Touristen über Bayern:"Die tragen Lederhosen - aber nicht als Verkleidung"

Sind alle Deutschen so streng wie Angela Merkel? Jedes Jahr kommen Hunderttausende Touristen nach München - mit Fragen und Vorurteilen im Gepäck. Eine Umfrage am Münchner Flughafen.

Corinna Nohn

8 Bilder

Neuer Pächter im Münchner Hofbräuhaus

Quelle: dpa/dpaweb

1 / 8

Pünktlich, ordentlich, humor- und emotionslos - das sind die gängigsten Klischees, die man im Ausland über die Deutschen pflegt. Und was ist, bitte schön, mit Bayern, dem bei Touristen beliebtesten deutschen Bundesland? Die Süddeutsche Zeitung hat Touristen bei ihrer Einreise auf dem Münchner Flughafen nach ihren Erwartungen gefragt - und am letzten Tag ihres Aufenthalts in Bayern nachgehakt, was aus ihren Plänen geworden ist. Wie hat es den Besuchern beispielsweise im Hofbräuhaus gefallen?

-

Quelle: SZ

2 / 8

Patrick Irish, 28, Börsenhändler und Jasmine Pendergrast, 26, aus den USA

Aufenthalt in Deutschland: fünf Tage

Pläne: das echte Biergartenerlebnis, Schlösser und Geschichte

Sie fragen sich: Was bitte finden Amerikaner am Hofbräuhaus so toll?

Fünf Tage später: "Wir haben es uns ja am Anfang nicht getraut zu sagen, aber wir haben schon gedacht: Die Deutschen sind kühl, nicht besonders emotional oder freundlich. Aber ganz im Gegenteil! Wir standen zum Beispiel in München in so einer Seitenstraße mit unserem Stadtplan und haben den Weg nicht gefunden, und sofort kam jemand, der uns an die Hand genommen hat. Aber es gab eine Ausnahme: das Hofbräuhaus, obwohl davon in Amerika immer alle schwärmen. Es waren viel zu wenige Kellner im Einsatz, und wir zwei Touristen, die kein Deutsch können, mittendrin. Wir haben eine Viertelstunde lang vergeblich versucht, ein Bier zu bestellen - einfach, um ein Foto als Andenken zu schießen. Dann sind wir völlig genervt gewesen und demonstrativ aufgestanden, um uns eine andere Kneipe zu suchen."

-

Quelle: SZ

3 / 8

John Gleeson, 46, Ingenieur und Anne Gleeson, 46, Laura, 16, Kevin, 13, Harry, 10, Fiona und Claire, 7, aus Irland

Aufenthalt: zwei Wochen

Pläne: Appartement am Tegernsee, schwimmen, Kaltenberger Ritterturnier, München, Alpen

Frage: Können wir uns Urlaub in Deutschland leisten?

Zwei Wochen später: "Am Tag unserer Ankunft war ja Superwetter, dann hat es leider drei Tage durchgeregnet. Deshalb haben wir nacheinander alle Schlösser abgeklappert und alles, wirklich alles über Ludwig II. gelernt. Aber was für ein trauriger, einsamer Mensch König Ludwig II. war! Besonders verrückt fanden wir diesen Tisch, der durch den Boden hochgefahren werden konnte - so wollte er sein Essen serviert bekommen, ohne einen Menschen zu sehen. Das Beste an den Schlössern war, dass die Kinder freien Eintritt hatten. Wir sind ja hauptsächlich deshalb nach München geflogen, weil die Flugtickets so billig waren, bei fünf Kindern müssen wir auf so etwas achten."

-

Quelle: SZ

4 / 8

Liliana Klonowska, 27, Deutschlehrerin und Daniel Perskawiec, 27, Lehrer aus Polen, die in Nordirland leben

Aufenthalt: ein paar Stunden

Pläne: Durchreise nach Österreich

Frage: Wie kommen wir schnell und günstig über die Grenze?

Sieben Stunden später: "Wir haben mal wieder gesehen: Hier ist alles total durchorganisiert. Wir sind mit der Regionalbahn nach Österreich gefahren und hatten uns dafür ein Bayernticket gekauft. Wir wussten, dass wir da unseren Namen eintragen müssen, Liliana spricht ja Deutsch. Aber wir dachten halt: Nur kein Stress, das kann ja auch der Schaffner machen. Aber als die anderen Leute im Zug das gesehen haben, kamen sie sofort auf uns zu und haben uns gedrängt, unsere Namen einzutragen. Es gibt Regeln, und die muss man einhalten, basta. Wir haben dann auch gehört, dass in einigen ICE-Zügen die Klimaanlagen ausgefallen sind und alle Reisenden 500 Euro Entschädigung bekommen. In Polen oder in Nordirland würde dafür nie jemand eine Entschädigung bekommen."

-

Quelle: SZ

5 / 8

Eleni Girmay, 33, Krankenschwester aus Eritrea, lebt in Schweden

Aufenthalt: 3 Tage

Pläne: Stadtrundfahrt, Neuschwanstein, feiern, shoppen

Frage: Welche Bar ist zu empfehlen?

Drei Tage später: "Man merkt, dass die Leute hier viel Geld haben, besonders in München sind sie sehr schick angezogen. An einem Abend sind meine Freunde und ich dann auch prompt in einen Club nicht reingekommen, P1 heißt der. Wir dachten zuerst, es liegt vielleicht an den Klamotten, aber die Türsteher haben gesagt, man müsste auf der Gästeliste stehen. Dabei hatten wir extra den Portier in unserem Hotel gefragt, wo man abends am besten hingeht, und der hatte uns den Club empfohlen. Dass wir nicht reinkamen, hat mich schon gewundert, denn es schien gar nicht so viel los zu sein, es standen auch keine Leute in der Schlange. Später habe ich dann gehört, dass dort viele Prominente hingehen."

-

Quelle: SZ

6 / 8

Li-Chien Tseng, 21, Studentin

Heimatland: Taiwan

Aufenthalt: neun Tage

Pläne: Frankfurt, Heidelberg, Würzburg, Nürnberg, München, Disney Castle

Frage: Gibt es in Deutschland keine Wolkenkratzer?

Neun Tage später: "Mit meiner Freundin habe ich in Bayern das volle Programm durchgezogen, Würzburg, Nürnberg, München. Von dort aus haben wir auch noch Ausflüge in die Alpen und die Umgebung gemacht. Diese ganzen historischen, pittoresken Städte zu besuchen, fand ich sehr anstrengend. Für Touristen ist das ja wunderschön, aber wie kann man da leben? Für mich wäre das nichts, diese alten Gebäude. Meine deutsche Lieblingsstadt ist Frankfurt: modern, sauber, ein paar Wolkenkratzer. Ich mag moderne Städte. Deshalb hat mir auch Disney Castle nicht gefallen. Von außen sieht es ja ganz putzig aus, aber innen ist es schrecklich düster und bedrückend."

-

Quelle: SZ

7 / 8

Al Hadi Almutairi, 48, Flugkapitän und Fahad Almutairi, 14, Schüler aus Kuwait

Aufenthalt: eine Woche

Pläne: Düsseldorf, Freibäder, shoppen

Frage: Wer ist hier konservativ?

Eine Woche später: "Meine Frau und ich waren 1986 das erste Mal in Deutschland im Urlaub, und seitdem hat sich viel verändert. Vor allem können alle viel besser Englisch sprechen als früher. Anfangs, in den 80ern, hatten wir oft Probleme, jemanden zu finden, der uns versteht - das war dieses Mal überhaupt kein Problem. Im Hotel, in den Geschäften, auch bei unseren Ausflügen aufs Land haben wir immer jemanden gefunden, der Englisch kann. Früher waren die Leute auch sehr zurückhaltend uns gegenüber, skeptisch, haben kaum gelächelt. Heute sind alle viel offener, kommen auch mal auf uns zu. Manchmal müssen wir schmunzeln, weil wir sehen, dass die Deutschen uns für sehr konservativ halten, aber eigentlich sind sie selbst ziemlich konservativ."

-

Quelle: SZ

8 / 8

Gregor Sklavounos, 14, Schüler und Dimitris Sklavounos, 58, Immobilienmakler aus Griechenland

Aufenthalt: zwei Wochen

Pläne: Freunde im Allgäu besuchen, Alpen, Bodensee, München

Frage: Sind alle Deutschen so streng wie Frau Merkel?

Zwei Wochen später: "In Griechenland denken alle, die Deutschen sind sehr streng, ziehen ihr Ding durch - besonders seit der Finanzkrise. Aber unsere Bekannten haben uns mit zu einem Musikfest nach Kempten genommen, und das war einfach unglaublich. So viele Blaskapellen! 80, 90 Gruppen haben mitgemacht, und nicht nur alte Leute. Es gab viele junge, die diese alten Instrumente lernen, Volksmusik spielen, Lederhosen und Tracht tragen. Aber nicht wie eine Verkleidung, sondern ganz selbstverständlich. Das fanden wir sehr romantisch."

© SZ vom 31.08.2010/mar
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: