Umstrittenes Flüchtlingsheim:Wiedereröffnung trotz Rattenplage

Trotz katastrophaler Hygienemängel werden wieder Flüchtlinge in den Container-Heimen in der Lerchenau untergebracht. Die Regierung von Oberbayern spricht von einer "Notsituation".

Bernd Kastner

In München wird eine Container-Unterkunft für Flüchtlinge wieder genutzt, deren Schließung der Bayerische Landtag vor knapp zwei Jahren einstimmig erzwungen hatte. Es handelt sich um die Anlage in der Waldmeisterstraße in der Lerchenau, die damals angesichts ihres desolaten baulichen und hygienischen Zustands, unter anderem wegen einer Rattenplage, für heftige Kritik gesorgt hatte. Nach Informationen des Bayerischen Flüchtlingsrats wohnen dort derzeit rund 170 Asylsuchende.

Umstrittenes Flüchtlingsheim: Vor zwei Jahren wurde das Asylantenheim in der Waldmeisterstraße wegen hygienischer Mängel geschlossen - jetzt beherbergt es wieder rund 170 Asylsuchende.

Vor zwei Jahren wurde das Asylantenheim in der Waldmeisterstraße wegen hygienischer Mängel geschlossen - jetzt beherbergt es wieder rund 170 Asylsuchende.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Laut der zuständigen Regierung von Oberbayern handle es sich nicht um eine Wiedereröffnung, vielmehr habe man in einer "Notsituation" Flüchtlinge dort einquartieren müssen. Die Erstaufnahmeeinrichtung in der Baierbrunner Straße habe am Wochenende nicht mehr ausgereicht. Die Alternative wäre das Aufstellen von Zelten gewesen, so Sprecher Heinrich Schuster.

In den Containern bringe man nur die Flüchtlinge unter, die demnächst in andere Gegenden verlegt würden. Zur Zahl der Einquartierten sowie zum aktuellen Zustand der Container, speziell der sanitären Anlagen, konnte Schuster nichts sagen.

Im Dezember 2008 hatte sich dem Grünen-Antrag auf Schließung der Container sogar die CSU/FDP-Koalition angeschlossen. Sozialministerin Christine Haderthauer (CSU) hatte die Zustände damals als "inakzeptabel" angeprangert. Bis Redaktionsschluss war Haderthauer nicht für eine Stellungnahme erreichbar.

Die Grünen im Landtag kritisieren die erneute Einquartierung scharf. "Damit straft sich die Ministerin selbst Lügen", sagt Renate Ackermann. Die Container seien "menschenunwürdig". Seit eineinhalb Jahren forderten die Grünen, dass sich die Regierung um Alternativen zur Erstaufnahmeeinrichtung in der Baierbrunner Straße kümmere, deren Schließung kürzlich das Verwaltungsgericht angeordnet hat. Die Verantwortlichen wüssten um die Notlage, unternähmen aber nichts dagegen, so Ackermann: "Ich würde mich schämen."

Nach Informationen des Münchner Flüchtlingsrats gebe es in der zweistöckigen Container-Siedlung in der Lerchenau weder Verwalter noch Sozialbetreuer, nur ein Wachdienst sei vor Ort. Koch- und Waschgelegenheiten seien viel zu wenige vorhanden.

Der Bayerische Flüchtlingsrat kritisiert, dass die Asylsuchenden die Tatenlosigkeit und den Unwillen der Staatsregierung ausbaden müssten, so Alexander Thal. "Frau Haderthauer ist nun in der Pflicht, ihr Versprechen von 2008 einzuhalten." Die Ministerin hatte das Ende aller Flüchtlings-Container in München angekündigt.

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