Pullach:Wohngruppe für junge Flüchtlinge gescheitert

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Unbegleitete, minderjährige Flüchtlinge aus der Burg Schwaneck sollten in der Parkstraße unterkommen.. (Foto: Angelika Bardehle)

Kurz bevor der Gemeinderat noch einmal über das Projekt beraten wollte, zieht der Betreiber den Antrag zurück.

Von Melanie Artinger, Pullach

Der Bauantrag ist vom Tisch, der Nachprüfungsantrag von der Tagesordnung. In Pullachs Parkstraße 4 wird keine heilpädagogische Wohngruppe einziehen. Die dafür nötige Erhöhung der Grundfläche hatte viel Kritik der Anwohner ausgelöst. Neun Gemeinderäte hatten daraufhin beantragt, die Entscheidung des Bauausschusses zu überprüfen. Der Betreiber hat den Bauantrag nun noch vor der Gemeinderatssitzung zurückgezogen. Dennoch zeigen die Wortmeldungen der Bürgerfragestunde, dass das Thema noch immer die Gemüter erhitzt.

Auf dem Grundstück der Parkstraße 4 plante die Jonas Better Place GmbH eine vollbetreute heilpädagogische Einrichtung. Neun Jugendliche sollten dort untergebracht und von fünf Vollzeitkräften im Schichtdienst rund um die Uhr betreut werden. Doch das Einfamilienhaus ist dafür zu klein, seine Grundfläche hätte durch einen Anbau um elf Quadratmeter erweitert werden müssen. Der entsprechende Antrag auf eine Baugenehmigung wurde im Bauausschuss Ende November mit fünf zu vier Stimmen angenommen.

Bedenken der Anwohner konnten nicht ausgeräumt werden

Die ehrgeizige Zeitplanung hätte ursprünglich zumindest für neun der rund 70 in der Burg Schwaneck lebenden unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge die Möglichkeit eröffnet, weiterhin in der Gemeinde zu wohnen. Die Jugendlichen müssen im März die Burg verlassen. Mehrere Pläne für eine anschließende Unterbringung hatten sich innerhalb der fast eineinhalb Jahre, die sie in der Burg leben, immer wieder zerschlagen. Dazu gehörte auch die Unterbringung in Wohnungen in der Nähe des Bundesnachrichtendienst-Geländes, in denen fast alle Burgbewohner als Übergangslösung Platz gefunden hätten. Doch der Bundesnachrichtendienst meldete Sicherheitsbedenken an.

Bereits im Vorfeld zeichnete sich ab, dass auch die Wohngruppe in der Parkstraße nicht mehr rechtzeitig für die Burgbewohner fertig werden würde. Mitte Oktober wurde die Bauvoranfrage, bei der zwei Planungsvarianten vorgestellt wurden, zwar einstimmig positiv beschieden. Doch einen Monat später stellte Cornelia Zechmeister von der Wählergruppe Wir in Pullach (WIP) im Bauausschuss einen Vertagungsantrag. Auf ihre Anregung hin fand ein Gespräch mit den Anwohnern statt, an dem auch Vertreter der Firma Jonas Better Place teilnahmen. "Die Bedenken und Sorgen der Anwohner gegenüber den neuen Nachbarn konnten dabei wohl nicht ausgeräumt werden", befürchtete Fabian Müller-Klug (Grüne).

Einen Tag nach der knappen Entscheidung für die Wohngruppe im Bauausschuss reichten WIP und CSU den Nachprüfungsantrag ein. WIP-Fraktionssprecher Reinhard Vennekold begründete diesen Schritt damit, dass der Bauausschuss nicht die Mehrheitsverhältnisse des Gemeinderates widerspiegle.

Im Gemeinderat versuchte nun Angelika Metz (WIP), die Zielsetzung des Antrags richtigzustellen: "Es geht nicht um den Betreiber oder um die Einrichtung einer Wohngruppe. Es ging einfach darum, dass hier einem Bewerber von Außen etwas zugestanden wird, das für die Pullacher in der Umgebung nicht gilt." Arnulf Mallach (SPD) wies hingegen darauf hin, dass es bei den meisten Bauvorhaben um eine Abweichung vom Bebauungsplan gehe, auch in der Umgebung der Parkstraße 4 seien Abweichungen genehmigt worden. Das sei Alltag im Bauausschuss. Fabian Müller-Klug (Grüne) konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass ein Großteil der Gemeinderäte gegen eine dezentrale und kleingruppige Unterbringung von Flüchtlingen sei.

Jonas Better Place hat den Bauantrag jedenfalls kurz vor der Gemeinderatssitzung, in der der Nachprüfungsantrag diskutiert werden sollte, zurückgezogen. Der Zeitplan war nicht mehr einzuhalten. Stefan Näther, Vorsitzender der Geschäftsführung von Jonas Better Place sagt dazu: "Für uns ist es schon wichtig, dass der Gemeinderat geschlossen hinter dem Projekt steht."

Bürgermeisterin Susanna Tausendfreund (Grüne) findet es bedauerlich, dass abermals eine Unterbringungsmöglichkeit für die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge in Pullach nicht zur Umsetzung kommt.

© SZ vom 16.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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