SZ-Serie "Schlüsselposition":Manager und Macher

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Sportanlagen wie die in Haar hat Oliver Eberle nicht gekannt, bevor er sich in der Gemeinde vorstellte. Nun managt er sie. (Foto: Angelika Bardehle)

Oliver Eberle verwaltet nicht nur die Haarer Sportanlagen, er berät die Gemeinde auch bei der Planung und hält Kontakt zu den Vereinen

Von Bernhard Lohr, Haar

Oliver Eberle wollte gar nicht wieder zurück. Er hatte sich abgenabelt, in Köln weit weg vom Elternhaus studiert und sich dort gut eingerichtet. Ein Leben im Raum München: Das war nicht sein Wunsch. Doch als er dann an einem sonnigen Frühlingstag in Haar aus der S-Bahn stieg und vom Bahnhof aus den Sport- und Freizeitpark erblickte, sah er die Dinge plötzlich mit anderen Augen. Er ging rüber zu den Sportanlagen, schaute sich das Stadion, die Tennisplätze, die Dreifachturnhalle und den Racket-Park an. Und als er dann kurz darauf im Rathaus beim Vorstellungsgespräch saß, war die Lust schon da, diese Einrichtung mitten in Haar zu managen. Denn so etwas hatte er zuvor selten gesehen.

Eberle kommt aus Geretsried im Süden von München, wo es ein recht ansehnliches Stadion des TuS mitten in der Stadt gibt. Dann studierte er an der Kölner Sporthochschule und hängte ein Fernstudium in Betriebswirtschaftslehre an der Uni in Hagen dran. Als begeisterter Fußballer schloss er sich dem Kölner Stadtteilverein SV Weiden an, dem zu dieser Zeit die Fußball-Legende Toni Polster als Präsident vorstand. Der volksnahe Österreicher war damals aktiver Spieler beim 1. FC Köln. Beim SV Weiden war er nah an der Basis, und Eberle lernte dort kennen, unter was für Bedingungen in Nordrhein-Westfalen im Freizeitbereich gesportelt wird.

Ein Ascheplatz ist dort Standard. Beim SV Weiden gab es immerhin Asche nur in der Mitte, - auch das hat Eberle seitdem nicht noch einmal gesehen - auf Streifen entlang der Seitenlinien wurde auf Rasen gespielt. Als Umkleidekabine der Sportler diente beim Polster-Club die Sportgaststätte. Es wurde eine Trennwand vorgeschoben, und dann zog man sich gleich neben den Gästen um.

So etwas erwartete Eberle freilich nicht, als er im Jahr 2005 Freunde in München besuchte und sich mit mäßigen Erwartungen auf eine Stellenausschreibung hin nach Haar begab. Doch dann war er baff: "Das gibt es doch gar nicht, das ist nicht ernst." Das waren seine Gedanken, an die er sich gut erinnert. "Für Kölner Verhältnisse war das überhaupt nicht vorstellbar."

Seit zehn Jahren kümmert sich der heute 42-Jährige nun darum, dass beim Vereins-, Freizeit- und Schulsport in Haar alles rund läuft. Er lebt mit Familie und den zwei und fünf Jahre alten Kindern in Neukeferloh. In den Sportpark fährt er in 13 Minuten mit dem Fahrrad. Und wenn dort ein neues Spielgerät getestet werden muss, dann kommt schon mal der fünfjährige Freddi mit und sagt dem Papa, was für eine Schaukel angeschafft werden sollte.

Oliver Eberle schätzt an seiner Arbeit die Unabhängigkeit - dank eigenem Budget und Gestaltungsmöglichkeiten. Er ist mittlerweile eine Institution in Haar. Er hat auch die Schulsportanlagen an der Konradschule und am Jagdfeld unter sich. Über ein Online-Buchungssystem, in das die Vereine auch Einblick haben, managt er von seinem lichten Büro im Untergeschoss der Dreifachhalle im Sportpark die Hallenbelegung. Zuletzt musste er jonglieren, als Turnhallen sowie das Hallenbad der Jagdfeldschulen mit Flüchtlingen belegt waren. In den Anlagen des Sportparks mussten dann alle zusammenrücken. Es wurden Trainingszeiten gekürzt und es wurde umgeschichtet. Der Spagat gelang, und Eberle sagt selbstbewusst: "Wir haben es geschafft, für alle eine zufriedenstellende Lösung zu finden."

Der Sportsmann und studierte Betriebswirt ist das Bindeglied zwischen Gemeinde, Vereinen, Schulen und auch Unternehmen, die gerne den Sportpark für ihren Betriebssport nutzen. Er spricht die Sprache der Leute und beeindruckt Jahr für Jahr bei seiner sachlichen, akkuraten Präsentation seiner Zahlen die Gemeinderäte. Er bekommt irgendwie alles und alle unter einen Hut.

"Über die Jahre hat man einen ganz guten Draht", sagt Eberle, der sich zuletzt auch spontan mit Vertretern der Münchner Skater-Szene an einem Tisch wiederfand, weil die gerne den Haarer Skatepark am Wieselweg ausgebaut gehabt hätten. Eigentlich ist das nicht seine Zuständigkeit. Aber er kümmerte sich im Auftrag der Bürgermeisterin. Jetzt soll das auch umgesetzt werden.

Für die Gemeinde Haar spielt der im Juli 1994 nach zwei Jahren Bauzeit eröffnete Sport- und Freizeitpark, der auf ehemaligen Flächen des Bezirks Oberbayern geschaffen wurde, eine zentrale Rolle. Was Eberle bei seiner Ankunft in Haar unter anderem so erstaunte, war die Tatsache, dass die Anlagen nicht irgendwo am Ortsrand errichtet worden waren. Sie liegen zentral am Bahnhof und sind heute sogar das Verbindungsglied zwischen Alt-Haar und dem wachsenden Ortsteil Eglfing. Wohnen, Arbeiten und Sport gehen dort, wo hochwertige Bürogebäude entstanden sind, eine direkte Verbindung ein. Am Sportpark sollen Menschen zusammenkommen. Fuß- und Radwege führen bewusst dort durch. Es gibt einen Abenteuerspielplatz, auf dem auch in den Abendstunden Jugendliche zusammensitzen; und einen tagsüber belebten großen Spielplatz für Kinder mit Piratenschiff.

Als der Sport- und Freizeitpark entstand, wurden auch die Bürobauten errichtet. Ute Dechent, die im Rathaus die Wirtschaftsförderung steuert, sagt, viele Unternehmen schätzten diese Nähe zur S-Bahn und zum Sportangebot. Das ist auch der Grund, warum eine Machbarkeitsstudie klären soll, ob der Sportpark nach Westen erweitert werden kann. Das Baseballfeld könnte dort hinverlegt werden, so das Kalkül im Rathaus, um am alten Baseballplatz Raum für eine Firmenansiedlung zu schaffen. Über eine Minigolfanlage, die auch schon mal geplant war, redet heute dagegen keiner mehr. Dafür fehlt im Rathaus mittlerweile das Geld. Zuletzt wurde 2011 ein neuer Kunstrasenplatz und ein Abenteuerspielplatz angelegt.

Auch wenn der Ausbau manchmal stockt. Die Gemeinde legt wert auf intakte und attraktive Anlagen im Herzen von Haar. Sie investiert Jahr für Jahr eine halben Million Euro in den Unterhalt, wobei auch etwa 100 000 Euro über Vermietungen hereinkommen. Immer wieder versucht Hauherr Eberle auch Spitzensportler nach Haar zu holen, wie bei einem internationalen Länderwettkampf mit Turnern im Jahr 2014. Die Nähe zur Stadt München macht das alles möglich und ist auch der Grund, warum die Gemeinde zuletzt die Bremse ziehen musste, damit nicht zu viele Münchner Vereine nach Haar drängen. Denn die Anlagen sind ausgebucht. Linderung könnte der Bau einer weiteren Dreifachturnhalle an den Jagdfeldschulen bringen, die beim Grundschulausbau mitgeplant ist.

Eberle hält das Prinzip für gelungen, dass die Vereine die mit der Gemeinde im Rücken entsprechend gepflegten Sportpark-Anlagen nur nutzen, und nicht für deren Unterhalt gerade stehen müssen; mit Ausnahme des Racket-Parks mit seinen Tennisplätzen und Anlagen für Squash und Badminton, die an den TSV verpachtet sind. Auch der Fitness- und Gesundheitsclub des TSV ist dort angesiedelt.

Um die Fitness des Sportstätten-Managers Eberle muss sich in Haar keiner sorgen. Er sitzt keineswegs nur vor seinem PC im Büro. Oft muss er direkt anpacken, wenn die Heizung streikt. Es sei auch ein "Feuerwehr-Job", sagt er. Eberle spielt heute noch Fußball, so wie damals, als er auf dem Ascheplatz in Köln-Weiden als Verteidiger den Kasten sauber zu halten half. In Haar kickt er montags mit Freunden in der Betriebsmannschaft von Giesecke und Devrient.

© SZ vom 08.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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