Schülerfirma:Schwebende Handytasche

Mit einer Schülerfirma vermarkten und vertreiben neun Zehntklässler aus Höhenkirchen ihr eigenes Produkt

Von Cathrin Schmiegel, Höhenkirchen-Siegertsbrunn

Das Ladekabel zu kurz, die Steckdose an der Wand in Bodenhöhe. Gerade für Smartphone-Besitzer ist das lästig, hält der Akku der Geräte doch nicht einmal einen ganzen Tag. Die Folge: Das heiß geliebte Telefon muss irgendwo am Boden herumliegen. Der Besitzer darf aufpassen, dass niemand drauf tritt. Um diesem Dilemma ein Ende zu bereiten, haben sich neun Zehntklässler des Gymnasiums Höhenkirchen-Siegertsbrunn dem Problem angenommen und eine Sicherheitsladestation für das Mobiltelefon entwickelt. "Phocation" heißt das nützliche und schicke Filztäschchen, das es in 16 Farben zu kaufen gibt.

Die Handhabung der Station ist simpel: Durch ein Loch am Kopf der Tasche kann der Besitzer sein Ladekabel fädeln, das fungiert zugleich als Halterung. Das Telefon steckt er - über dem Boden schwebend - in das Täschchen. "Unser Produkt steht für Sicherheit", sagt der 15-jährige Niklas Tausend. Er klingt, als hätte er den Satz schon oft aufgesagt. Mit ihrer Idee haben die 15- bis 16-jährigen Mädchen und Jungen eine Schülerfirma gegründet, die ebenso wie das Produkt "Phocation" heißt.

Schülerfirma: Die Tasche schützt das Smartphone beim Aufladen. Das Projekt der Schüler ist so erfolgreich, dass sie über eine Fortsetzung nachdenken.

Die Tasche schützt das Smartphone beim Aufladen. Das Projekt der Schüler ist so erfolgreich, dass sie über eine Fortsetzung nachdenken.

(Foto: Claus Schunk)

Das Ganze läuft über das bayernweite Projekt "Junior - Wirtschaft erleben" des Vereins Schule Wirtschaft Bayern, bei dem Schüler für die Dauer eines Jahres eine Firma gründen können. "Dort haben wir die Basics gelernt: Welche Abteilungen es gibt oder welche Aufgaben sie haben", sagt Lucas Wilisch. Er ist der Vorstandschef. Seine Führungsqualitäten schätzt man schon lange. "Das Junior-Projekt bietet uns einen sicheren Rahmen. Verluste können wir gar nicht machen", sagt Willisch

Welches Gerät die Zehntklässler entwickeln und vermarkten wollten, stand schnell fest. Für das nötige Startkapital haben die Schüler dann Anteile verkauft. "42 Stück à zehn Euro", sagt Wilisch. Die Eigner hätten allerdings keine Beteiligung an der Firma selbst erhalten, "aber Mitspracherecht bei den Versammlungen". Die Arbeit, die anfällt, haben die Schüler in vier Geschäftsbereiche aufgeteilt: eine Produktions-, Marketing-, Finanzabteilung und eine Presse-Crew gibt es. Die Grenzen sind fließend. "Wir haben alles im Team erarbeitet", sagt Wilisch. Dass das Marketing mal nicht wisse, was die Pressesprecher machen, sei nie vorgekommen. An der Produktion sind ohnehin alle mitbeteiligt. Genäht wird von Zuhause aus.

Schülerfirma: Mit Lehrerin Maria Nachtmann (hinten Mitte) haben die Schüler den Handyschutz "Phocation" entwickelt.

Mit Lehrerin Maria Nachtmann (hinten Mitte) haben die Schüler den Handyschutz "Phocation" entwickelt.

(Foto: Claus Schunk)

Nebenher schreiben die Schüler Protokolle und Geschäftsberichte für die Projektbetreuung und verkaufen "Phocation" an Ständen, wie im Dezember auf dem Christkindlmarkt. Ihre Geschäftsidee ist so erfolgreich, dass die Firma Ende April sogar einen Preis gewann: den zweiten Platz im Wettbewerb "Schule Wirtschaft Bayern".

Von dem Erfolg ist Maria Nachtmann begeistert. Die Wirtschaftslehrerin hatte die Firmengründung angeleiert und die Schüler von Anfang an betreut. Noten gibt es keine. "Sie hätten es auch voll gegen die Wand fahren können", sagt Nachtmann und lacht. Stattdessen aber spült die Erfindung weiter Geld in die Kassen: 130 Sicherheitsladestationen haben die Schüler schon verkauft. Um den Verkauf zu optimieren, hat sich "Phocation" gar eine schicke Online-Seite und eine Facebook-Präsenz zugelegt. Ob die Jungen und Mädchen ihre Firma auch nach dem Auslaufen des einen Jahres und ohne "Projekt Junior" weiter betreiben und ein richtiges Gewerbe gründen wollen, wissen sie noch nicht. "Das müssen wir gerade entscheiden", sagt Wilisch.

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