Tag der offenen Tür in Ottobrunn:Abgehobene Bedingungen

Tag der offenen Tür in Ottobrunn: Beim Unternehmen in Ottobrunn waren Prüfstände für Flugzeuge und Satelliten zu sehen. Alles, was später fliegen soll, muss vorher gründlich getestet werden.

Beim Unternehmen in Ottobrunn waren Prüfstände für Flugzeuge und Satelliten zu sehen. Alles, was später fliegen soll, muss vorher gründlich getestet werden.

(Foto: Claus Schunk)

Temperaturen wie im All und eine Erde ohne Magnetfeld: Die IABG gewährt als Unternehmen der Luft- und Raumfahrt Besuchern Einblick in ihre Arbeitswelt

Von Nadja Tausche, Ottobrunn

Normalerweise muss jeder, der sich in diesen Hallen bewegt, Schutzkleidung tragen. Die Besucher betraten das Raumfahrtzentrum am Samstag aber ohne Überschuhe, Mantel und ohne Haube auf dem Kopf: Beim Tag der Offenen Tür der Industrieanlagen-Betriebsgesellschaft (IABG) war das Raumfahrtzentrum zusammen mit anderen Bereichen des Unternehmens für Führungen geöffnet.

Im Raumfahrtzentrum konnten Besucher verschiedene Geräte besichtigen, die für Tests an Raumfahrtsystemen verwendet werden. Denn hier werden Weltraumbedingungen simuliert: Raketen und Satelliten sollen zum Beispiel den gleichen Schalldruck erfahren, dem sie später beim Start von der Erde ausgesetzt sind. Auch die Masseträgheit und die Temperatur werden so eingestellt, dass sie den Bedingungen eines Weltraumeinsatzes gleichen.

Soll die Temperatur an die Weltraumtemperatur angeglichen werden, gibt es dafür die Thermal-Vakuum-Anlage. Ungefähr minus 270 Grad kalt ist es im All, erklärt Martin Hammer vom Raumfahrtzentrum bei einer Führung. In der Anlage wird die Temperatur mithilfe von flüssigem Stickstoff auf minus 190 Grad runtergefahren, benutzt man das deutlich teurere Helium, sind auch bis zu minus 260 Grad möglich. "Es ist eine sehr kostspielige Sache, aber man kann die Weltraumbedingungen gut nachbilden", sagt Hammer. In der gleichen Anlage wird das Vakuum des Weltalls imitiert: Mit Vakuumpumpen könne man innerhalb eines Tages ein Vakuum in der Anlage schaffen, sagt Hammer.

Die Führung durch das Raumfahrtzentrum ist eine von fünf Führungen in die verschiedenen Bereiche der IABG, die das Unternehmen anbietet. "Wir erwarten insgesamt über tausend Besucher", sagt Monika Peters am Samstag, die Organisatorin der Veranstaltung. Der Tag der Offenen Tür findet zum fünften Mal statt.

Die IABG hat 16 Standorte in Europa mit etwa 1000 Mitarbeitern, das Unternehmen beschäftigt sich unter anderem mit den Bereichen Luft- und Raumfahrt sowie mit der Bewaffnung der Bundeswehr. Im vergangenen Jahr war die IABG in den Schlagzeilen, weil der Bundestagsabgeordnete Florian Hahn Berichterstatter der CDU/CSU-Fraktion im Verteidigungsausschuss ist und als bezahlter Aufsichtsrat bei der IABG tätig ist. Kritiker warfen ihm einen Interessenskonflikt vor, Hahn selbst hielt dagegen, er sei immer transparent mit seiner Nebentätigkeit umgegangen.

Wer sich selbst ein Bild von dem Unternehmen machen will, kann am Samstag zum Beispiel im Bereich Luftfahrt den Businessjet PC-24 besichtigen, oder sich im Bereich Verteidigung in einen Flugsimulator setzen. Für Kinder gibt es spezielle Kinderführungen, als Rahmenprogramm tritt das Karlsfelder Sinfonieorchester auf. Wer die Magnetfeldsimulationsanlage besichtigen will, lässt sich vom Shuttle-Bus zu der Anlage fahren. Diese liegt inmitten von Bäumen und ist mit einem hohen Zaun gesichert. "Man möchte Magnetfelder messen: Wenn man sich im Straßen- oder Eisenbahnbereich befindet, ist das nicht möglich", sagt Rudolf Lauxen, der in der Anlage arbeitet. Das würde die Messungen stören. Die Magnetfeldsimulationsanlage ist einzigartig in Europa, hier werden Geräte auf ihr Eigenmagnetfeld hin getestet. Startet ein Satellit in den Weltraum, verschwindet nämlich das Magnetfeld der Erde. Das wird in der Anlage nachgestellt: "Die Leute haben sich überlegt: Was kann man machen, um das Magnetfeld der Erde auf die Seite zu schieben?", sagt Lauxen. Als Lösung werde in der Anlage mithilfe von Spulen eine Art Gegen-Magnetfeld erzeugt, sodass sich die beiden Magnetfelder gegenseitig aufheben.

Untersucht werden dabei ganze Satelliten sowie einzelne Komponenten von Geräten aus der Luft- und Raumfahrt. Zu den Einzelteilen gehören Funkgeräte genauso wie Kaffeemaschinen, sagt Lauxen: "Alles, was zum Beispiel der Flieger braucht, wird geprüft, bevor es eingebaut wird." Das Gebäude ist komplett aus Holz gebaut, weil Holz die Magnetik nicht stört. Dass das Magnetfeld der Erde in diesem Gebäude ausgeschaltet ist, merken Besucher körperlich nicht. Nur an einem Kompass auf dem Tisch zeigt sich der Unterschied: Wenn die Nadel ausschlägt, zeigt sie nicht etwa auf eine Himmelsrichtung, sondern bleibt in jeder beliebigen Position stehen.

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