Talente:Wettbewerb der Sieger

"Jugend musiziert" in der Region findet seit 24 Jahren in Grünwald statt. Dabei geht es zu wie in einer großen Familie. Alle Teilnehmer erhalten Preise

Von Cristina Marina, Grünwald

"Bitte leise, Wertung läuft!" steht noch an der Tür des Konzertraums des August-Everding-Saals geschrieben. Auf einen Schlag ruft das simple Blatt Papier dem Besucher ins Gedächtnis, dass alles, was an diesem Wochenende hier stattfindet, Teil eines harten Wettbewerbs ist. Für den ersten Tag des Musikwettbewerbs "Jugend musiziert" ist die Wertung abgeschlossen. 140 Kinder und Jugendliche haben den ersten oder den zweiten Preis gewonnen - einige dürfen nun im Preisträgerkonzert auftreten.

Bernhard Huber ist stellvertretender Leiter der Musikschule Grünwald und zugleich Vorsitzender des Ausschusses, der den Wettbewerb in der Region München Süd/Grünwald organisiert. Huber ist seit neun Jahren dabei - seine Vorgängerin, Musikschulleiterin Hedy Stark-Fussenegger, hat die Bundesinitiative 1993 nach Grünwald geholt. Im kommenden Jahr feiert der Wettbewerb sein 25-jähriges Bestehen in der Region.

Und die Erfolge können sich sehen lassen. 30 bis 40 Prozent aller Teilnehmer kommen in die nächste Runde auf Landesebene. "Letztes Jahr hat eine Violinistin beim Bundeswettbewerb teilgenommen", erzählt Huber, "und daraufhin an den ganzen Landkreis eine Nachricht geschrieben: Wir haben den Bund geknackt!" Dass sie dabei "wir" geschrieben hatte, sei ein Zeichen dafür, dass der Erfolg nicht einem allein gehöre. Die Eltern, die Förderer, die Lehrkräfte, alle spielten eine wichtige Rolle. Sie seien "wie eine Familie", da die meisten Kinder jedes Jahr wiederkehrten. Das schönste Erlebnis sei mitzuerleben, wie die jungen Leute heranwachsen, wie sie von Mal zu Mal besser würden.

Talente: Zoé Faust und Lucas Kaisen Luo zeigen im August-Everding-Saal auf dem Klavier, was sie können.

Zoé Faust und Lucas Kaisen Luo zeigen im August-Everding-Saal auf dem Klavier, was sie können.

(Foto: Claus Schunk)

Es wird still im Saal. Die Preisträger zwischen fünf und 20 Jahren treten auf die Bühne. Sie singen oder spielen Instrumente wie Blockflöte, Saxofon, Violine, Klavier, Klarinette, Zither und Violoncello - und tragen dabei hübsche Aufmachungen wie Prinzessinenkleider aus hellem Tüll oder einen kleinen Frack. Eine Mutter begleitet ihre Tochter am Klavier. "Wie süß", möchte man denken. Bis die Kinder anfangen zu spielen. Denn so manche virtuose Performance lässt den Zuhörer atemlos zurück. Die Klänge klassischer oder moderner Musik verwandeln sich unter sicheren Händen mit einem Mal in Reales, Spürbares - eine Synästhesie, die den Saal bewegt. Wie früh müssen die jungen Musiker damit anfangen, um eine solche Wirkung in so jungen Jahren zu erzielen? Und wie überwinden sie das unausweichliche Lampenfieber?

Die Kleineren scheinen Letzteres allerdings noch nicht zu kennen: Zwei Erstklässler, Zoé Faust und Leander Möllering zucken nur die Schultern. "Anfangs war ich sehr aufgeregt", sagt hingegen die 18-jährige Susanna Pauli. Doch sobald sie sich ans Klavier setze, sei die Aufregung weg. "Da ist man wieder in seinem Element". Wie ihre Mutter erzählt, wollte Susanna schon mit drei Jahren auf dem Klavier der Nachbarin spielen; sie und ihre Schwester, Julia, fingen dann in der ersten Klasse an. Diesmal nahm nur Julia in der Kategorie Klarinette am Wettbewerb teil - und kam eine Runde weiter.

Talente: Nevia Carina Wohland spielt bei "Jugend musiziert" in Grünwald Saxofon.

Nevia Carina Wohland spielt bei "Jugend musiziert" in Grünwald Saxofon.

(Foto: Claus Schunk)

Genauso wie Ilia Antoniadis, 12, und Levent Geiger, 14, die mit dem Klavierstück "Fiestravaganza" von Choo Shaun vom Publikum mit anhaltendem Beifall und von der Jury mit der höchsten Punktzahl honoriert werden. Der eine fing mit drei Jahren an, der andere mit fünf. Beide gelten als Ausnahmetalente und wollen Berufsmusiker werden.

"Manchmal werden Musikwettbewerbe kritisiert, sie seien zu erfolgsorientiert", sagt Huber. Indes komme es auf den richtigen Umgang an. Stelle man die Musik in Mittelpunkt, so entdecke man dadurch "das Leben, die Freude, die Schönheit und die Bewegung". Das gelte es mit anderen zu teilen. "Und wenn diese Mitteilung auch gelingt, dann braucht man sich über die Bewertung keine Sorgen zu machen", sagt Bernhard Huber

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