Serie "Macht hoch die Tür":Florian und Georg wechseln sich ab

Lesezeit: 2 min

Josef Kyrein hat die beiden Glocken im Turm von St. Georg früher selbst geläutet. (Foto: Claus Schunk)

Eine unscheinbare Luke hinter der Sakristei der Unterbiberger Kirche führt hinauf in den Turm. Die beiden Glocken dort stammen von 1880 und 1959 und läuten jede zu ihrer Zeit.

Von Daniela Bode, Neubiberg

Die Luke in dem Raum hinter der Sakristei in der hübschen Barockkirche St. Georg im Neubiberger Ortsteil Unterbiberg ist ziemlich unscheinbar. Außen besteht sie aus Styropor, innen aus Holz, sie misst gerade einmal 55 mal 60 Zentimeter. Josef Kyrein, Gemeinderat und Biolandwirt, der hier Kirchenpfleger ist, hat sie extra weiß gestrichen, damit sie ein bisschen ansehnlicher aussieht. Dass es über der Luke hoch hinaufgeht, würde man auf Anhieb nicht vermuten.

Doch der erste Eindruck täuscht. Denn die Luke führt in den alten Glockenturm. Über 42 enge, steil nach oben führende Holzstufen, die noch aus dem 18. Jahrhundert stammen, gelangt man zu den beiden Bronze-Glocken. Bei einigen Schritten knarzt es, auf den Holzbalken liegen tote Fliegen und Staubflusen. Hier steigt so gut wie nie jemand hoch. Außer einmal im Jahr derjenige, der die Glocken wartet, wie Kyrein erzählt.

Hat man es bis nach oben geschafft, kann man die beiden schweren Klangkörper, die zwischen dem Gebälk hängen, genauer betrachten. Die kleinere Glocke wurde 1880 von Joseph Strasser aus München gegossen. Man sieht auch die Verzierungen. Auf der einen Seite ist eine Maria zu sehen, auf der anderen der heilige Florian. Die größere stammt von 1959, aus der bekannten Gießerei Perner in Passau. Sie zieren ebenfalls eine Maria und der heilige Georg im Kampf gegen einen Drachen.

1 / 2
(Foto: Claus Schunk)

Durch diese unscheinbare Luke...

2 / 2
(Foto: Claus Schunk)

...führt der Weg nach oben auf den Glockenturm der Unterbiberger Kirche.

Eine der alten Glocken wurde im Krieg eingeschmolzen

Um die neue Glocke in den Turm hieven und neben der kleineren anbringen zu können, mussten damals Stücke der Mauer herausgeschlagen werden. Auch an ihrer Stelle hing ursprünglich eine Glocke aus dem Jahr 1880 aus der Gießerei in München. "Ende des Zweiten Weltkriegs musste sie aber zum Einschmelzen abgeliefert werden", erzählt der Kirchenpfleger. Wie bei so vielen Glocken damals benutzte man das Metall, um Kriegsgerät herzustellen.

Nun hängen also seit 58 Jahren diese beiden Glocken nebeneinander und strukturieren durch ihren Klang das Gemeindeleben in dem Ortsteil. Die größere läutet täglich um 12 Uhr mittags, abends läutet die kleine zum Abendgebet. Sonntags zum Gottesdienst sind beide zu hören. Das funktioniert längst über eine automatische Steuerung. Kyrein erinnert sich noch, wie er früher die Seile zog, um die Glocken zum Läuten zu bringen. "Das war schön, weil sie dann rhythmisch so gut zusammengepasst haben", sagt der Kirchenpfleger. Heute läute die eine etwas schneller, die andere etwas langsamer.

Nimmt man den Klang als Unterbiberger überhaupt noch wahr? "Eher im Unterbewusstsein", sagt Kyrein. "Das gehört irgendwie dazu, man hört das ja jeden Tag." Spätestens an Weihnachten wird das Geläut auch für einige Nicht-Unterbiberger eine festliche Atmosphäre schaffen. Wegen ihrer familienfreundlichen Uhrzeit um 17.30 Uhr ist die Christmette in St. Georg sehr beliebt. Dann kommen in der Regel auch Besucher aus den umliegenden Gemeinden.

© SZ vom 12.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Serie "Macht hoch die Tür"
:Venus und Aeneas zum Greifen nah

Die SZ öffnet in ihrer Adventsserie "Macht hoch die Tür" drei Wochen lang jeden Tag verborgene Räume. Zum Auftakt geht es in die Laterne im Schleißheimer Schloss, einen Aufbau über dem Treppensaal.

Von Gudrun Passarge

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: