Renaturierung:Heimat des wolligen Schneeballs

Großdingharting, Deiniger Weiher, Algenteppich auf dem Wasser

Der Deininger Weiher ist ein Naturparadies.

(Foto: Angelika Bardehle)

Das Deininger Moor ist mühsam renaturiert worden. Die Fläche bietet ein Rückzugsgebiet für zahlreiche seltene Tier- und Pflanzenarten

Von Iris Hilberth, Straßlach-Dingharting

Betritt man die Wiesen rund um den Deininger Weiher, dann fühlt es sich ein bisschen so an, als würde man über einen flauschigen Hochflorteppich schreiten, der frisch aus der Wäsche kommt. Ganz elastisch sinkt man ein paar Zentimeter ein, das Wasser wird aus dem Boden gedrückt wie aus einem nassen Schwamm.

Libellen tanzen im Licht über das Wasser, es zirpt, summt und zwitschert zwischen den hohen Gräsern und Orchideen wie dem Sumpf-Glanzkraut. Und wenn man ein wenig Glück hat, bekommt man so seltene Geschöpfe wie den Permuttfalter, die Waldschnepfe oder die Helm-Azurjungfer zu sehen. Auch Kreuzottern und Baumfalken soll es geben. Das Deininger Moos ist auf dem besten Weg, wieder zu einer funktionierenden Moorlandschaft zu werden.

Renaturierung: Kiefern sind für die Fröttmaninger Heide charakteristisch.

Kiefern sind für die Fröttmaninger Heide charakteristisch.

(Foto: Renate Schmidt)

Manfred Siering, der stellvertretende Vorsitzende der Kreisgruppe München des Bundes Naturschutz kann noch jede Menge seltene Pflanzen und Tiere aufzählen, für die das Deininger Moos Lebensraum bietet. Wenn er wie unlängst in Oberhaching Vorträge über das 15 Hektar große Moor zwischen Kleindingharting und Holzhausen hält, dann referiert er über Sumpfgrashüpfer, Gelbbauchunken und den wolligen Schneeball, die Strauch-Birke und den Riedteufel. Mehr als 230 Pflanzen- und mehr als 150 Tierarten wurden in den vergangenen Jahren hier nachgewiesen, darunter auch viele seltene und bedrohte Arten. Sie alle fühlen sich hier offenbar recht wohl. Wieder, muss man sagen.

Großdingharting, Deiniger Weiher, Sommertag

Im Moor beim Deiniger Weiher bühen seltene Orchideen.

(Foto: Angelika Bardehle)

Bis Anfang der Sechzigerjahre wurde hier Torf gestochen

Denn erst 1992 hatte man im Landratsamt im Rahmen eines Bayern-Netz-Natur-Projekts in Zusammenarbeit mit dem Bund Naturschutz und dem Landesbund für Vogelschutz damit begonnen, das Gebiet zu erhalten und ökologisch zu verbessern. Denn dieses Vermächtnis der letzten Eiszeit, das vom Isar-Loisach-Gletscher tief ausgeschürfte vermoorte Becken war in der Vergangenheit entwässert und trockengelegt worden, um dort bis Anfang der Sechzigerjahre Torf zu stechen oder den Boden landwirtschaftlich nutzbar zu machen.

2010 begannen dann mit Mitteln aus dem Klimaprogramm 2020 umfangreiche Renaturierungsarbeiten. Der 17 Hektar große Hochmoorkern wurde mit Zustimmung der Grundeigentümer wieder verwässert. Die größte Fläche in diesem Areal, nämlich 4,25 Hektar hatte der Bund Naturschutz erworben. Entwässerungsgräben wurden aufgestaut, viele Bäume mussten entfernt werden. Denn auf dem trockenen Boden hatte sich ein Fichtenwald mit Birken und Kiefern entwickelt.

Hauptziel der Renaturierung war nun die Wiederherstellung eines natürlichen Wasserspiegels, das Projekt soll dem Klimaschutz und der Biodiversität gleichermaßen dienen. 126 000 Euro hat sich der Landkreis das kosten lassen. Auch der Münchner Großhandel für Bürobedarf engagiert sich bei diesem Umweltprojekt. Die Belegeschaft beteiligte sich sogar persönlich an den Arbeiten im Moor.

Denn Moore leisten nicht nur mit ihren vielen spezialisierten Tieren und Pflanzen einen wichtigen Beitrag zur Artenvielfalt. Sie gelten auch als hervorragender Kohlenstoffspeicher. Laut Bayerischem Landesamt für Umwelt binden sie etwa 700 Tonnen Kohlenstoff pro Hektar - sechsmal so viel wie Wald. Weltweit sei rund ein Fünftel des gesamten Kohlenstoffs in Mooren gebunden.

Obwohl sie nur drei Prozent der Flächen einnehmen, speicherten Moore etwa ein Drittel des im Boden gebundenen Kohlenstoffs, so die Behörde. Allein in den noch bestehenden bayerischen Mooren seien rund 200 Millionen Tonnen Kohlenstoff gespeichert. Das entspreche etwa 700 Millionen Tonnen CO₂, wenn der gebundene Kohlenstoff über Abbauprozesse freigesetzt werde. Damit haben Moore einen beachtlichen Einfluss auf das Klima. Das Landratsamt hat ausgerechnet, dass mit der Renaturierung des Deininger Moors bis zu 320 Tonnen Co₂-Äquivalente eingespart werden.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: