Serie: Partnerstädte:Die Perle des Friaul

Tarcento ist seit 2008 die Partnergemeinde von Unterföhring. Wer dort ein paar Tage verbringt, kann nicht nur Kultur und Natur erleben,sondern trifft auf Menschen, die sich über Gäste freuenund mit ihnen ihre Zeit teilen

Von Sabine Wejsada

Wer auf dem Weg zur oberen Adria zwischen Triest und Venedig ist, fährt quasi daran vorbei: Tarcento, seit dem Jahr 2008 Partnergemeinde von Unterföhring, liegt 20 Kilometer nördlich von Udine. Eingebettet zwischen den Julischen Voralpen im Norden, die weite friulanische Ebene im Süden, den östlich anschließenden Colli Orientali und dem Tagliamento im Westen, lädt das kleine Städtchen zum Verweilen ein. Sagt Birgit Kullmann aus Unterföhring. Sie ist seit Beginn der Partnerschaft eine Freundin des Ortes im Friaul.

Die kleine Stadt am Torre wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts die "Perle des Friaul" genannt. Für die Unterföhringerin Birgit Kullmann ist Tarcento das heute noch. "Mein Mann und ich waren bestimmt schon zehn Mal dort", erzählt sie und dabei strahlen ihre Augen. Tarcento, ja, das sei einfach ein ganz wunderbarer Ort. Immer wenn sie zum Meer fahren würden, oder von dort zurück nach Hause unterwegs seien, gibt es ihn: den Abstecher nach Tarcento, wo Birgit Kullmann und ihr Mann viele Kontakte geknüpft und viele Freunde gefunden haben.

Kullmann, die seit 1973 in Unterföhring daheim ist und sich in der Gemeinde seit langem in verschiedenen Bereichen engagiert, war im Juni 2008 dabei, als die Gemeindepartnerschaft im Friaul zwischen den beiden Kommunen besiegelt wurde. Seitdem ist die Verbundenheit der beiden Orte stetig behutsam gewachsen. Ebenso wie jene zwischen den Menschen, wie Kullmann erzählt.

In Tarcento könne sich jeder wohlfühlen, davon ist die Unterföhringerin überzeugt: Wer sich bewegen will, kann mit dem Fahrrad oder zu Fuß die Bergwelt erkunden. Wer sich für Kunst interessiert, kann zum Beispiel die von internationalen Künstlern gestalteten Kreuzwegstation auf dem Stella besuchen. Wer dem dolce far niente frönen will, ja, auch der ist in Tarcento richtig. "Man kann überall gut essen und trinken", sagt Kullmann und nennt die Küche "rustikal" - Nüsse, Wildkräuter, Kastanien, Trüffel und Forellen in allen Variationen, "einfach herrlich" sei das.

Kullman selbst bringt die Kultur in Tarcento zum Schwärmen: In Stella, einer Hochebene etwa gibt es einen Kreuzweg. Die 14 Stationen wurden von Künstlern aus Deutschland, Österreich, Friaul, Slowenien und Kroatien gestaltet. Die Kullmanns wohnen gern in der Albergo Centrale, einem Hotel, dessen Einrichtung noch heute davon erzählt, als es in vergangener Zeit Treffpunkt für Literaten und Künstler gewesen ist.

Der Tourismusverband weiß um die Schönheiten des knapp 9000 Einwohner zählenden Städtchens und macht kräftig Werbung für einen Besuch: "Auf den Abhängen der Berge Chiampeon, Stella und Bernadia, zwischen den himmelblauen Konturen der Musi-Berge und dem hellen Band des Torre-Flusses liegt Tarcento, eine Perle, die von Weinbergen, Wäldern und da und dort verstreuten Ortschaften eingefasst wird." Für Birgit Kullmann ist das keine Übertreibung. "Tarcento ist einfach schön." Und das in vielfacher Hinsicht: Kultur und Geschichte entdecken, Sport treiben, gut essen, trinken und genießen - all das können die Besucher.

Entdecken

Von Unterföhring nach Tarcento sind es circa 450 Kilometer. Das Städtchen im Friaul eignet sich auch als Ausgangspunkt für Ausflüge in die Umgebung: Nach Udine, die Hauptstadt der gleichnamigen Provinz, ist es nicht allzu weit, und wer das Meer sehen will, dem sei eine Fahrt nach Grado empfohlen. Doch das Beste liegt oft ganz nah: San Daniele, etwas mehr als 20 Kilometer westlich von Tarcento gelegen, bietet für Magen und Augen so einiges: Der Ort ist nicht nur wegen seines Schinkens bekannt, sondern auch wegen der Biblioteca Guarneriana, einer der renommiertesten Bibliotheken Italiens.sab

Die ersten urkundlichen Erwähnungen von Tarcento stammen aus dem zwölften Jahrhundert, 1866 wurde das Städtchen dem Königreich Italien zugeschlagen: Das milde Klima und die schöne Lage lockten viele Künstler und Sommerfrischler aus Venedig nach Tarcento, die in prächtigen Villen wohnten und arbeiteten. Die Architekten Ruggero Berlam und sein Sohn Arduino Berlam schufen mit der Villa Moretti eines ihrer schönsten Bauwerke. Nicht weniger sehenswert ist die Villa Pontoni. Spuren der Vergangenheit sind in Tarcento viele zu finden: die Burgruine von Coia und die mittelalterliche Ortschaft Villafredda, die kleine Kirche Santa Eufemia aus dem 14. Jahrhundert und die Marienkirche Madonna del Giglio. Der Palazzo Frangipane und natürlich der Dom San Pietro. Teile des Orts wurden von einem Erdbeben am 6. Mai 1976 zerstört und in den Folgejahren wieder aufgebaut. Im Ort Cemona ist eine Dokumentation über das Unglück zu sehen, das an diesem Tag über die Bewohner des Friaul hereingebrochen war. "Das sollte man sich ansehen", sagt Kullmann.

Seit der feierlichen Unterzeichnung der Urkunde über die Partnerschaft zwischen Unterföhring und Tarcento am 1. Juni 2008 im Friaul sind die beiden Orte verbunden. "Wir sind uns der Tatsache bewusst, dass unsere Bevölkerungen sich bereits seit langer Zeit begegnen, da viele Bürger aus Tarcento im Rahmen der Arbeitssuche nach Unterföhring ausgewandert sind. Wir beabsichtigen, diesen historischen Austausch zu vertiefen. Wir haben den Wunsch, die Kooperation zwischen den Bürgern sowie den wirtschaftlichen, kulturellen und sportlichen Austausch zwischen den beiden Gemeinden zu fördern", heißt es in dem Papier. Inzwischen sind die Sätze mit Leben erfüllt: Die Lokalpolitiker aus beiden Gemeinden pflegen Kontakt, Vereine und Musiker besuchen sich regelmäßig. Und eben auch ganz "normale" Unterföhringer haben ihr Faible für Tarcento entdeckt. Siehe Birgit Kullmann.

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Bereits im Jahr 2002 hatte der damalige Unterföhringer Gemeinderat den Beschluss gefasst, neben der bestehenden Partnerschaft mit Kamsdorf in Thüringen eine weitere kommunale Beziehung auf europäischer Ebene einzugehen. 2006 besuchte der frühere Unterföhringer Bürgermeister Franz Schwarz (SPD) die Region Friaul, denn aus dieser Gegend waren im vergangenen Jahrhundert viele Ziegeleiarbeiter nach Unterföhring gekommen - einige ihrer Nachfahren sind geblieben.

Für Birgit Kullmann ist Tarcento immer wieder eine Reise wert. Sei es, um nur ein paar Tage in der "Perle des Friaul" auszuspannen, oder das Städten als Ausgangspunkt zu nehmen, um die Umgebung zu erkunden. Allerdings könne man seine Zeit auch gut und gerne in Tarcento und den dazugehörigen 14 Ortsteilen verbringen. "Die Stadt hat so vieles zu bieten." Und so viele freundliche Menschen, die auf die Gäste zugingen und ihnen die Schönheiten der Stadt zeigten.

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