Serie "Macht hoch die Tür":Scharfe Kufen für alle

Ottobrunn, Eissportsation,

Geschäftsführerin Christine März öffnet das Rollo zum Schuhverleih.

(Foto: Angelika Bardehle)

Im Ottobrunner Eisstadion können Schlittschuhfahrer unter 350 Paar Leihstiefeln wählen. Anfänger trainieren hier genauso wie Könner, Kinder üben mit freiwilligen Helfern des Vereins.

Von Stefan Galler, Ottobrunn

Es herrscht Aufregung im und um das Ottobrunner Eisstadion: In der Nacht hatten Eindringlinge mehrere Fenster des Vereinsgebäudes eingeschlagen, nachdem sie vermutlich über das Eisengitter geklettert waren.

Als hätten sie sich einen zynischen Scherz erlaubt, passend zur Adventsserie der SZ, in der es ums Türchenöffnen geht. Es fehlt zwar nichts, aber die Sachbeschädigung ist doch enorm, weshalb Christine März, ehrenamtliche Geschäftsführerin des Eis- und Rollsportclubs Ottobrunn (Ersco) ziemlich angesäuert ist: "Jedes Jahr in der Adventszeit kommt es zu so einem Einbruch. Dabei gibt es hier doch gar nichts Wertvolles."

Nun ja, vielleicht keine Wertgegenstände im klassischen Sinne, aber doch einen Schatz, der für einen Eissportverein viel wichtiger ist als eine prall gefüllte Kasse: Als Christine März den Rollladen zu den Geschäftsräumen des Vereins hochzieht, ist dahinter das Regal mit mehr als 350 Paar Leih-Schlittschuhen zu sehen, und diese seien "größtenteils von sehr guter Qualität", wie sie betont. Unter 100 Euro das Paar würden jedenfalls keine Schlittschuhe angeschafft, etwa 30 Paar müssten jedes Jahr ausgetauscht werden.

Am Tresen taucht ein kleiner Junge auf, der sich darüber beschwert, dass seine Schuhe nicht passen. März gibt sie ihm eine Nummer größer. "6000 Schüler sind jedes Jahr bei uns auf dem Eis", es kämen Schulklassen aus den Nachbargemeinden, aber auch bis aus Aying und sogar Dietramszell, sagt die Geschäftsführerin, die selbst aktiv beim Ersco in der Hobby-Eishockeymannschaft mitspielt. Die breite Streuung der Kundschaft komme daher, dass sich die gute Betreuung der Eisläufer durch das Ottobrunner Personal in der Region herumgesprochen habe: "Wir haben einen Bundesfreiwilligendienstler, der mit den Kindern aufs Eis geht", erläutert März.

Der Beste aller Zeiten

Draußen auf der Eisfläche ist Marco Degasperi auch bereits mit den Kleinen zugange. Er baut einen kleinen Hindernisparcours auf, leitet die Anfänger an, die mit einem großen Kunststoff-Pinguin unterwegs sind, an dem sie sich festhalten können. Der 17-jährige "Bufdi", wie die Freiwilligen genannt werden, stammt aus Regensburg, spielt aber derzeit in der ersten Eishockeymannschaft des ERSC Ottobrunn. "Mit den Kindern zu arbeiten, macht am meisten Spaß", sagt er. Und Christine März spart nicht mit Komplimenten: "Marco ist der beste Bufdi, den wir bisher hatten."

Beim Ersco werden alle Eissportarten angeboten, neben der Männermannschaft gibt es im Eishockey für jede Jugendklasse ein Team. Auch einige starke Eiskunstläufer trainieren regelmäßig am Haidgraben. David Weiß, 17, gehört zur bayerischen Spitze. Und im Eisschnelllauf ist Felix Motschmann, 13, der Ottobrunner Vorzeigeathlet: Er gewann 2016 die inoffizielle Jugend-Europameisterschaft, seine aktuelle Trainerin ist Monika Gawenus, geborene Pflug, die Olympiasiegerin von 1972.

Ottobrunn, Eissportsation,

Die Schleifmaschine sorgt für Schärfe.

(Foto: Angelika Bardehle)

In jenem Jahr wurde der ERSC Ottobrunn gegründet, an ein Eisstadion war damals nicht zu denken. An kalten Tagen besprühte man die Maderwiese mit Wasser, auf der entstehenden Eisfläche wurde Sport getrieben. Das Kunsteisstadion wurde dann im Februar 1978 eingeweiht. Die Debatte über die fehlende Überdachung ist beinahe so alt wie die Arena selbst. "Kein Wort von mir dazu", sagt Christine März. Derzeit liegen alle Pläne Ottobrunns, irgendwann doch eine richtige Halle zu bekommen, im wahrsten Sinne des Wortes auf Eis. Und dann macht die Ersco-Geschäftsführerin noch ein Türchen auf, die führt in den Heizungsraum neben der Umkleide und dem Schlittschuhverleih.

Dort steht die vereinseigene Schleifmaschine inklusive Abzugsanlage, die verhindert, dass sprühende Funken Unheil anrichten. Dieses Gerät sei im Dauereinsatz, weil einige Eishockeyspieler ihre Kufen jede Woche nachschleifen lassen. Verletzungen gibt es eher selten, höchstens mal ein Sturz auf den Hintern oder das Knie. "Die Eiskunstläufer sind übrigens viel härter im Nehmen", sagt Christine März. "Im Gegensatz zu den Eishacklern sind sie nämlich ungepolstert."

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