TSV 1860 München kurz vor der Pleite:"Mir blutet das Herz"

Der TSV 1860 steht kurz vor der Pleite: Binnen zehn Tagen muss er acht Millionen Euro aufbringen. Schafft er das nicht, steht der Verein vor der Wahl: geordnete Insolvenz oder ein Sterben auf Raten.

P. Fahrenholz u. M. Tibudd

Das Finanzdesaster beim TSV 1860 München ist noch schlimmer als befürchtet: Binnen zehn Tagen muss der Fußball-Zweitligist acht Millionen Euro aufbringen, um eine Insolvenz abzuwenden. Die möglicherweise bevorstehende Pleite des Traditionsvereins hat innerhalb und außerhalb Münchens sowohl Bestürzung, als auch scharfe Kritik am Finanzgebaren des Vereins in den vergangenen Jahren ausgelöst. Für Münchens Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) wäre es "wirklich eine Tragödie", wenn die "Löwen" aus dem Profifußball verschwinden würden. "Die Millionenstadt München verträgt weiß Gott zwei große Fußballvereine", sagte Ude zur Süddeutschen Zeitung. Zwar hänge das Ansehen Münchens als Fußballstadt international vor allem mit dem FC Bayern zusammen, in München selber habe es aber auch viel mit dem TSV 1860 zu tun.

Löwen Fans

Völlig erschüttert über die finanzielle Situation ihres Vereins: die Löwen-Fans.

(Foto: ASSOCIATED PRESS)

Zugleich übte der Münchner Oberbürgermeister Ude scharfe Kritik an der Finanzpolitik des Vereins. Ude weiß, wovon er redet, denn er gehörte von 1996 bis 2009 selber dem Aufsichtsrat der "Löwen" an. Der Oberbürgermeister hat die unzureichenden Kompetenzen der Aufsichtsräte immer wieder beklagt. Umfassende Informationen über die finanzielle Lage des Vereins habe der Aufsichtsrat nie erhalten, kritisiert er. Rückblickend bedauert Ude, "dass ich keine Ultimaten gestellt habe, was an Reformen eingeleitet werden muss, damit ich bleibe".

Nach Udes Einschätzung ist "erstmals vom jetzigen Gespann die volle Wahrheit" auf den Tisch gelegt worden. Das Finanzgebaren unter den vorherigen Geschäftsführungen des Vereins sei offenbar "atemberaubend" gewesen. Es seien noch Ausgaben in Millionenhöhe getätigt worden, "als schon Feuer auf dem Dach war". Auch der CSU-Fraktionsvorsitzende im Stadtrat, Josef Schmid, macht sich Sorgen um das Selbstverständnis Münchens als Fußballstadt. "Die meisten Jahre über gab es zwei Spitzenvereine aus München im Profifußball", sagte Schmid. Das stehe der Stadt auch gut an. Schmid verwies angesichts der brisanten Lage des Clubs auf die Vorgeschichte. "Das ist ja schon ein ziemlich langes Siechtum bei 1860", sagte er.

Zu den bekennenden und seit Jahren vom Leid gestählten Löwen-Fans gehört auch die SPD-Landtagsabgeordnete Kathrin Sonnenholzner aus Jesenwang. Sie sagte, der Verein habe solche Situationen schon mehrfach überstehen müssen: "Wir werden schon wieder auf die Beine kommen."

Der frühere Finanzminister und CSU-Vorsitzende Theo Waigel, seit seinem siebten Lebensjahr Löwen-Fan machte aus seiner Betroffenheit kein Hehl. "Mir blutet das Herz", sagte er. Aus Waigels Sicht wäre es "ein Jammer", wenn mit 1860 München einer der traditionsreichsten Vereine Deutschlands zahlungsunfähig würde. Sollte der Club für immer aus dem Profifußball, verschwinden wäre das für Waigel "eine furchtbare Zäsur".

Roman Beer, Vorsitzender des Vereins "Freunde des Sechzger Stadions", vermisst seit Jahren eine Vision des Präsidiums. Vereine wie St. Pauli in Hamburg oder Union Berlin hätten es geschafft, sich in ihren Städten neben dem Marktführer als eigene Marke zu positionieren. Eine geordnete Insolvenz sei womöglich besser als ein "Sterben auf Raten", sagte Beer, müsse wegen der hervorragenden Jugendarbeit des Vereins aber sorgfältig geprüft werden. (Sport)

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