Serie: Macht hoch die Tür:Bauernhaus im Exil

Serie: Macht hoch die Tür: Der Müllerhof mit gekacheltem Sparofen stand in Hofolding gegenüber der Kirche.

Der Müllerhof mit gekacheltem Sparofen stand in Hofolding gegenüber der Kirche.

Der historische Müllerhof in Hofolding musste 1971 einem Neubau weichen. Doch er wurde nicht zerstört, sondern eingelagert und zehn Jahre später im Freilichtmuseum Glentleiten wieder aufgebaut.

Von Bernhard Lohr, Brunnthal/Großweil

Mehr als 200 Jahre hat der "Müllerhof" in der Mitte von Hofolding das Ortsbild geprägt. Ein typisches Bauernhaus im Voralpenland, mit Holzblockfassade und zwei Geschossen, die sich unter einem ausladenden, flachen Dach ducken. Alte Fotografien zeigen den umlaufenden Holzbalkon im Sommer mit blühenden Blumen geschmückt. Ein Sommeridyll, das jede Bayern-Postkarte zieren könnte. Doch im April 1971 kam der Hof weg. Nur vier Tage brauchten die Arbeiter, die jeden Balken nummerierten und dann vom 16. bis 19. April alles abtrugen.

Sie hatten so akribisch gearbeitet, weil jemand den Wert dieses wohl zu Beginn des 18. Jahrhunderts errichteten Baus erkannt hatte. Ein Architekt sicherte sich das alte Wohnhaus mit der Absicht, es an anderer Stelle für sich wieder aufbauen zu lassen. Die Bauteile wurden eingelagert. Doch weil er kein passendes Grundstück fand, übernahm 1978 das Freilichtmuseum Glentleiten des Bezirks Oberbayern das zerlegte Haus und baute es nach dem Baukastensystem auf seinem Gelände in Großweil, Landkreis Garmisch-Partenkirchen, wieder auf. Dort ist es mit zum Teil originalen Einrichtungsgegenständen zu besichtigen.

So wie viele andere Schmuckstücke übrigens auch. Was mancher in den von gesichtslosen Neubauten geprägten Dörfern im Münchner Umland vermisst, findet er im Museumsdorf. Der Zehentmaier-Hof aus Sauerlach steht dort, das Mirzn-Kleinanwesen aus Grünwald, der repräsentative Mesnerhof aus Höhenkirchen und der Getreidekasten aus Portenläng. "Der Landkreis München ist bei uns gut vertreten", sagt Melanie Bauer vom Museum.

Gezeigt wird der Zustand von 1910

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(Foto: Freilichtmuseum)

Kaum jemand wird das so bedauern wie Norbert Loy, der als Archivar in der Gemeinde Brunnthal arbeitet und aus dem Stegreif die Geschichte des Müllerhofs erzählen kann. "Natürlich" sei es schade, dass das Bauernhaus nicht mehr in Hofolding steht, sagt er. Ihn schmerzt es, wenn Orte ihr Gesicht verlieren. Andererseits kann er nachvollziehen, dass die Bewohner Anfang der Siebzigerjahre den Komfort eines Neubaus haben wollten. Fließend Wasser nur in der Küche und ein Holzofen - das war eben nichts mehr. Man hätte in den Müllerhof "viel Geld reinrichten müssen", sagt Loy. Fünf vergleichbare Anwesen stehen noch in Hofolding, die heute denkmalgeschützt sind.

Der Trost, den Müllerhof im Museum noch sehen zu können, hilft auch dem Archivar Loy wenigstens etwas über den Verlust hinweg. Der Bau wurde dort weitgehend im Original 1981 wieder eröffnet. Bis auf die Blockwand zum Stall und die Fußbodenbretter waren laut Hausbeschreibung alle Teile des Gebäudes noch vorhanden. Es ist ein umgebautes Rauchhaus, in dem in früheren Zeiten eine offene Feuerstelle existierte. Gezeigt wird der Zustand des Jahres 1910, als man schon über einen gekachelten sogenannten Sparherd in der Küche verfügte. Das Museum konnte originale Möbel von den früheren Eigentümern erwerben. Ein gezeigtes Kruzifix gehört vermutlich seit 1740 zum Inventar des Anwesens. Neben der Küche befindet sich im Erdgeschoss die Speis, ein Austragskammerl und die Stube. Im Obergeschoss liegt die Schlafkammer der Bauersleute und eine weitere Kammer. Heute sind dort Möbel aus dem Tegernseer Raum zu sehen.

Wer jetzt gleich Lust bekommen hat, das Türchen zum Müllerhof zu durchschreiten, muss sich aber noch gedulden. Das Freilichtmuseum Glentleiten ist im Winter geschlossen. Es steht Besuchern wieder von Josefi bis Martini, 19. März bis 11. November 2018, offen.

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