Taufkirchen:Von Schlampentribunal bis Mädchenchor

Taufkirchen: Große Gefühle: Mit ihren bewegenden Adaptionen von Rock- und Pop-Klassikern erzeugen "Scala & Kolacny Brothers" oft Gänsehautstimmung beim Publikum.

Große Gefühle: Mit ihren bewegenden Adaptionen von Rock- und Pop-Klassikern erzeugen "Scala & Kolacny Brothers" oft Gänsehautstimmung beim Publikum.

(Foto: oh)

Das neue Taufkirchner Kulturprogramm wartet mit einem üppigen Angebot auf - neben stets beliebten Veranstaltungen wie Kabarett oder "Opern auf Bayrisch" gibt es auch ungewöhnliche Theaterstücke und ausgefallene Konzerte

Von Udo Watter, Taufkirchen

Je größer der Superlativ, desto dramatischer die Fallhöhe: Helena, früher als schönste Frau der Welt umschwärmt und Auslöserin des Trojanischen Krieges, ist ein alternde Diva geworden. Eine Untote, die im Hinterhof des Welttheaters dahindämmert und leider auch noch mit göttlicher Unsterblichkeit gesegnet ist. Dass sie mit der Aussicht auf den ewigen, einsamen Herbst des Lebens in Depressionen verfällt, kann man nachvollziehen, und dass sie ihrer Wut auf die Welt Ausdruck verleiht, auch: Die großartige Berliner Diseuse und Travestie-Ikone Georgette Dee spielt in Miguel del Arcos Stück "Plädoyer für eine Schlampe" die gefallene antike Femme fatale Helena und demontiert dabei lustvoll Mythologie und männliche Geschichtsdeutung. Georgette Dee, sonst eher auf den Bühnen deutscher Metropolen wie Berlin, Hamburg oder München zu Hause, hält ihren "Schlampentribunal"-Monolog am 10. März 2017 im Kulturzentrum Taufkirchen - es dürfte einer der besonderen Abende in der kommenden Spielzeit sein.

Freilich ist das Programm für die neue Saison 2016/17 - der Abo-Verkauf findet in diesem Monat noch bis zum 30. April statt - so üppig und vielfältig, dass für viele Geschmäcker die ein oder andere Besonderheit zu finden wäre. "Klein bleiben ist keine Kunst", sagt Michael Blume, Leiter des Taufkirchner Kulturzentrums, angesichts der Vielzahl an Veranstaltungen. "Ich stehe auch hinter allem, was wir machen."

Das beinhaltet zum einen originelle und eher ungewöhnlichere Angebote wie eben Georgette Dees Auftritt oder die gesellschaftskritische Komödie ""Die Deutsche Ayse - türkische Lebensbäume" und die Realsatire "Vorhaut". Zum anderen gastieren von September bis Mai auch etliche traditionelle Publikumsmagneten aus Kabarett und Comedy - von Wolfgang Krebs, der die Saison am 17. September eröffnet, über Chris Böttcher, Günter Grünwald, Django Asül bis zu Martina Schwarzmann und Markus Maria Profitlich. "Das sind Wiederholungstäter", erklärt Blume schmunzelnd, "da profitieren wir natürlich davon, dass wir das größte Haus im Münchner Süden sind." Auch andere Künstler wie die Queenz of Piano oder die Munich Swing Society hat er ob der guten Resonanz erneut engagiert: "Da waren die Leute total aus dem Häuschen." Zudem stehen diverse Musicals - "Men in Black", "A Tribute to Freddy Mercury" oder "Les Miserables" - auf dem Programm oder Ballett-Aufführungen wie "Der Feuervogel" und "Carmen" mit Tänzern des Bayerischen Staatsballetts. Originelle Klassikkonzerte ("Ensemble 4.1") oder Crossover-Vorstellungen wie die Musik- und Breakdance-Show Brodas Bros aus Katalonien klingen ebenfalls vielversprechend. Und der Auftritt von Scala & Kolacny Brothers im November dürfte nicht nur Michael Blume bewegen, der ein großer Fan des belgischen Indie-Rock-Mädchenchores ist. "Die sind der Wahnsinn", schwärmt er von den elegischen, berührenden Arrangements des Ensembles, das nicht zuletzt mit seiner Coverversion von "Hungriges Herz" bekannt wurde. Mit den Salzburger Domkapellknaben wird das Taufkirchner Kulturzentrum im Dezember ein weiterer Chor besuchen und ein "Salzburger Weihnachtssingen" zelebrieren. Moderieren wird den Auftritt der Schauspieler und Grimme-Preisträger Harald Krassnitzer, der als Wiener Tatort-Kommissar an der Seite von Adele Neuhauser auch in Deutschland viele Fans hat. "Dass er nach Taufkirchen kommt, freut mich besonders", sagt Blume, "er hat eine tolle Ausstrahlung." Das bayerische Kolorit darf in einer Gemeinde wie Taufkirchen auch nicht fehlen: Neben den einschlägigen Kabarettisten und Liedermachern wie Michael Fitz gibt es etwa eine Vorstellung des Chiemgauer Volkstheaters ("Mei bester Freind") und "Opern auf Bayerisch" mit Gerd Anthoff. Dass so eine Palette an (teils sehr aufwendigen) Veranstaltungen nicht ganz billig ist, versteht sich. "Klar ist es manchmal eine Gratwanderung, aber gerade bei den teuren Künstlern hast du eigentlich die Gewissheit, dass das Haus ausverkauft ist", erklärt Blume. Ein Kulturzentrum wie in Taufkirchen müsse zudem ja auch keinen großen Gewinn machen, und nicht zuletzt deshalb kann es sich Blume leisten, Vorstellungen jenseits der immer-populären Mainstream-Kabarettabende zu präsentieren. Wie etwa Georgette Dee: "Ich bin sehr gespannt, wie das in Taufkirchen ankommt."

Der Abo-Verkauf für die Spielzeit 2016/17 läuft noch bis zum 30. April. Es gibt einen Rabatt von zehn Prozent bei sechs Veranstaltungen, 15 Prozent bei acht und 20 Prozent bei zehn frei auszuwählenden Veranstaltungen. Weitere Informationen unter www.kulturzentrum-taufkirchen.de oder Telefon 089/666 722 151.

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