Taufkirchen:Feinstaubmessung im Kinderzimmer

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Forscher untersuchen in Taufkirchen Schadstoffbelastung und andere Umwelteinflüsse auf Jugendliche

Von Iris Hilberth, Taufkirchen

Wie gesund ist das Wohnumfeld von Kindern und Jugendlichen tatsächlich? Welchen möglicherweise schädlichen Substanzen sind sie aufgrund der Ausstattung ihrer Wohnung und Verwendung von bestimmten Produkten ausgesetzt und wie ernähren sie sich? All das sind Fragen, die das Bundesumweltamt derzeit anhand einer vierjährigen Umweltstudie beantworten möchte. In 167 Städten und Gemeinden in Deutschland nehmen daher 2500 Kinder und Jugendliche im Alter von drei bis 17 Jahren an der Untersuchung teil. So soll herausgefunden werden, welche Umwelteinflüsse junge Menschen belasten. Von diesem Dienstag an wird auch in Taufkirchen ein Untersuchungsteam unterwegs sein und den freiwillig teilnehmenden Familien einen Besuch abstatten.

Diese wurden zufällig über die Einwohnermeldeämter ausgewählt und sollen ihre Altersgruppe für ganz Deutschland repräsentieren. Das Untersuchungsprogramm in dieser Woche ist umfangreich und dauert pro Haushalt etwa zwei Stunden. Dabei werden Blut- und Urinproben der Kinder und Jugendlichen auf zahlreiche Umweltschadstoffe untersucht. Auch Proben von Trinkwasser, Hausstaub und Innenraumluft werden genommen. Zudem wird der Schallpegel gemessen. Bei der chemischen Analyse dieser Proben werden Stoffe aus der Umwelt bestimmt, von denen bekannt ist oder von denen vermutet wird, dass sie zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen können. Dazu gehören Schwermetalle wie Blei und Quecksilber aber auch organische Verbindungen wie Benzol oder polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, die als potenziell krebserregend gelten und beispielsweise in Spuren in Benzin enthalten sind. Sie können sich an stark befahrenen Straßen im Hausstaub anreichern. Auch Phtalate, die als Weichmacher in Kunststoffen enthalten sind, haben die Initiatoren der Studie im Visier. Denn sie können den Stoffwechsel durcheinander bringen und stehen im Verdacht, ähnlich wie Hormone zu wirken. Auf der Untersuchungsliste stehen zudem Lösungsmittel aus Lacken sowie Schädlingsbekämpfungsmittel, die Schleimhäute reizen können.

Außerdem werden bei den Hausbesuchen die Eltern und ab einem Alter von elf Jahren auch die Kinder selbst befragt. Dabei geht es darum, möglichen Schadstoffquellen auf die Spur zu kommen. Die Probanden sollen Auskunft über ihre Lebensgewohnheiten, Ernährungsvorlieben und Hobbys geben. Zudem werden Fragen zur Gesundheit des Kindes gestellt und der Lärmpegel vor dem Kinderzimmerfenster gemessen. Wenn die Familien einverstanden sind, wird zusätzlich ein gefüllter Staubsaugerbeutel eingesammelt. Auch können kleine Geräte in der Wohnung aufgehängt werden, die sieben Tage lang Feinstaub in der Luft sammeln und Umweltschadstoffe erfassen.

Insgesamt hat das Bundesamt in den vergangenen 30 Jahren fünf Umweltstudien zur Gesundheit durchgeführt, bei zwei lag das Hauptaugenmerk auf Kindern und Jugendlichen. Denn die junge Generation gilt als Risikogruppe für Gesundheitsbeeinträchtigungen durch die Umwelt. Das liegt zum einen daran, dass sich der Körper junger Menschen in der Entwicklung befindet und dadurch besonders anfällig ist. Umwelteinflüsse werden von ihnen oft anders verarbeitet als von Erwachsenen. Auch nehmen Kinder und Jugendliche aufgrund ihres geringeren Körpergewichts in Relation mehr Schadstoffe auf. Bei Kleinkindern kommt noch hinzu, dass sie viel auf dem Fußboden oder im Sand spielen und Dinge oft in den Mund nehmen.

Mit den Ergebnissen der bisherigen Studien wurde laut Umweltbundesamt zum Beispiel nachgewiesen, dass Schimmel in Wohnungen das Allergierisiko erhöht. Auch darf aufgrund der Daten aus den Jahren 2003 bis 2006 der fortpflanzungsschädigende Weichmacher DEHP seit 2007 in Europa nicht mehr in Babyartikeln und Kinderspielzeug verwendet werden. Empfohlen wurde aufgrund der Studien zudem, keine Amalgamfüllungen für Kinder mehr zu verwenden. Auch die soziale Verteilung von Umweltbelastungen wird mit den Daten der Studien analysiert. Dabei hat sich herausgestellt, dass sozial benachteiligte Bevölkerungsgruppen häufiger und stärker von Umweltproblemen betroffen sind.

© SZ vom 07.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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