Taufkirchen:6400 Klicks für den Pfarrer

Joachim Rohrbach

Pfarrer in dritter, Musiker in erster Generation: Joachim Rohrbach spricht die Jugend an.

(Foto: oh)

Joachim Rohrbachs musikalische Gottesdienste und Konzerte füllen Kirchen und Hallen - auch seine Videos sind ein Erfolg

Von Frederick Mersi, Taufkirchen

Aus den beiden großen christlichen Kirchen in Deutschland treten mehr Mitglieder aus als jemals zuvor. Doch während der Trend national nach unten zeigt, verhält es sich in Taufkirchen anders: Bei den "Rendezvous"-Gottesdiensten in der Jerusalemkirche sind die Bänke regelmäßig voll besetzt. "Wir haben ja keine Riesenkirche", merkt Pfarrer Joachim Rohrbach an, doch etwa 250 Besucher finden im Innenraum Platz. Dieses Potenzial wird bei den musikalischen Gottesdiensten des 39-Jährigen ausgereizt: "Es ist einfach voll, so wie an Weihnachten."

Angefangen habe er vor etwa fünf Jahren mit etwa 60 Besuchern, berichtet er. Die Leute seien dabei nicht nur von der Musik begeistert, sondern auch von der Botschaft. Ein Pfarrer, der statt im Talar Texte vorzulesen, in Hemd und Jeans als Leadsänger einer Band auftritt: Das zieht auch junge Leute an, ein Publikum, das traditionellen Morgengottesdiensten normalerweise mehrheitlich fernbleibt. Wer auf der Videoplattform Youtube "Der Singende Pfarrer" eingibt, stößt nach dem konkurrenzlos populären irischen Priester Ray Kelly direkt auf Rohrbach im Duett mit Pianistin Carina Kunze. Über 6400 Aufrufe verzeichnete das Video in neun Monaten. "Musik spricht die Leute einfach ganzheitlich an", erklärt Pfarrer Rohrbach die Resonanz. Obwohl alle Musiker in seiner Rendezvous-Band ehrenamtlich aktiv sind, legt er Wert auf qualitativ hochwertige Auftritte: "Wir proben schon Wochen und Monate vorher." Das Ergebnis: ein "Riesenerfolg", wie er selbst sagt, und die Ausweitung des Konzeptes auf Konzerte.

Im Dezember füllte "der singende Pfarrer" mit seiner Band für einen guten Zweck auch die Stadthalle in Neukeferloh mit gut 500 Zuschauern. Die Predigt fällt bei den Konzerten natürlich weg, doch eine Botschaft soll auch hier vermittelt werden. "Ich erkläre vor jedem Song, weshalb wir ihn spielen und welche Bedeutung er für uns hat", merkt Rohrbach an, der vor seinem Wechsel nach Taufkirchen noch in der Jesuskirche in Haar angestellt war. Dann wurde seine Stelle von der Landeskirche auf eine halbe Stelle reduziert, ein Wechsel war nötig: "Von 50 Prozent kann ich nicht leben. Ich habe ja auch zwei Kinder." Viele Gottesdienstbesucher aus Haar sind ihm treu geblieben und besuchen auch die Abendgottesdienste in Taufkirchen. Sogar aus Germering, wo Rohrbach vor seiner Zeit in Haar gearbeitet hatte, machen sich einige regelmäßig auf den Weg. Auch außerhalb seiner Gemeinde tritt er immer wieder im Duett mit seiner Partnerin Carolin Bommhardt auf: In der Münchner Lounge Leo90 ist das Paar als Vocal Collage jeden vierten Mittwoch im Monat zu sehen und zu hören.

Trotz der Popularität seiner Veranstaltungen und seiner Leidenschaft für die Musik will der Pfarrer in dritter Generation nicht an den traditionellen Gottesdiensten am Sonntagmorgen rütteln. Das Ziel des Rendezvous-Konzepts sei es, gerade auch kirchenferne Menschen anzusprechen, daher der säkulare Titel. "Aber es ist wichtig, dass es diesen klassischen Gottesdienst am Morgen gibt", stellt Rohrbach klar und fügt an: "Dieses Traditionelle ist auch ein wichtiger Teil von mir." Einzig eine Versteifung auf diese Gottesdienstart sieht er kritisch: "Es muss auch andere Formen geben."

Das Konzert mit seiner Rendezvous-Band unter freiem Himmel bietet am Sonntag, 26. Juli, von 19 Uhr an im Innenhof der Jerusalemkirche in Taufkirchen eine bunte Mischung aus Eigenkompositionen, umgeschriebenen und Originalstücken. Es sind Konzepte wie diese, die den großen Landeskirchen mit ihren großen Problemen vor Ort wieder junges Leben einhauchen können.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: