Sportstars in Unterhaching:In der Balance

Sportstars in Unterhaching: „Du kommst nicht so weit, wenn du kein Faible dafür hast“, so das Fazit der drei Turner Lukas Dauser, Felix Remuta, Marcel Nguyen (von links).

„Du kommst nicht so weit, wenn du kein Faible dafür hast“, so das Fazit der drei Turner Lukas Dauser, Felix Remuta, Marcel Nguyen (von links).

(Foto: Claus Schunk)

Die drei Weltklasseturner Marcel Nguyen, Lukas Dauser und Felix Remuta berichten am Lise-Meitner-Gymnasium, wie sich Sport und Leben vereinbaren lassen.

Von Iris Hilberth, Unterhaching

Ein einzelner Tisch, bedeckt mit festlich-weißem Tuch mitten in der Sporthalle, Mikrofone, Vereinswimpel. Drei junge Männer im Nationaltrikot haben Platz genommen. Man könnte leicht meinen, hier handelt es sich um eine Pressekonferenz vor Saisonstart oder nach Rückkehr von Olympia. Denn oft kommt es nicht vor, dass sich Marcel Nguyen, Lukas Dauser und Felix Remuta, die drei Unterhachinger Turner des Nationalkaders, gemeinsam in ihrer Heimatgemeinde einfinden. Doch der Anlass für solch eine geballte Sportprominenz in der Arena am Utzweg ist ein anderer: Die Sportfachschaft des Lise-Meitner-Gymnasiums (LMGU) hatte zum Gespräch gebeten.

Es hat schon eine Tradition in Unterhaching, dass das LMGU Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Kultur einlädt, um einen Einblick in deren Lebenswelt zu gewinnen. Mensagespräche heißen diese Veranstaltungen, nur dass es in der Kantine der Schule schnell zu eng wird, wenn der Sport an der Reihe ist. Schließlich wollten die drei Kunstturner des TSV Unterhaching statt eines langen Vortrags lieber ein paar Riesenfelgen und Kovács-Salti zeigen. Die komplette Zuschauertribüne der Sporthalle war am Freitagabend dicht besetzt, als die Turnstars der Gemeinde anschließend die Fragen der Schüler beantworteten.

"Balanceakt in der Arena und im Leben" haben die Schüler des Sport-Additums der Q12 ihre Veranstaltung überschrieben, die Bianca Hartmann, Michael Baader und Sebastian Geigenberger souverän moderierten. Die sind zwar alle drei keine ehemaligen Leistungsturner und mussten sich mit ihren Mitschülern erst einmal in die Materie einarbeiten. Doch ganz erstaunlich ist es trotzdem nicht, dass sie ausgerechnet von drei Turnern und nicht von anderen Athleten wissen wollten, ob Leistungssport mit Schule vereinbar ist, wie man sich nach Verletzungen motiviert und was nach der sportlichen Karriere kommt. Schließlich ist das LMGU Stützpunkt für Turnen; Felix Remuta, der 2017 in die Nationalmannschaft der Männer aufrückte, hat hier vor zwei Jahren sein Abitur gemacht. Wolfgang Dauser, Vater von Lukas Dauser, ist Sportlehrer am Unterhachinger Gymnasium und hat die Veranstaltung mit Kollegin Christine Franzlik betreut. Die Idee dafür stammt allerdings von Schulleiterin Brigitte Grams-Loibl. "Felix hatte mich vor einiger Zeit zu einem Turnwettkampf eingeladen. Ich war begeistert", berichtete sie. Es dauerte zwei Jahre, bis ein Termin zustande kam, an dem alle drei Sportler in Unterhaching sein konnten.

"In der Schule dranbleiben."

Auch am Freitag waren sie eigentlich nur auf der Durchreise, ein Zwischenstopp auf dem Weg ins Trainingslager in Korea. Europameisterschaften stehen an, Weltmeisterschaften und in zwei Jahren Olympische Spiele. Viel Zeit für etwas anderes außer Training bleibt da nicht. Dass Marcel Nguyen zwischendurch bei Fernsehshows wie "Dance, Dance, Dance" aufritt, ist eine Ausnahme, "war okay, muss ich aber nicht noch mal machen", sagte er. Etwa 30 Stunden verbringen die Athleten in normalen Wochen in der Turnhalle. Das geht, weil Nguyen und Dauser als Sportsoldaten nebenher nur ein bisschen BWL studieren. Remuta absolviert derzeit eine Ausbildung bei der Landespolizei. Ihr Abitur aber haben sie alle in der Tasche, "in der Schule dranbleiben", rät Ngyuen allen, die Ähnliches vorhaben, "Schulabschluss ist wichtig". Wenngleich alle drei einräumten, "keine Musterschüler" (Remuta) gewesen zu sein, "ich wollte ein Abi mit einem Schnitt unter 3,0 - das habe ich mit 2,8 dann auch geschafft", berichtete der 24 Jahre alte Dauser, der wie Nguyen, 30, auf dem Isar-Sportgymnasium war, wo Training und Unterricht über den ganzen Tag hinweg abwechseln. Remuta hingegen hat am LMGU das ganz normale G 8 absolviert, konnte also nur am Nachmittag trainieren, "aber ich bin von meiner Schule super unterstützt und für Wettkämpfe frei gestellt worden", sagte der heute 20-Jährige.

Natürlich gibt es bei auch bei ihnen immer mal Momente, in denen sie sich nach dem Sinn ihres Tuns fragen, "wenn man morgens am liebsten im Bett liegen bleiben würde, wenn der Körper weh tut oder man weit weg von der Familie ist", berichtete Nguyen. "Aber wenn man dann eine Medaille gewinnt und sie für dich die Nationalhymne spielen, weiß man warum", sagte der Silbermedaillengewinner von Olympia 2012 in London, "das sind Momente, von denen kannst du deinen Enkeln noch erzählen", so Nguyen. Entscheidend sei aber vor allem die Leidenschaft für seinen Sport. "Du kommst nicht so weit, wenn du keinen Faible dafür hast."

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