Taufkirchen:Mitläufer oder Täter?

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Große Nähe zu den Nazis: Der damalige Reichsmarschall Hermann Göring bei einem Besuch am 27. Februar 1941 in den Messerschmitt-Werken in Augsburg. Rechts von Göring steht Willy Messerschmitt. (Foto: Scherl/Süddeutsche Zeitung Photo)

Die Rolle von Willy Messerschmitt in der Nazizeit wird unterschiedlich beurteilt

Willy Messerschmitt (1898-1978) gilt als "begnadeter Flugzeugbauer", wie TU-Präsident Wolfgang Herrmann ihn einmal bezeichnet hat. Nach dem Ersten Weltkrieg studierte er in München Ingenieurwissenschaften. Der Firmengründer baute zunächst zivile Flugzeuge. 1933 trat er in die NSDAP ein und wurde zum Wehrwirtschaftsführer ernannt. 1938 bekam er zusammen mit Ernst Heinkel den deutschen Nationalpreis, 1939 wurden die Messerschmittwerke als "Nationalsozialistischer Musterbetrieb" ausgezeichnet.

Später wendete sich das Blatt. Es gab schwerwiegende technische Probleme mit der von ihm mitentwickelten ME 210 und Differenzen mit der Luftwaffenleitung. Messerschmitt wurde in seinem eigenen Betrieb 1942 entmachtet. Er sei von seinen Gegnern kaltgestellt worden, sagen seine Fürsprecher und argumentieren, deswegen könne es ihm nicht angelastet werden, dass 1943 Zwangsarbeiter in seinem Betrieb eingesetzt wurden, um unter Hochdruck neue Flieger für die Luftwaffe zu bauen. Dem widerspricht der Bochumer Historiker Lutz Budraß, der sich mit der Flugzeugindustrie und Luftrüstung unter den Nazis beschäftigt hat. Messerschmitt habe sich selbst 1942 an Hitler gewandt, um die Flugzeugproduktion in unterirdischen Anlagen voranzubringen. Dabei habe er sich ausdrücklich auch dafür ausgesprochen, KZ-Häftlinge einzusetzen. Sie arbeiteten unter schlechtesten Bedingungen, viele kamen dabei zu Tode. Peter Paul Gantzer, SPD-Landtagsabgeordneter aus Haar, hatte sich bereits 2006 mit dem Thema befasst, als im Garchinger U-Bahnhof eine Gedenktafel für Messerschmitt aufgehängt wurde. Er schrieb damals: Aufgrund der Tatsachen sei klar, "dass Messerschmitt nicht Mitläufer oder gar ein unterdrückter Wissenschaftler war. Vielmehr war er Täter". Nach dem Krieg wurde Messerschmitt als Mitläufer eingestuft. Bekannt wurde er erneut mit dem Messerschmitt Kabinenroller. Nach 1955 baute er wieder Flugzeuge für die deutsche Luftwaffe. 1964 erhielt er den Bayerischen Verdienstorden. 1969 entstand durch Fusion das Unternehmen Messerschmitt-Bölkow-Blohm (MBB) mit Sitz in Ottobrunn.

© SZ vom 19.12.2015 / SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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