Stade Zeit, SZ-Serie, Folge 4:Wie es im Kalender steht

Unterhaching, Gartenbauvereinsvorsitzender Werner Reindl findet jetzt nur noch vereinzelt Betätigungsfelder in seinem gepflegten Garten

Die Stämme seiner Obstbäume schützt Werner Reindl im Winter mit einer Kalkschicht vor Frost und Infektionen.

(Foto: Angelika Bardehle)

Werner Reindl hat die Hacken, Rechen, Schaufeln und Scheren gereinigt, repariert, geschliffen und weggeräumt. Für den passionierten Gartler aus Unterhaching ist der Winter die Zeit des Planens und des Nachdenkens

Von Iris Hilberth, Unterhaching

"Wenn das Christkind ist geboren, haben die Rüben den Geschmack verloren." Klingt logisch. An Weihnachten sollte man die Karotten längst in der Suppe statt im Beet haben. Werner Reindl muss trotzdem schmunzeln, wenn er alte Bauernweisheiten im Gartenkalender liest. Im Dezember steht da zum Beispiel noch: "Wenn der Nord zu Vollmond tost, folgt ein langer, harter Frost."

Für Reindl, Vorsitzender des Gartenbauvereins Unterhaching, haben diese Sprüche nicht mehr eine solche Bedeutung wie für die Menschen vor vielleicht 200 Jahren. "Es hat sich eben viel verändert an den äußeren Umständen", sagt er, "da passt vieles nicht mehr." Nur die Eisheiligen, an denen kommt der Gärtner von heute immer noch nicht vorbei. "Erst nach der Kalten Sophie kann man Blumenzwiebeln und das vorgezogene Gemüse pflanzen", sagt er. Doch bis im Mai die Gärtner wieder richtig loslegen, kehrt über den Winter Ruhe ein.

Eine richtige Pause hat Reindl trotzdem nicht. Denn auch wenn draußen kaum etwas wächst, beschäftigt er sich mit seinem zeitintensiven Hobby, mit der Gestaltung seines Gartens und den Plänen fürs nächste Frühjahr. "Man überlegt, was gut gelaufen ist, was man verändern könnte, was man im kommenden Jahr anbaut und wo man etwas hinpflanzen möchte", erklärt Reindl. Jetzt, da die Blätter weg seien, habe man einen viel besseren Überblick als im Sommer. Reindl hat schon ganz konkrete Pläne für die kommende Saison. Das Staudenbeet soll umgestaltet werden, den Haselnussstrauch hat er zurückgeschnitten, damit das Gemüsebeet wieder mehr Sonne abbekommt.

Insgesamt ist sein Garten aber schon so hergerichtet, dass der erste Schnee kommen kann. Die Blätter sind zusammengerecht, "das ist immer die meiste Arbeit vor dem Winter", sagt Reindl. Wenngleich er sich diesmal dazu entschieden hat, die Blätter auf den Beeten bis zum Frühjahr liegen zu lassen, weil das dem Boden gut tun soll, er trocknet nicht so stark aus und wird etwas gewärmt. Leicht sei es allerdings nicht gewesen, diese neue Idee durchzusetzen, "meine Frau mag es gerne schön aufgeräumt", sagt Reindl.

Bevor der Frost kommt, macht sich der Gärtner zudem daran, die Stämme seiner Obstbäume zu kalken. Während Reindl die weiße Flüssigkeit mit einem dicken Pinsel aufträgt erklärt er: "Diese Maßnahme hat zwei Vorteile." Die weiße Farbe soll vor allem verhindern, dass die Sonne im Winter den Stamm allzu sehr aufheizt und durch die Temperaturunterschiede zu dieser Jahreszeit dann die Rinde aufplatzt. "Außerdem wirkt der Kalk desinfizierend."

Der Pinsel ist eines der letzten Gartenwerkzeuge, die er kurz vor Weihnachten noch benutzt. All die Hacken, Rechen, Schaufeln und Scheren hat er längst gereinigt, repariert, geschliffen und weggeräumt. Die Blumenkübel sind sauber unter dem Unterstand gestapelt, die Plane darüber festgezurrt. Auch die Nistkästen hat Reindl ausgeräumt und sich gefreut, dass in allen sechs die Meisen gebrütet haben. "So genau weiß man nie, ob da tatsächlich Nester drin waren", gibt er zu.

Da jetzt eigentlich alles auf- und weggeräumt ist, kann sich der Gartenbauvorsitzende auch mal der Theorie des Gartelns widmen. Diesen Winter wird er an einer Festschrift für den Münchner Gärtnerverein arbeiten. Bis zu deren 150-jährigen Jubiläum dauert es zwar noch zwei Jahre, "aber im Sommer will ich das auch nicht machen", sagt Reindl.

Eine Gemüsesorte allerdings gibt es auch im Winter bei den Reindls zu ernten: den Grünkohl. Er steht noch immer auf dem Beet hinter dem Haus, denn anders als die Rüben braucht er den Frost, um wirklich zu munden. An Weihnachten kommt der Kohl - so ist es Tradition in der Familie - dann auf den Tisch.

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