Trudering:Derbleckt in Trudering

Trudering: Spiritus Rector beim Truderinger Ventil: der Autor, Schauspieler und Regisseur Winfried Frey.

Spiritus Rector beim Truderinger Ventil: der Autor, Schauspieler und Regisseur Winfried Frey.

(Foto: Stephan Rumpf)

Beim Starbierfest im Münchner Osten geht es so boshaft wie kurzweilig zu

Von Renate Winkler-Schlang, Trudering

"In der Starkbierzeit darf der Bürger sagen, was er will, mir Truderinger macha des mit unsrem Ventil. Prost!" Winfried Frey, ein Truderinger, landete am Sonntag für die Fastenpredigt beim "Truderinger Ventil" - gerne als die kleine Schwester des Nockherbergs bezeichnet - mit einem Knall als Lügenbaron Münchhausen auf einer Kanonenkugel auf der Bühne des Kulturzentrums. Er wolle "gerade hier in Bayern so manche G'schicht geraderücken, die wohl in letzter Zeit in den Gazetten und Journalien irrtümlicherweise richtig dargestellt" gewesen sei.

Der Block der Politiker - laut Münchhausen allesamt "Freibiertrinker, Sich-in-die-erste-Reihe-Drängler, Karriereleiter-Erklimmer" war groß im dicht besetzten Saal. Von Bundestag über Landtag und Stadtrat bis hinunter zum Bezirksausschuss waren sie bereit zum humorvollen Derbleckt-Werden. Zuerst allerdings traf der beißende Spott Abwesende wie die "moderne Marien-Erscheinung der SPD, den roten Schulz aus Würselen", den "gwamperten Erzengel" Gabriel und natürlich den "Drehhofer", immer heiser wie ein sizilianischer Pate. Der "boanige Feuerwehrheilige" Pronold und die Feuerwehrfrau Konen, die ihn beerben will, bekamen ebenfalls ihr Fett weg. Bürgeremister Seppi Schmid flogt seine Bierpreisbremse für die Wiesn um die Ohren.

Noch mehr Spaß macht es natürlich, die Anwesenden zu beobachten, wenn sie auf die Schippe genommen wurden. Markus Blume, der CSU-Landtagsabgeordnete, bekam einen Song als "der beste Generalsekretärstellvertreter im Land". Hans Podiuk, ehemaliger CSU-Fraktionssprecher im Stadtrat, sah sich konfrontiert mit etwas lauen Sympathiewerten in einer Umfrage, der SPD-Stadtrat Ingo Mittermaier habe eine "tiefenentspannte Art". Demonstratives Unbeleidigtsein aber musste wohl Grünen-Stadtrat Herbert Danner am schwersten fallen, wurde er doch mit Mehmet Scholls vielschichtigem Zitat "Hängt die Grünen, solange es noch Bäume gibt" in Verbindung gebracht, auch bildlich auf einer Collage mit Danner-Kopf in der Schlinge auf einem Simpsons-Zeichentrick-Körper. Er sei nicht beleidigt, versicherte Danner: "Aber es ist geschmacklos und ich weiß auch nicht, was er mir damit sagen will." Frey, der Autor, war nicht deutlicher geworden, obwohl er am Ende Politikern ins Stammbuch schieb, sie sollten sich um einen bürgerfreundlichen Ton bemühen.

Frey, der Regisseur, hatte zuvor brilliert mit dem Singspiel unter dem Motto "Wenn Märchen wahr werden." Da sucht das Rotkäppchen, die Schulzine, einen Partner fürs (politische) Leben: Der linke tiefrote Gockel aber macht ihr vergeblich Avancen, der böse CSU-Wolf will ihr gerne unter die Arme greifen, das FDP-Rumpelstilzchen blitzt gleich ab, der AfD-Schlumpf nervt, die Frau-Holle-Pechmarie- und Goldmarie-Koalition verwirrt sie. Doch auch mit dem grünen Frosch wird das Rotkäppchen am Ende nicht glücklich: Er hüpft penetrant in den Vordergrund.

Yvonne Steiner, Simone Menz, Sepp Egerer, Erich Seyfried, Kerstin Egerer, Schorsch Thaller, Petra Auer, und Petra Wintersteller als Akteure hätten auch auf den "echten" Nockherberg gepasst, die Musik von Charlie Thomass funktionierte gut, das Publikum spendete reichlich Applaus. Das galt auch für die charmant-bodenständigen Zwischenspiele der "bayrischen Tenöre" oder "Truderinger Madln", die schillernden Kleeblatt Showgirls und den - etwas arg lauten - Dixie Sauhaufen. Doch am meisten gefiel den Gästen das Lokalkolorit: Als Frey den gewichtigen Franz Risch vom Truderinger Baum Festring mit Franz Josef Strauß verglich - da tobte der Saal.

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