Serie "Vom Land in den Mund":Schwärmen für das Mahl der Königin

Serie "Vom Land in den Mund": Bienen sind Johannes Fagners Passion.

Bienen sind Johannes Fagners Passion.

(Foto: Claus Schunk)

Der Oberhachinger Imker Johannes Fagner hat in seinem Garten ein kleines Paradies für Bienen geschaffen. Honig, Propolis und Gelee Royale verkauft er frei Haus

Von Iris Hilberth, Oberhaching

Ein deutlich vernehmbares Summen liegt in der Luft. Mal wird es zu einem lauteren Sirren in direkter Nähe, dann entfernt es sich wieder und geht unter in einem gemeinschaftlichen emsigen Brummen. Es hat nichts Bedrohliches, vermittelt vielmehr eine außerordentliche Betriebsamkeit in diesem Oberhachinger Garten in der Kreuzenstraße.

Für Bienen ist das hier bei den Fagners ein wahres Paradies. Wiese statt Rasen, Blumen und Kräuter im Überfluss und dazu einen in voller Blüte stehender Apfelbaum. Ein Naturprodukt, das in einer solchen Symbiose entsteht, muss etwas ganz Besonderes sein. Kein Wunder also, dass die Alten Griechen überzeugt davon waren, dass ihre Götter dem Honig die Unsterblichkeit verdanken.

Zwischen 40 und 50 Kilo Honig werden im Jahr abgefüllt

Die Bienenstöcke hat Hobbyimker Johannes Fagner auf der Garage und im hinteren Ecke neben dem Schuppen platziert. Von dort aus starten seine Arbeitsbienen, um die Zutaten für einen echten Oberhachinger Honig heranzuschaffen. Im Frühling den zart-cremigen Blütenhonig, ab Johanni im Sommer dann den Lindenhonig und später den dunklen Waldhonig. 20 Bienenvölker hat Fagner, acht direkt im Garten seines Hauses, die anderen am nahen Waldrand. Zwischen 40 und 50 Kilo Honig kann er jährlich in Gläser abfüllen. Die verkauft er direkt zu Hause und donnerstags auf dem Unterhachinger Bauernmarkt.

Wer so eng mit seinen Bienen lebt, müsste es eigentlich gewohnt sein, hin und wieder auch gestochen zu werden. Doch Fagner winkt ab, den schützenden Imkerhut gebraucht er selten, "die sind meistens ganz brav", sagt er. Aber das liege auch an den beiden Arten, die er vor fünf Jahren für seine kleine Imkerei gewählt hat. Die Buckfast, eine in England gezüchtete Biene, und die Carnica, die Kärtner Biene, schwirren durch seinen Garten. Beide gelten als wesentlich gemütlicher als die schwarze Biene, die früher in der Gegend hauptsächlich zu Gange war. "Die ist richtig grantig", weiß Fagner. Auf einem Bauernhof im Oberland aufgewachsen, kennt er sich von klein auf mit Bienen aus.

Urbienen sind den Dinosauriern um die Ohren geflogen

Aufgetischt

Johannes Fagner schmeckt sein Waldhonig am liebsten auf warmem Schafs- oder Ziegenkäse. Dazu erhitzt er den Käse in einer feuerfesten Form im Backofen, bis er leicht schmilzt. Anschließend wird der heiße Käse mit dem dunklen Honig bestrichen und warm gegessen.

Dazu empfiehlt der Oberhachinger Imker Feldsalat mit gerösteten Walnüssen, die er nach dem Rösten in Waldhonig eingelegt hat.

Bei Kindern steht der süße Honig, pur gegessen oder auf das Butterbrot gestrichen, zwar ohnehin hoch im Kurs. Besonders gut kommt bei ihnen aber der "Steinzeitkaugummi" aus seiner Imkerei an: Johannes Fagner verkauft dabei kleinere Wabenstücke mit Honig, aus denen man leicht Stücke herausbrechen und dann kauen kann. sz

Daher beobachtet er die Entwicklung der Bedingungen für die kleinen Nutztiere auch mit großer Sorge. "Die Urbienen sind bereits den Dinosauriern um die Ohren geflogen. Die Menschheitsgeschichte begann hingegen erst vor bescheidenen 1,7 Millionen Jahren, als der Homo erectus den aufrechten Gang erlernte", mahnt er auf seiner Homepage. Blickt man über seinen Gartenzaun hinaus, sieht es wenig rosig aus für seine Bienen. Monokultur auf den Feldern, Buchsbaum und Rasen rund um die Häuser. Zwar gibt es riesige Rapsfelder, in denen die Insekten viel Nektar holen können. Doch blüht der Acker höchstens drei bis vier Wochen, während des restlichen Jahres finden die Bienen auf der großen Fläche keine einzige Blume.

2015 hat Fagner daher mit Klaus Tremmel, dem Inhaber des nahe gelegenen Getränkemarkts, auf einer etwa tausend Quadratmeter großen Fläche neben dem Laden eine Blumenwiese gesät. "Veitshöchheimer Bienenweide" nennt sich das Saatgut, das eine optimale Nahrungsquelle für die Insekten bietet.

Hier leuchten im Sommer die gelben Sonnenblumen, der blaue Borretsch und die lila Malven blühen neben den Disteln und dem Löwenzahn - insgesamt 45 verschiedene Wildkräuter und -blumen. Fagner hofft vor allem, die Oberhachinger Bürger zu animieren, bei der Bepflanzung ihrer Gärten und Balkons mehr an die Bienen zu denken. "Die Leute wollen Löwenzahn-Honig kaufen, reißen aber all ihren Löwenzahn raus", klagt er.

Die Nachbarschaft ist sensibler geworden

In seiner Nachbarschaft sei man inzwischen schon sensibler geworden, "die merken bereits, dass ihre Obstbäume durch meine Bienen besser tragen", sagt der Imker. Mehr Kräuter wünscht er sich als Nahrungsangebot für die Insekten. Thymian und Rosmarin, aber auch den blühende Schnittlauch schätzten sie. Sehr geeignet seien auch die Gojibeeren und der Bienenbaum (Euodia), der spät im Jahr blüht und damit die Bienen mit Nektar versorgt, wenn anderswo nichts mehr zu holen ist.

Fagner schätzt den Honig, auch weil ihm so viele heilende Wirkungen zugeschrieben werden wie die Stärkung der Widerstandskraft und der Nerven sowie die Hemmung von Entzündungen. Hinzu kommt das Propolis, das Harz der Bienen, das sie als Kittmaterial zum Schutz der Bienenstöcke verwenden, und das als stärkstes natürliches Antibiotika gilt. Es kann innerlich angewendet werden, indem zuvor das Rohpropolis in 97-prozentigem Alkohol aufgelöst wird.

Es wird aber auch in Cremes verarbeitet, die etwa gegen Zerrungen, Ekzeme oder auch Hämorrhoiden helfen soll. Das dritte Bienen-Produkt, das er besonders hervorhebt, ist das Gelée Royale, der Futtersaft der zukünftigen Königinnen, ein Gemisch aus den Sekreten der Futtersaftdrüse und der Oberkieferdrüse der Arbeiterinnen. Dieses Wundermittel, das aus der Larve eine große Königin macht, soll eine stärkende Wirkung auf den Organismus haben und helfen, Erschöpfungszustände abzubauen.

Seine Bienen werden nur mit natürlichen Mitteln (Milchsäure, Ameisensäure, Oxalsäure) gegen die gefürchtete Varroamilbe behandelt. Und daher macht es ihn auch so zornig, dass das Insektizid Clothianidin wieder zugelassen wurde. "Davon werden die Bienen so deppert, dass sie nicht mehr heimfinden", sagt er. Auch durch das geplante Freihandelsabkommen TTIP befürchtet er negative Auswirkungen auf die Lebensmittel. "Wir brauchen keinen Zuckerbatz aus der Flotten Biene", sagt er, "Honig muss eine Naturprodukt aus der Region bleiben."

Imkerei Fagner, Kreuzenstr. 23, Oberhaching, Tel. 089/66 66 52 07, E-Mail: hannes.fagner@googlemail.com. Öffnungszeiten: einfach vorbeikommen oder vorher anrufen; jeden Donnerstag: Bauernmarkt auf dem Rathausplatz Unterhaching; Infos: www.bayrischerhonig.de

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