Taufkirchen:Pötke klagt gegen den Freistaat

Taufkirchen: Die Steuer-Causa Jörg Pötke passt längst nicht mehr auf einen Bierdeckel. Der Richter muss nun entscheiden, wer falsch gerechnet hat.

Die Steuer-Causa Jörg Pötke passt längst nicht mehr auf einen Bierdeckel. Der Richter muss nun entscheiden, wer falsch gerechnet hat.

(Foto: Claus Schunk)

Taufkirchens Ex-Bürgermeister sieht sich zu Unrecht als Steuerhinterzieher verurteilt. Das Finanzamt habe Fehler gemacht.

Von Iris Hilberth, Taufkirchen

Als der frühere CDU-Politiker Friedrich Merz einst seine Idee einer Steuerreform erklärte, nach der jeder Bürger seine Einkommensteuererklärung auf einem Bierdeckel notieren könnte, hatte der Finanzexperte der Union offenbar nicht die komplizierte Causa Jörg Pötke im Blick. Dessen Erklärungen aus seinen Einkünften als Zahnarzt an das Finanzamt, die Bescheide der Behörde an den als Bürgermeister von Taufkirchen bekannt gewordenen Pötke und die Korrespondenz wegen diverser Gerichtstermine zu diesem Thema füllen inzwischen einige Ordner.

Pötke spricht von falschen Zahlen

Der Fall und sein bisheriges Urteil ist kompliziert oder, wie der Vorsitzende Richter am Landgericht München I, Frank Tholl, am Mittwoch meinte, "ein bisschen merkwürdig". Tatsache ist: Vor bald vier Jahren war der damalige Taufkirchner Bürgermeister wegen Steuerhinterziehung zu zehn Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden. Pötke musste zudem 8000 Euro zahlen. Das will dieser so nicht auf sich sitzen lassen. Er ist überzeugt: Das Urteil beruht auf falschen Zahlen.

Pötke war damals als Bürgermeister politisch ziemlich unter Druck, man warf ihm Mobbing vor, die Bediensteten im Rathaus begehrten auf und seine politischen Gegner attackierten ihn heftig. Das Ende der Geschichte war seine Amtsenthebung. Zudem waren auch die Steuerbehörden auf ihn aufmerksam geworden und schickten ihm Steuerfahnder ins Haus, die durchaus auch fündig wurden. Pötke erklärt das heute so: "Ich habe meinen Zahnarztberuf damals aufgegeben, weil ich gesundheitliche Probleme durch die ständige Fehlhaltung meines Kopfes bei der Behandlung meiner Patienten hatte. Dadurch hatte ich viele Krankentage und ein geringeres Einkommen."

Knackpunkt sollen die betrieblichen Ausgaben sein

Dem Finanzamt soll das aber seltsam vorgekommen sein, also durchforsteten die Beamten die Einkünfte des Doktor Pötke und stießen dabei auf regelmäßige Zahlungen - nämlich das Krankengeld seiner Versicherung. Wie viel er nun wann an Steuern zu zahlen hatte, lässt sich für die Jahre 1999 bis 2004 schwer nachvollziehen. Offenbar hatte auch das Finanzamt damit gewisse Schwierigkeiten. Jedenfalls einigte man sich damals auf eine sogenannte finanzrechtliche Verständigung, was in etwa einem Vergleich entspricht. Knackpunkt bei der Sache ist anscheinend - so stellen es Pötke und sein Anwalt dar -, was bei der Verständigung vereinbart worden war: dass die betrieblichen Ausgaben der Zahnarztpraxis bei der Berechnung der Steuerschuld nicht abgezogen werden, die dadurch errechnete Summe aber nicht strafrechtlich relevant sein soll.

In der jetzigen Verhandlung gegen den Freistaat Bayern klagt Pötke auf Amtshaftung, weil er den Finanzbehörden Fehler vorwirft. Vor allem habe er nie eine von ihm mehrfach geforderte Aufschlüsselung der Zahlen bekommen, merkte Pötke an. Klar wurde, dass in dieser Geschichte um Steuererklärung und Steuerhinterziehung ständig von anderen Zahlen die Rede ist. Erst soll es um fast 200 000 Euro gegangen sein, dann um 71 000, dann um 56 000 und wiederum um 59 000.

Nun hat das Gericht auch noch ausgerechnet, dass Pötke 3477 Euro zu viel berechnet worden sein sollen. Was aber, wie der Richter anmerkte, keinen Einfluss auf die Strafe haben würde. Allerdings zeigte er sich verwundert darüber, dass Pötke in dem Verfahren im September 2012 geständig war, obwohl er die Zahlen anzweifelt. "Wenn man es Ihnen nicht hätte nachweisen können, wären Sie freigesprochen worden."

Ehemaliger Bürgermeister fühlte sich in die Enge getrieben

Pötke begründet sein damaliges Geständnis mit seiner Situation zu diesem Zeitpunkt. "Ich war ja noch Bürgermeister und ich fühlte mich ziemlich in die Enge getrieben", sagt er heute. Unter dem Druck im politischen Raum hätten Beweisermittlungen für ihn zusätzliche Schwierigkeiten bedeutet. Die Verurteilung als Steuerhinterzieher machte die Sache für ihn dann aber im Kampf um sein Amt nicht leichter. Der Anwalt der Gegenseite fragte sich vor allem, "warum das Finanzamt an der Verurteilung Schuld sein soll". Richter Tholl will seine Entscheidung am 21. September verkünden.

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