Taufkirchen:Angst vor aufgeregten Anrufern

Taufkirchen: Taufkirchens parteiloser Bürgermeister Ullrich Sander.

Taufkirchens parteiloser Bürgermeister Ullrich Sander.

(Foto: Claus Schunk)

CSU und Freie Wähler lehnen eine Veröffentlichung von Unterlagen vor den Sitzungen ab - wieder einmal

Von Iris Hilberth, Taufkirchen

Vor der Sitzung des Gemeinderats rasch nachlesen, was sich etwa hinter dem Tagesordnungspunkt "Entwicklung Standort Bereich Bebauungsplan Nummer 67" verbirgt. Oder sich mal eben schlau machen, welche "Haushaltsüberschreitungen" am Abend diskutiert werden. Die SPD Taufkirchen wollte die Unterlagen für die Zusammenkünfte des kommunalpolitischen Gremiums für die Bürger vor den Sitzungen öffentlich machen, um so "mehr Transparenz" im Rathaus zu schaffen. Eine Mehrheit hat sie für diesen Vorschlag im Gemeinderat nicht gefunden. Der Antrag ist am Donnerstagabend knapp an den Gegenstimmen von CSU, Freien Wählern und Bürgermeister Ullrich Sander (parteifrei) gescheitert.

Es war nicht das erste Mal, dass der Taufkirchner Gemeinderat die Möglichkeit diskutierte, Sitzungsunterlagen vorab auf der Webseite der Gemeinde zu veröffentlichen. Bereits 2012 hatten die Grünen einen solchen Versuch gestartet, waren aber ebenso erfolglos geblieben wie jetzt die SPD. Dabei ist es durchaus möglich, die Ausarbeitungen der Verwaltung inklusive Beschlussvorschlag der Öffentlichkeit zu Verfügung zu stellen. Dinge, die der Geheimhaltung unterliegen, müssen gegebenenfalls geschwärzt werden. Einen Anspruch auf die Unterlagen gibt es für die Bürger aber nicht, es geht dabei um einen rein freiwilligen Service. Sowohl die Stadt als auch der Landkreis München, aber auch Garching, Unterschleißheim, Hohenbrunn und Kirchheim spielen da mit offenen Karten.

Auch Taufkirchen hatte in der Vergangenheit eine Zeitlang die Öffentlichkeit nicht gescheut und die Unterlagen komplett ins Netz gestellt. Bald aber rückte die Gemeinde wieder von dieser Praxis ab. Der Grund waren offenbar zahlreiche Anfragen insbesondere von Bauwerbern vor den Sitzungen, denen der Beschlussvorschlag der Verwaltung anscheinend nicht passte. Wie Michael Lilienthal (Freie Wähler) sich erinnerte, hatte er damals häufig Anrufe von Leuten erhalten, die nicht allgemein an dem Thema interessiert gewesen seien, sondern egoistische Einzelinteressen verfolgten. Er sei bei dem Thema daher hin- und hergerissen. Auch Paul Haberl (CSU) gab zu bedenken: "Das ist nicht angenehm, wenn man x Anrufe bekommt und jeder versucht, Stimmung zu machen." Eckhard Kalinowski, ehemaliger SPD-Bürgermeister und jetzt Gemeinderatsmitglied der Freien Wähler, mahnte aufgrund seiner Erfahrung: "Die Verwaltung war durch die Veröffentlichungen tagelang blockiert." Und wenn man Namen schwärze, erzeuge man nur Argwohn.

Matteo Dolce von der SPD versteht solche Befürchtungen überhaupt nicht. "Das ist doch das Ziel, dass die Leute die Möglichkeit haben, politisch etwas zu tun." Er wolle sich mit den Bürgern auseinandersetzen. "Wir müssen das aushalten." Außerdem sei die Landeshauptstadt auch nicht zusammengebrochen, weil dort lauter aufgebrachte Bürger anriefen. Auch Rudi Schwab von den Grünen betonte: "Wir sind immer für Transparenz. Die Bürger sollen wissen, worüber wir reden." Auch Beatrice Brückmann (ILT) mahnte mehr Transparenz an, "und der Bürger gehört dazu", sagte sie. Die Leute sollen sich vorab äußern können, das ändere doch nichts daran, dass "ich mir meine eigene Meinung bilden muss".

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