Senta Berger:"Meine Stimme ist auch ein Instrument"

Muenchen: DER GROSSE GERTI-FUSSBALL-Tag

Die große Senta Berger kommt nach Taufkirchen.

(Foto: Johannes Simon)

Senta Berger rezitiert in Taufkirchen venezianische Sonette und Tangogedichte, begleitet vom Südwestdeutschen Kammerorchester

interview Von Udo Watter

Während der Frühling nun mit aller Macht erwacht, werden in Taufkirchen gleich alle vier Jahreszeiten gefeiert - und das auch noch doppelt: Das Südwestdeutsche Kammerorchester Pforzheim spielt am Samstag, 2. April, im Kulturzentrum Antonio Vivaldis "Quattro stagioni" und Astor Piazzollas "Cuatro estaciones porteñas" (Beginn 19 Uhr). Der Clou des Abends "Die Acht Jahreszeiten": Senta Berger rezitiert Sonette Vivaldis und ausgewählte Tango-Gedichte. Die SZ sprach mit der Schauspielerin ("Kir Royal", "Die schnelle Gerdi", "Satte Farben vor Schwarz", "Altersglühen").

SZ: Im Einstiegs-Sonett zu Vivaldis Frühling ist die Rede vom süßen Gemurmel der Quellen und von säuselnden Zephiretten (italienisch: Zeffiretti). Wer oder was bitte sind Zephiretten und konnten Sie sofort etwas mit dem Begriff anfangen?

Senta Berger: Kennen Sie das Kinderbuch "Babar, der Elefantenkönig"? - Eines der Lieblingsbücher meiner Söhne, als sie noch klein waren. "Babar" hat einen Freund, einen kleinen Affen, der sich hoch oben von Zweig zu Zweig schwingt. "Zephyr" heißt er. Schnell und leicht wie der Wind, so wird das Äffchen beschrieben. Dass Zephyr ein milder Westwind ist, der in der griechischen Mythologie den Frühling bringt, das wusste ich noch aus dem Schulunterricht. So waren mir die "Zeffiretti" ("geflügelte Kindergestalten im Gefolge des Zephyr") im Sonett "Primavera" doch schon vertraut.

Zephirleicht ist das Rezitieren von Gedichten sicherlich nicht, auch wenn das gerne unterschätzt wird. Braucht man als Rezitatorin genau soviel Gespür für Klangfarbe, Rhythmik und Artikulation wie ein guter Musiker? Oder eine gute Sängerin?

Meine Stimme ist auch ein Instrument. Und ich möchte ihm alles das geben, was ein Musiker seinem Instrument abverlangen kann: verschiedene Tönungen, Bassnoten wie helle Kopfstimme. Auch Rhythmus ist unverzichtbar. Artikulation - gerade bei Gedichten - finde ich wichtig, um über die Sprache Bilder entstehen zu lassen - bei mir und bei den Zuhörern.

Sie tragen an diesem Abend Texte auf Italienisch, Spanisch und Deutsch vor. Was macht den unterschiedlichen Reiz der drei Sprachen aus, und fällt es manchmal schwer, die Stimmungsbilder in der deutsche Übersetzung genauso poetisch wie im Original zu vermitteln?

Natürlich haben die lateinischen Sprachen einen anderen Klang; dunkler, weicher, die vielen Vokale klingen noch lange nach. Viele Wörter können nicht so einfach Eins zu Eins übersetzt werden. Vivaldi schreibt ja auch in venezianischer Sprache, die sich vom Italienischen auch heute noch unterscheidet. Aber darum lese ich ja auch die Vivaldi-Sonette erst im Original und dann in der Übersetzung, bevor die Musik zu erzählen beginnt.

Der Abend ist eine lyrisch-musikalische Reise durch das Jahr und von Venedig nach Buenos Aires. Zieht Sie eine der beiden Städte stärker an?

Natürlich Venedig. Ich kenne die Stadt ganz gut. Ich habe dort zwei große italienische Filme gemacht. Einer spielte im Winter, und es war so neblig, dass ganze Häuserfronten in Sekundenschnelle im Nebel versanken. Wir mussten mit dem Drehen abbrechen und warten, dass der Wind - der Nordwind heißt in Venedig "Bora" - die Nebeldecke wieder anhob. Und einen Film habe ich im Sommer gedreht. Das war eine wunderbare Zeit. Zur Arbeit wurde ich mit kleinen Motorbooten abgeholt. Wir drehten in der Lagune, eigentlich ein Naturschutzgebiet. Aber wie so oft in Italien nur "eigentlich". Buenos Aires macht mir ein wenig Angst; nicht nur seine Größe, auch seine Geschichte. Die Altstadt ist schön. Die Viertel also, in denen die "Porteños", die Einwohner von Buenos Aires, leben.

Vivaldis "Vier Jahreszeiten" gehören zu den meist gehörten (manche würden sagen abgenudelten) Stücken der Musikgeschichte. Piazzollas Variante "Las cuatro estaciones porteñas" ist eher unbekannt. Was macht für Sie den Reiz dieser beiden Kompositionen und ihrer Kombination an einem Abend aus?

Trotz aller Banalisierung der "Vier Jahreszeiten" hat diese Musik auf wundersame Weise überlebt. Jede Generation entdeckt sie wieder und wieder für sich. Ich kenne die "Vier Jahreszeiten" seit meiner Kindheit, und wenn ich nun gemeinsam mit den Musikern auf der Bühne sitze und Vivaldis Musik höre und sehe, wie sie entsteht, ist das immer wieder ein besonderer Genuss für mich und eine Entdeckungsreise. Piazzolla hat sich zu einem späteren Zeitpunkt, als die "Cuatro estaciones" schon als einzelne Musikstücke von ihm geschrieben und aufgeführt worden waren, zu einer Bearbeitung entschlossen, die in einzelnen Teilen immer wieder Vivaldi zitiert. Wenn für Sie dieses Stück Piazzolas eher "unbekannt" ist, wird sich das nach unserem Konzert hoffentlich schnell und nachhaltig geändert haben. Natürlich ist Piazzolla nicht nur in Südamerika ein Gott.

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