SZ-Serie: Vom Land in den Mund:Ein bisschen wie in Italien

Lesezeit: 4 min

Im Hofladen passt das Ambiente. (Foto: Angelika Bardehle)

Der Hofladen von Anna Grenzebach in Grasbrunn lockt die Kundschaft, darunter auch die Frauen vom "Weibsentreff", mit selbstgemachten Torten, regionalen Produkten und einem besonderen Ambiente

Von Gudrun Passarge, Grasbrunn

Die Frau prüft die gerillte Tomate erst auf Herz und Nieren. Ist sie schön rot und fasst sie sich auch gut an, wandert sie in die Tüte. "Das sind Ochsenherztomaten, die gibt es nicht überall", sagt sie und erklärt, dass sie keine anderen Tomaten verträgt wegen ihrer Arthrose, nur diese Ochsenherztomaten, weil die weniger Säure hätten. Doch die Tomaten sind nicht der Grund, warum sich Gudrun Obernhuber von Isen aus auf den Weg nach Grasbrunn gemacht hat. "Wir haben hier unseren Weibsentreff", erzählt sie. Mehrere lustige Frauen, die sich auf einen Ratsch im Café des Hofladens beim Moar zusammensetzen. "Hier gibt's Supertorten. Ein Traum", schwärmt die Frau.

Sie ist nicht die einzige, die die Vorzüge des Cafés in Verbindung mit dem Hofladen zu schätzen weiß. Ein normaler Donnerstagnachmittag in Grasbrunn. Die Sonne scheint und beim "Moar" sitzen die Menschen mit ihrem Spritz oder etwas Prickelndem auf der Terrasse und genießen das Leben, wie Vera Scholler aus Grasbrunn. Sie mag die Lokalität, "weil alles selbstgemachte, gute Produkte sind".

1 / 4
(Foto: Angelika Bardehle)

Anna Grenzebach hat sich einen Traum auf dem Hof ihrer Eltern erfüllt.

2 / 4
(Foto: Angelika Bardehle)

Die Grasbrunner sind froh...,

3 / 4
(Foto: Angelika Bardehle)

...nun ein Café im Ort zu haben.

4 / 4
(Foto: Angelika Bardehle)

Kuchen, ein Hugo, Obst, Gemüse und auf jeden Fall ein Ratsch - alles zu haben im Hofladen beim Moar.

"Man trifft immer Leute, die man kennt."

Sie findet es toll, auch mal alleine hier vorbeigehen zu können, "man trifft immer Leute, die man kennt". Und wer sich umblickt, hat den Eindruck, alle, die an diesem Nachmittag frei haben, haben sich hier beim Moar versammelt. Teenager genauso wie Rentner. Immer wieder rollt ein neues Auto auf den Hof und spuckt Sonnenhungrige aus oder aber Menschen, die dringend noch für den Grillabend Fleisch einkaufen möchten, oder die ihren Kuchen lieber im eigenen Garten essen wollen.

Zu Nikolaus 2012 fand das erste Probeessen auf dem Hof statt. Anna Grenzebach war dabei, ihre Abschlussarbeit als Hauswirtschaftsmeisterin zu beenden. Ihr Thema: eine Produktpalette für einen Hofladen zusammenstellen. Daraus wurde eine neue Lebensaufgabe. Grenzebach spricht von einem Traum, der sich erfüllt habe. "Es macht absolut Spaß. Ich hätte mir nicht vorgestellt, dass es so gut ankommt." Dabei hatten ihr einige Leute gesagt, dass so ein Hofladen gut nach Grasbrunn passen würde. Da war es doch ein großer Vorteil, dass die 29-Jährige viel Platz auf dem elterlichen Bauernhof hatte. Die Halle, in der einst Kartoffeln und Getreide gelagert wurden, ist nun ein schmuckes Café mit Laden. Und es ist auch kein Nachteil, wenn die ganze Familie mithilft. Schwester Julia hat den Einkauf übernommen. Die Produkte kommen aus der näheren Umgebung.

Vom Lampflhof aus Pfaffenhofen etwa das Fleisch, aus der Unterhachinger Rösterei der Kaffee, vom Nachbarn die Kartoffeln. Neu hinzugekommen sind Pestos und Aufstriche von der Essendorfer Genuss Schmelzerei vom Irschenberg, weil sie das Produkt überzeugt habe, wie Grenzebach erzählt. Aber nicht nur die Schwester arbeitet im Betrieb mit, auch die Mutter hilft aus, wo sie kann, und der Freund von Anna Grenzebach, der selbst eine Landwirtschaft in der Gegend bei Rott am Inn zu versorgen hat, hilft nicht nur ihrem Vater beim Bewirtschaften des Hofes, er kümmert sich auch um die Getränke.

Cocktail-Abende und Christkindlmarkt

Mittlerweile hat sich alles eingespielt. 13 Frauen arbeiten in Teilzeit mit, außerdem bildet Anna Grenzebach zwei Lehrlinge in der Hauswirtschaft aus. Drei Tage in der Woche nur sind Café und Laden geöffnet. "Es soll etwas Besonderes sein. Die Leute sollen sich freuen auf Donnerstag bis Samstag", sagt die Chefin. Deswegen denkt sie sich auch noch zusätzliche Aktionen aus, um die Attraktivität zu steigern. Etwa Cocktail-Abende im Sommer oder den Christkindlmarkt auf dem Hof.

Die Grasbrunner haben ihren Laden längst als etwas ganz Selbstverständliches ins Ortsleben integriert. Das Café ist ein Treffpunkt für tout le monde. Stammtische haben ihre festen Tage hier, viele kommen zum Frühstücken. Manche feiern hier Geburtstage, Taufen oder andere besondere Feieranlässe. Handwerker schauen auf einen Café vorbei, andere wollen sich das Kochen ersparen und bestellen das täglich wechselnde Mittagessen.

An diesem Donnerstag waren es Penne auf Spargelragout mit karamellisierten Tomaten und gemischtem Salat. Aber jetzt am Nachmittag werden die Kuchenteller durch die Reihen getragen. Schokosahne-Träume, Erdbeerküsse - nur Donauwellen, nein, die gibt es heute nicht, wie eine Frau am Nachbartisch mit Bedauern feststellt. Dort hat sich ein Stammtisch zusammengefunden aus früheren Grasbrunner Schülern, mit früher ist die Zeit vor sechzig, siebzig Jahren gemeint. Unter ihnen sitzt Brunhilde Auer, die ein kleines Mädchen mit Zopf im Arm hat.

"Hier passt das ganze Ambiente."

Die Kleine heißt Maria Magdalena, sie ist eineinhalb Jahre alt und die Tochter der Chefin. Maria Magdalena gehört hier so selbstverständlich zum quirligen Leben beim Moar wie Hofhund Lilli, ein Berner Sennenhund, der sich bereitwillig nach kurzem Überreden den Bauch kraulen lässt. "Hier passt das ganze Ambiente", sagt Auer.

Einige seien Freunde der Familie und hätten das Projekt von Anfang an unterstützt. Sie sind mit Begeisterung dabei geblieben, überall gibt es nur lobende Worte. Auch am Nachbartisch, wo eine Mutter mit ihren zwei flügge werdenden Töchtern Platz genommen hat. "Wir freuen uns riesig, dass es in Grasbrunn den Hofladen gibt und damit überhaupt einen Ort zum Einkaufen." Dass es dazu noch ein Café gebe, das sei das "i-Tüpfelchen".

Gudrun Obernhuber hat ihre Wahl getroffen. Drei Tomaten sind in der Tüte gelandet. Für heute ist der Ausflug nach Grasbrunn beendet. Aber sie wird wiederkommen. "Im Sommer unter den Schirmen draußen, das müssen Sie erleben. Es ist einfach paradiesisch hier." So eine Art italienische Piazza im Voralpenland.

Neue SZ-Serie - Direktvermarkter im Landkreis
:Konsum mit Kanne und Korb

Lebensmittel direkt vom Hof sind gefragt. Doch nur wenige Landwirte im Landkreis verkaufen selbst an Kunden. Und eine eigene Marke "Unser Land" fehlt. In einer Serie stellt die SZ Selbstvermarkter und regionale Erzeuger vor

Von Alexandra Vettori

Der Hofladen "Beim Moar" in der Kirchenstraße 6, Grasbrunn, ist telefonisch unter 089/42079564 und per Mail unter info@hofladen-beim-moar.de zu erreichen. Geöffnet sind Laden und Café am Donnerstag von 7 bis 19 Uhr, am Freitag von 7 bis 18 Uhr und am Samstag von 7 bis 13 Uhr.

© SZ vom 25.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: