Taufkirchen:Autobahn bleibt während Demo offen

Taufkirchen: Matteo Dolce, Taufkirchner SPD-Gemeinderat, zeigt sich enttäuscht angesichts der Entscheidung des Verwaltungsgerichts.

Matteo Dolce, Taufkirchner SPD-Gemeinderat, zeigt sich enttäuscht angesichts der Entscheidung des Verwaltungsgerichts.

(Foto: Claus Schunk)

Das Verwaltungsgericht lehnt den Eilantrag von SPD und Grünen ab: Die Kundgebung für mehr Lärmschutz ist kein Grund, die A 995 bei Taufkirchen eine Stunde zu sperren

Von Iris Hilberth, Taufkirchen

Die für kommenden Montag geplante Demonstration auf der Giesinger Autobahn darf nicht stattfinden. Das Verwaltungsgericht München lehnte am Donnerstag einen Eilantrag der Taufkirchner Ortsverbände von SPD und Grünen ab, die Klage gegen ein Verbot des Landratsamts eingereicht hatten. Die Behörde hatte den Veranstaltern untersagt, die Fahrbahnen der A 995 am 27. Juni zwischen den Anschlussstellen Taufkirchen-West und Oberhaching zu sperren, um am frühen Abend eine Stunde lang auf der Autobahn für besseren Lärmschutz zu demonstrieren.

Die Richter folgten mit ihrer Entscheidung der Argumentation des Landratsamts, das eine Sperrung der Bundesfernstraße für eine zu große Beeinträchtigung des Straßenverkehrs hält. Zudem wurde das Verbot mit einer Gefährdung der Sicherheit begründet.

Die Taufkirchner Gemeinderäte Matteo Dolce (SPD) und David Grothe (Grüne) hatten den Bescheid des Landratsamts nicht akzeptieren wollen, da sie ihr Recht auf Versammlungsfreiheit in Frage gestellt sahen. Vom Gericht erwarteten sie daher auch ein deutliches Signal, ob Autobahnen tatsächlich als demonstrationsfreie Räume anzusehen sind. Diese Frage hat die Kammer in ihrer Begründung nicht grundsätzlich geklärt, sie schreibt aber, dass die Nutzung solcher Straßen "nur in Ausnahmefällen" in Betracht komme.

Demonstriert werden soll innerorts

Die Richter sind überzeugt, dass Straßen mit überörtlicher Bedeutung - zu denen sie auch die A 995 zählen - in weitaus geringerem Umfang als innerörtliche Straßen und Plätze "der öffentlichen Kommunikation gewidmet" seien. Das heißt: Demonstriert werden soll innerorts, "hier würden Forderungen einem allgemeinen Publikum zu Gehör gebracht", so das Gericht weiter. Auf der A 995 hingegen sei das weitgehend unmöglich. Es bestehe kein Sichtkontakt zur Wohnbebauung, der kommunikative Prozess mit Dritten trete in den Hintergrund.

Aus diesem Grund gehen die Richter davon aus, dass es den Veranstaltern mit einer Versammlung auf der Autobahn vor allem darum geht, möglichst öffentlichkeitswirksam ihre Forderungen nach einem verbesserten Lärmschutz geltend zu machen. Eine Behinderung Dritter werde damit nicht nur als Nebenfolge in Kauf genommen, sondern beabsichtigt.

Nach Ansicht des Gerichts hätte eine Demonstration auf der A 995 "nicht mehr hinzunehmende Auswirkungen" auf die Verkehrsteilnehmer, die zu erwartenden Behinderungen würden "eine zumutbare Zeitspanne" überschreiten und wären somit "keine lediglich geringfügigen und hinzunehmenden Beeinträchtigungen mehr". Diese seien durch die Belange der Demoteilnehmer nicht gerechtfertigt.

Schutz von Leib und Leben

Die Straße diene als Hauptverkehrsader und sei für einen reibungslosen Verkehrsfluss im südlichen Teil des Ballungsraums München unabdingbar. Vor allem reiche die von den Veranstaltern geplante einseitige Sperrung nach Ansicht des Gerichts nicht aus. Zum Schutz von Leib und Leben der Versammlungs- und Verkehrsteilnehmer sowie der eingesetzten Beamten wäre es erforderlich, beide Fahrtrichtungen der A 995 komplett zu sperren.

Matteo Dolce bezeichnete die Entscheidung als "enttäuschend". Es sei schade, dass hiermit das Signal gegeben werde, dass die Belange der Autofahrer als höher angesehen würden als der Lärmschutz und das Versammlungsrecht. "Es ist frustrierend, als demokratische Partei zu sehen, dass Gruppen wie Pegida regelmäßig den Verkehr lahmlegen dürfen", sagt er.

SPD und Grüne in Taufkirchen würden zwar noch überlegen, ob sie die Entscheidung des Gerichts so akzeptierten, "doch hat das Gericht klar Stellung bezogen", gibt Dolce in Hinblick auf einen möglichen Gang in die nächste Instanz zu bedenken. Schließlich sei dies auch eine Kostenfrage.

"Man opfert die Versammlungsfreiheit."

Auch David Grothe bezweifelt, ob zwei kleine Ortsverbände dies stemmen könnten. "Bis Montag schaffen wir das eh nicht", sagt der Grünen-Gemeinderat. Er sei von der Entscheidung "nicht riesig überrascht", räumt er ein. Gleichwohl findet er die Begründung "sehr seltsam", wie er sagt: "Man will den Autofahrern die Autobahn nicht wegnehmen und opfert stattdessen die Versammlungsfreiheit."

Ganz absagen wollen die Veranstalter ihre Demonstration nicht. Das Treffen am Montag von 18 Uhr an auf dem Waldparkplatz nahe der Autobahnauffahrt Taufkirchen-West findet statt.

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