien aber noch sehr unkonkret. Zimmermann selbst trifft seine Freunde meist im Kino oder zum gemeinsamen Kochen bei irgendjemandem zu Hause, manchmal geht die Gruppe in München auf ein Bier, nur selten zum Tanzen in einen Club.

Noch nie auf einer Demo

Abseits von kommunalpolitischen Themen ist Zimmermann vor allem die Familienpolitik wichtig, er tritt etwa gegen liberalere Ladenöffnungszeiten am Sonntag und für ein Familienwahlrecht ein: "Warum hat eine alleinstehende Frau die selbe Stimme wie eine Mutter mit drei Kindern?", fragt er sich. CSU-Fraktionschef Mulzer traut Zimmermann ohne weiteres eine Karriere auf einer höheren politischen Ebene zu; Zimmermann kann sich das prinzipiell auch vorstellen, "aber wenn, dann eher auf der Landes- als auf der Bundesebene, weil ich nicht aus Feldkirchen wegziehen will". Er sei schon als Teenager politikinteressiert gewesen, sagt Zimmermann, politisch engagiert habe er sich aber nicht. Auf einer Demonstration etwa sei er in seinem ganzen Leben noch nie gewesen.

Wen wählt er auf jenen Politik-Ebenen, auf denen die Freien Wähler keine Rolle spielen? Ganz konkret will Zimmermann diese Frage nicht beantworten, aber: Er wähle im Land, im Bund und in der EU nicht so sehr eine Partei, "sondern Leute, die von vor Ort sind. Selbst wenn eine andere Partei passender wäre: Was bringt mir auf diesen Ebenen jemand, der sonstwo wohnt?"

© SZ vom 08.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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