Pullach/Wolfratshausen:Spritziges Abenteuer

Regisseur Walter Steffen porträtiert in einem Film die "Flößer-Heimat"

Von Jürgen Wolfram, Pullach/Wolfratshausen

In einer der spritzigsten Szenen sieht man, wie Männer beherzt zupacken. Sie ziehen triefende Baumstämme aus dem Wasser und nageln sie zusammen, bis einer dieser hölzernen Achtzehntonner bereit ist zum Ablegen oder zum Abtransport. Im Sommer alltägliche Vorgänge an den Floßländen in Wolfratshausen und München-Thalkirchen, doch in dieser Einstellung dramatisch inszeniert. Die Flößer Michael Angermeier und Josef Seitner lassen dazu Kommentare von existenzieller Schwere vom Stapel. Die Isar: Für den einen ist sie "mein Leben", für den anderen "wie eine zweite Braut". Im neuen Film "Fahr ma obi am Wasser" von Walter Steffen erwacht ein archaisches Handwerk zu Leben.

Wobei Luftaufnahmen einer hinreißenden Flussnatur, historische Schwarz-weiß-Rückblenden und eine eigens komponierte Filmmusik das emsige Treiben begleiten wie die erwartungsfrohe Grundstimmung heutiger Ausflugsgesellschaften.

Wer Floßfahrten hinter sich hat, weiß: der Spaß hat wegen des gemächlichen Tempos der Holzkolosse seine meditative Seite. Darum geht es Walter Steffen weniger. Nicht erst an der mit 360 Metern längsten Floßrutsche Europas beim Wasserkraftwerk Mühltal entdeckt er die Dynamik seines Themas. Der Regisseur hat besonders die Geschichte des Handwerks im Auge, will mit der Kamera ein kulturhistorisches Porträt der altbayerischen Flößer-Heimat zeichnen und an die überragende Bedeutung eines Transportwesens erinnern, das erst im 20. Jahrhundert von Bahn und Lkw abgelöst wurde. Die Flößerei ist stets ein Handwerk voller Gefahren gewesen. Klammen, Brückenpfeiler, Felsen wie der Georgenstein bei Baierbrunn, Hoch- und Niedrigwasser erfordern hellwaches Reagieren. Anders als heute mussten sich die Männer am Ruder einst sogar gegen Räuber wappnen.

"Fahr ma obi am Wasser" ist hierzulande erstmals am Mittwoch, 10. Mai, beim DOK.fest München zu sehen, von 20 Uhr an bei einer geschlossenen Veranstaltung im Rio Filmpalast. Der Kinostart folgt am 11. Mai. Produziert wurde der abendfüllende Dokumentarfilm ohne staatliche Fördergelder und ohne Senderbeteiligung, aber durchaus mit Unterstützung von Sponsoren. Kooperationspartner ist der Verein "Flößerstraße".

Der Regisseur, Drehbuchautor und Produzent aus Seeshaupt erhielt für seine Dokumentation "Netz & Würm" über die Fischer am Starnberger See den Tassilo-Preis der SZ, für die Holocaust-Doku "Endstation Seeshaupt" wurde er mit dem Kulturpreis des Landkreises Weilheim-Schongau ausgezeichnet. Sein "München in Indien" über den Hofmaler der Maharadschas war 2013 einer der erfolgreichsten Dokumentarfilme in den deutschen Kinos überhaupt. Zwei Jahre später folgte mit ähnlicher Resonanz "Bavaria Vista Club", ein Streifen über die aktuelle bayerische Musikszene.

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