Tram-Linie 17:Endstation Neubiberg

Trambahn in München, 2016

Man müsse auch den Mut haben, etwas "abzuschneiden", findet Ottobrunns Bürgermeister Thomas Loderer (CSU). Für eine Straßenbahn fehlten in der Gemeinde die technischen Voraussetzungen und der Platz.

(Foto: Florian Peljak)

Eine Straßenbahn von der Schwanseestraße in Giesing bis nach Brunnthal - in Ramersdorf und Perlach würde man sie befürworten, doch Ottobrunn lehnt die Pläne im Gegensatz zur Nachbargemeinde ab.

Von Martin Mühlfenzl, Ottobrunn/Neubiberg

Auf manchen Abschnitten der Rosenheimer Landstraße in Ottobrunn, etwa auf Höhe des Margreider Platzes, lässt sich noch erahnen, wie die Zukunft hätte aussehen können. Dort ist die Straße so breit, dass eine Straßenbahn problemlos in der Mitte Platz finden würde. Genauer gesagt: die Stadt-Umland-Bahn. In den späten Neunzigerjahren wurde das Konzept eines ringförmigen Nahverkehrssystems rund um die Landeshauptstadt entwickelt, das mitten durch Ottobrunn und von dort aus Richtung Unterhaching und Taufkirchen im Westen und nach Putzbrunn und Vaterstetten im Nordosten hätte verlaufen sollen.

Die Idee einer Stadt-Umland-Bahn aber ist längst Geschichte. Und seit dieser Woche gilt das wohl auch endgültig für eine viel kürzere Trasse: die sogenannte Uni-Tram von der Schwanseestraße in München über Neubiberg nach Ottobrunn und weiter bis Brunnthal. Die FDP im Ottobrunner Gemeinderat hatte einen entsprechenden Entschließungsantrag für die Realisierung der Uni-Tram eingebracht - eine reine Absichtserklärung, wie Gemeinderat Gerald Kunzmann sagt. Bürgermeister Thomas Loderer (CSU), so ist es in dem Antrag formuliert, sollte vom Gremium gebeten werden, sich als Kreisrat und Mitglied des Mobilitätsausschusses für dieses Projekt auf Kreisebene einzusetzen.

Der aber denkt gar nicht daran und sagt, er habe sich zunächst für die Interessen seiner Gemeinde einzusetzen. "Da muss ich feststellen, dass eine Tram einfach nicht zu realisieren ist", sagt Loderer. "Die technischen Voraussetzungen sind nicht gegeben, weil der Platz einfach nicht da ist." Als Bürgermeister und Kreisrat, so Loderer weiter, müsse er auch den Mut haben, etwas "abzuschneiden". Also eine Idee vorzeitig zu beerdigen. Das tat der Planungsausschuss dann auch mehrheitlich.

Genau das kritisiert FDP-Gemeinderat Kunzmann. "Wir müssen perspektivisch denken und sollten nicht einfach Alternativen vor irgendwelchen Entscheidungen ausschließen. Eine Absichtserklärung für Ideen sollte doch am Anfang stehen. Auch wenn diese dann im Prozess wieder verworfen werden." Die Nachbarn aus Neubiberg übrigens haben wie der Mobilitätsausschuss des Kreistags eine Absichtserklärungen pro Uni-Tram gefasst. Gerade für Neubiberg und das dortige Universitätsgelände würde die Anbindung über eine Tram enorme Vorteile bieten. Die erforderlichen Flächen stünden hier zur Verfügung. Auch der Bezirksausschuss Ramersdorf-Perlach will die Straßenbahn.

Der Landkreis baue im Süden "Luftschlösser".

Dass sich in Ottobrunn ein anderes Bild abzeichnet, liegt an einer Besonderheit der Gemeinde: Sie ist so dicht bebaut wie keine andere Kommune entsprechender Größe in der Republik. "Daher sehe ich keine Vorteile für uns", sagt SPD-Fraktionschefin Ruth Markwart-Kunas. "Bei uns funktioniert der 210er Bus sehr gut, mit vielen Haltestellen. Eine Tram hätte auf derselben Trasse deutlich weniger Stationen." Loderer sagt, das sei auch eine Konsequenz daraus, "wie uns der Landkreis vor 60 Jahren geschaffen hat". 1955 wurde der damalige Unterhachinger Ortsteil in den Rang einer Gemeinde gehoben. "Aber man darf sich heute nicht wundern, dass wir uns dann auch gegen Projekte stellen, die wir so nicht stemmen können."

Projekte, über die Loderer auch im Kreistag beraten und entscheiden muss. Dort wurde im Februar das Perspektivpapier für den Landkreis vorgestellt, das nicht zuletzt Landrat Christoph Göbel (CSU) als "visionär" bezeichnete. Darin enthalten ist auch eine Stadtbahn von Neuperlach über Neubiberg und Ottobrunn bis Brunnthal. "Allerdings in aller Kürze. Das zeigt, dass diese Idee von den Planern der Studie nicht ernst genommen wird", sagt Loderer. Ottobrunns Bürgermeister kritisiert darüber hinaus, dass in dem Papier für den nördlichen Landkreis sehr konkrete und auch realisierbare Projekte - wie eine Trambahn von Garching über Unter- bis Oberschleißheim oder der Ausbau des Münchner Nordrings - enthalten sind. "Aber wenn es in den Süden geht, wird die Studie eher schwach", findet der Rathauschef. Der Kreistag baue hier "Luftschlösser" - wie eben die Tram.

In einem Punkt sind sich Loderer, Kunzmann und auch Neubibergs Rathauschef Günter Heyland (Freie Wähler) einig: Höchste Priorität habe der zweigleisige Ausbau der S 7 auf dem Ost-Ast. "Das ist das Projekt, das wir am dringendsten brauchen", sagt Loderer. "Auch wenn ich das selbst wohl nicht mehr erleben werde."

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