SZ-Serie: Oh, mein Gott! - Teil 6:Auge, Ohr und Mund der Gemeinde

SZ-Serie: Oh, mein Gott! - Teil 6: Ursula Werner hat sich schon in ihrer Jugend in der Kirche engagiert. Sie mag es, mit so vielen unterschiedlichen Menschen in Kontakt zu kommen.

Ursula Werner hat sich schon in ihrer Jugend in der Kirche engagiert. Sie mag es, mit so vielen unterschiedlichen Menschen in Kontakt zu kommen.

(Foto: Claus Schunk)

Ursula Werner ist Vorsitzende des Pfarrgemeinderats von St. Magdalena in Ottobrunn. Der Glaube gebe ihr vor allem in schwierigen Situationen eine "gewisse Standfestigkeit, die mir sagt, es wird weitergehen".

Von Daniela Bode, Ottobrunn

Wenn andere abends mit Freunden am Telefon über private Dinge plauschen, telefoniert Ursula Werner oft mit Pfarreimitgliedern. Gerade als der langjährige Pfarrer Christoph Nobs 2014 den Pfarrverband Vier Brunnen mit Sitz in Ottobrunn verließ, war das so. Da war die Verunsicherung groß. Es riefen Pfarreimitglieder aus St. Magdalena, einer Mitgliedsgemeinde des Pfarrverbands, an und wollten wissen, wie es nun weitergehe. Immer wieder melden sich Leute, um zu erfahren, wann der nächste Gottesdienst stattfindet.

Ursula Werner ist seit 2014 Vorsitzende des Pfarrgemeinderats in St. Magdalena in Ottobrunn, seit 2012 ist sie zudem stellvertretende Vorsitzende des Pfarrverbandsrats. "Es freut mich sehr, dass die Menschen mir so viel Vertrauen entgegenbringen", sagt sie. Sie schlüpft gerne in die Rolle der Gesprächspartnerin. "Wir sind als Pfarrgemeinderäte Auge, Ohr und Mund der Gemeinde", zitiert sie einen Pfarrgemeinderatskollegen.

Ursula Werner strahlt Ruhe aus und setzt auf Dialog

Man kann sich gut vorstellen, dass Menschen das Gespräch mit Ursula Werner suchen. Ihr dunkelbraunes Haar ist kurzgeschnitten, um den Hals trägt sie ihr goldenes Kommunionkreuz an einer Kette, und das Wichtigste: Sie strahlt Ruhe aus. Zudem ist sie offen für andere Meinungen und setzt auf Dialog. Das gefällt der 57-Jährigen auch so gut an St. Magdalena. "Die Pfarrei ist offen für alle Gruppen, es werden auch Gedanken zugelassen, die problematisch sein können, und im Dialog werden neue Ansätze gefunden", sagt sie. Als Mitglied des Pfarrgemeinderats unterstützt und berät Werner den Pfarrer.

SZ-Serie: Oh, mein Gott! - Teil 6: Ursula Werner hat sich schon in ihrer Jugend in der Kirche engagiert. Sie mag es, mit so vielen unterschiedlichen Menschen in Kontakt zu kommen.

Ursula Werner hat sich schon in ihrer Jugend in der Kirche engagiert. Sie mag es, mit so vielen unterschiedlichen Menschen in Kontakt zu kommen.

(Foto: Claus Schunk)

"Wir sind für alles zuständig, was das Gemeindeleben betrifft, außer das Finanzielle", sagt sie. Da geht es genauso um die Auswahl des Blumenschmucks in der Kirche wie um die Öffentlichkeitsarbeit und das liturgische Angebot. Konkret heißt das bei Werner: Pro Tag beantwortet sie rund eine Stunde lang Anfragen per E-Mail und trifft Absprachen am Telefon wie vor kurzem mit der Chorleiterin über den Gründonnerstagsgottesdienst.

Im Jahr stehen sechs Pfarrgemeinderatssitzungen an, ebenso sechs Pfarrverbandsratssitzungen. Alle drei Monate sitzt Werner zudem beratend als Vertreterin des Pfarrgemeinderats und des Pfarrverbandsrats in den Sitzungen der Kirchenverwaltung und des Pendants im Pfarrverband, des Haushalts- und Personalausschusses. Im Liturgieausschuss, der sich zwei- bis dreimal im Jahr trifft, bestimmt Werner die liturgischen Geschicke der Pfarrei mit.

Es geht um ein bewusstes Leben und um Verantwortung

Werner ist also ziemlich eingebunden. "Wenn ich eine Familie hätte, wäre das schwierig", sagt sie. Von der Verwandtschaft bekommt sie auch gelegentlich zu hören, dass sie an Weihnachten und Ostern ja nie da sei. Was treibt sie also an? "Es gefällt mir, dass ich mit so vielen unterschiedlichen Menschen in Kontakt komme und immer wieder zum Neudenken angeregt werde", sagt sie. Werner sagt es auch zu, dass Kirche ein Feld ist, "auf dem man sich reiben kann". Doch es ist etwas noch viel Grundlegenderes, das die Ottobrunnerin in ihrem unermüdlichen Engagement motiviert. "Kirche und Glaube sind für mich Lebensinhalt. Es geht darum, eine bewusste Lebensform zu finden und Verantwortung für sich und andere zu übernehmen", sagt sie. Da passt es gut, dass ihr die Besuchsdienste bei einer alten Dame und die Kommunionspende für andere Pfarreimitglieder am meisten Freude an ihrem kirchlichen Engagement bereiten.

Werners Freude an der kirchlichen Arbeit rührt schon aus der Kindheit. Als Kind und Jugendliche besuchte sie Gruppen in der Pfarrei St. Heinrich in Sendling, wo sie wohnte, und an der Klosterschule am Anger, "in denen es mir gut gefallen hat". Sie erzählt davon, dass sie selbst ihre Jugendgottesdienste gestalten konnten.

Während dem Studium rückte die kirchliche Arbeit in den Hintergrund

Ihre positiven Erfahrungen gab sie später als Jugendgruppenleiterin in St. Stephan in Sendling weiter. 2002 zog sie nach Ottobrunn, um sich um ihre kranke Mutter zu kümmern. Bis dahin hatte sie wegen des Studiums, des Berufs als Bankangestellte und familiärer Verpflichtungen in der aktiven kirchlichen Arbeit pausiert. 2005 trat sie in die Pfarrei St. Magdalena ein und engagierte sich schon bald auch hier wieder. Von 2007 an begleitete sie eine ältere Dame in die Kirche, so kam sie zum Helferkreis von St. Magdalena. Mittlerweile sitzt sie ihre zweite Amtszeit im Pfarrgemeinderat von St. Magdalena, zuvor war sie als stellvertretende Vorsitzende tätig, und jetzt eben als Vorsitzende.

Pfarrgemeinderat

Der Pfarrgemeinderat ist ein Gremium in einer katholischen Pfarrgemeinde, das in allen Fragen, die die Gemeinde betreffen, beratend oder beschließend mitwirkt. Das Gremium unterstützt den Pfarrer etwa bei der Planung von pastoralen Schwerpunkten, bei Gottesdiensten und genauso bei der Aufarbeitung von Konflikten in der Pfarrei. Beschlussrecht hat das Gremium beispielsweise, wenn es um Maßnahmen im Bereich der sozialen und caritativen Dienste geht. Der Pfarrgemeinderat setzt sich aus gewählten, berufenen und amtlichen Mitgliedern zusammen. Zu den amtlichen Mitgliedern gehört der zuständige Pfarrer, die anderen Pfarrgeistlichen und die pastoralen Mitarbeiter. Dazu kommen je nach Größe der Pfarrei bis zu zwölf gewählte Mitglieder. In einigen Diözesen kommen zu den gewählten Laien und den Seelsorgern noch einige vom Gremium berufene Mitarbeiter hinzu, etwa für Bereiche wie Caritas, Kinder- und Jugendarbeit. Der Pfarrgemeinderat wird alle vier Jahre gewählt. Das Gremium ist von der Kirchenverwaltung abzugrenzen, die für Personal und Finanzen zuständig ist. dabo

Trotz aller Verbundenheit mit der Kirche nimmt Werner nicht alles hin und hat auch ihre Zweifel. Sie kann beispielsweise Menschen mit kritischen Nachfragen zu den Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche verstehen. Auch sie könne die Geschehnisse nicht akzeptieren. Sie plädiert für einen offenen Umgang damit: "Man muss die Dinge benennen und zu einem guten Ende führen." Nicht verstehen kann sie jedoch Selbstmordattentäter, auch wenn sie mit ihrem Glauben argumentieren.

Manchmal ärgern die Pfarrgemeinderätin Ereignisse im kirchlichen Alltag

Werner spricht auch von Momenten, in denen sie wütend über Ereignisse im kirchlichen Alltag ist. Doch irgendwie glaubt sie immer daran, dass es eine Lösung gibt. "Auch wenn ich in Situationen stecke, in denen ich denke, ,Wie soll das weitergehen?', habe ich durch den Glauben eine gewisse Standfestigkeit, die mir sagt, es wird weitergehen", sagt sie.

Wie immer wird Werner auch in den nächste Wochen regelmäßig in die Kirche gehen. Sie weiß aber auch, wie wichtig es ist, sich Zeit für sich selbst zu nehmen. So kann es passieren, dass sie sonntags guten Gewissens auch einmal ausschläft oder sie unternimmt einen Ausflug.

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