Oberhachinger Kirchplatz:Hübsch, aber nicht historisch

Oberhachinger Kirchplatz: Der Oberhachinger Kirchplatz ist nicht nur für Frauen mit Stöckelschuhen ein schwieriges Pflaster, sondern auch für Menschen, die auf Rollstuhl oder Rollator angewiesen sind.

Der Oberhachinger Kirchplatz ist nicht nur für Frauen mit Stöckelschuhen ein schwieriges Pflaster, sondern auch für Menschen, die auf Rollstuhl oder Rollator angewiesen sind.

(Foto: Claus Schunk)

Das Areal rund um St. Stephan soll erst später barrierefrei werden als geplant. Das liegt nicht daran, dass das in den Neunzigerjahren verlegte Granitpflaster so erhaltenswert wäre. Es fehlt nur gerade das Geld.

Von Iris Hilberth, Oberhaching

Wenn Oberhachings Bürgermeister Stefan Schelle (CSU) vom Kirchplatz in seiner Gemeinde spricht, dann verwendet er meist die Bezeichnung "historische Anmutung." Denn obwohl man meinen könnte, rund um St. Stephan habe es schon vor Jahrhunderten so ausgeschaut, wurde die Ortsmitte erst 1993 gestaltet, wie sie heute ist. Saniert werden müsste die Pflasterfläche dennoch, denn die großen Granitplatten wackeln mächtig und machen den Platz für Rollstuhlfahrer und Nutzer von Rollatoren zu einem schwierigen Pflaster.

Eigentlich hatte die Gemeinde geplant, den Platz so umzubauen, dass er als barrierefrei gelten kann. Das hat Diskussionen in der Gemeinde ausgelöst, weil manch einer befürchtete, mit der Schönheit des Platzes könnte es dann vorbei sein. Jetzt hat der Gemeinderat wieder Abstand von seinen Sanierungsplänen genommen und beschränkt sich auf eine Spartenerhebung, um überhaupt erst einmal festzustellen, welche Leitungen sich wo im Untergrund befinden. Grund ist aber nicht die Kritik der Bürger, sondern die Priorität anderer Projekte wie Schulen, Straßen- und Brückenbau. "Aufgeschoben ist aber nicht aufgehoben", stellte Schelle klar.

Einst war die Straße am Kirchplatz aus Kies

Einst verlief über den Kirchplatz die alter Kreisstraße, früher war die aus Kies, später wurde sie asphaltiert. Als Anfang der Neunzigerjahre aber die Umgehungsstraße fertig war, machte sich die Gemeinde daran, die Ortsmitte so zu gestalten, dass man sie als solche auch herzeigen kann. Und es gibt wohl kaum einen, der Fotos von damals und heute vergleicht und nicht die jetzige Form bedeutend schöner findet. Gerade die großen Platten, die man damals verlegt hat, gefallen den meisten. Problem ist nur: Die Platten heben sich und werden zur Stolperfalle.

Um eine möglichst stabile Oberfläche zu erhalten - da ja auch weiterhin Autos über den Kirchplatz fahren sollten -, wählte man damals ein Zement-Split-Gemisch, um die Steine darauf zu betten. "Normalerweise werden sie auf Sand verlegt", sagte Bauamtsleiter Gerhard Jäger. Was man damals aber nicht wusste, weil es keinerlei Erfahrungswerte gegeben haben soll: Das Gemisch verfestigte sich im Laufe der Zeit dermaßen, dass eindringende Feuchtigkeit nicht mehr abfließen kann. Durch die um bis zu sieben Zentimeter variierende Materialstärke, Frosteinwirkung und den Oberflächendruck beginnen die Platten zu wackeln, sie lösen sich und stehen auf.

Die Gemeinde hat all die Jahre den Kirchplatz immer wieder geflickt, wenn es ganz arg wurde. Doch seit der Behindertenbeirat des Landkreises nach einer Begehung die Gemeinde darauf hinwies, dass sie am Kirchplatz ein ganz großes Problem mit der Barrierefreiheit hat, entschied sich der Bauausschuss dazu, einen Planer mit einer Umgestaltung zu beauftragen. Der war noch gar nicht gefunden, konkrete Vorschläge also, was man verändern könnte, gab es also noch gar nicht, da brach die Aufregung in Oberhaching schon los. Insbesondere Architekt Helge Noae, der damals den Kirchplatz mit geplant hatte, fürchtete um den dörflichen Charakter der Ortsmitte. In einem offenen Brief an den Bürgermeister fragte er, ob Baukultur keinen Stellenwert mehr habe.

Schelle verstand die ganze Aufregung nicht. Keiner wolle den Komplettrückbau, stellte er klar, der Kirchplatz bleibe die einmalige Ortsmitte, "auch wenn er nicht historisch schützenwert ist, nur weil er uns gefällt", sagte der Bürgermeister. Außer dem verarbeiteten Granit selbst sei an dem Platz nur die Wasserleitung wirklich historisch. Und das ist eher ein Problem für Oberhaching als eine Tatsache, die Begeisterung auslöst. 1993 hatte man es nämlich versäumt, die damals schon fast hundert Jahre alten Rohre auszutauschen und so befindet sich in den Tiefen unter dem Kirchplatz noch immer eine um 1900 hergestellte Wasserleitung. Ein weiterer Grund also, um hier irgendwann mal aufzugraben. Jetzt hofft die Gemeinde, dass sie noch eine Weile hält, denn die Bauabteilung ist ausgelastet. Auch finanziell ist die Sanierung des Kirchplatzes derzeit nicht drin, "die Kreisumlage wird steigen, und wir wollen schließlich auch keine Straßenausbaubeitragssatzung bemühen", so Schelle.

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