Pullach:Todesfall überschattet Gedenkfeier

Pullach: Die Gedenktafel für James M. Greene stand kurz in Pullach und wurde dann nach Texas geschickt.

Die Gedenktafel für James M. Greene stand kurz in Pullach und wurde dann nach Texas geschickt.

(Foto: Markus Mooser)

Die Gemeinde lädt den Sohn eines ermordeten amerikanischen Soldaten ein. Doch der Ehrengast stirbt bei der Anreise.

Von Konstantin Kaip, Pullach

Jim Greene hat seinen Vater nie kennengelernt. Der nämlich starb 1944 als Soldat im Zweiten Weltkrieg, in dem Jahr als sein Sohn geboren wurde. James M. Greene war als 20-jähriger US-Soldat an den Bombenangriffen auf München am 19. Juli 1944 beteiligt, das Flugzeug, in dem er saß, wurde von einer deutschen Flak abgeschossen. Er konnte mit dem Fallschirm über dem Forstenrieder Park abspringen. Kurze Zeit später aber wurde er von drei Pullacher NSDAP-Funktionären, die den Absturz und den Absprung beobachtet hatten, aufgegriffen und erschossen.

Jim Greene wusste lange nichts über die näheren Umstände des Todes seines Vaters. Erst kürzlich hat die Historikerin Susanne Meinl mit ihrem Kollegen Markus Mooser den Fall recherchiert und den Sohn des US-Sergeants schließlich in Texas ausfindig gemacht. Im Rahmen der Feierlichkeiten zum diesjährigen Volkstrauertag sollte auch des Kriegsverbrechens gedacht werden, dem der junge Soldat 1944 zum Opfer fiel. Die Gemeinde Pullach hatte Jim Greene als Ehrengast zu einem einwöchigen Besuch eingeladen, am Sonntag sollte er an einer ökumenischen Andacht zum Gedenken des ermordeten US-Soldaten teilnehmen. Dazu kommt es nun nicht. Denn der Texaner ist auf dem Weg nach Pullach plötzlich gestorben.

Jim Greene erleidet am Flughafen einem Herzinfarkt

Der 71-Jährige war bereits mit seiner Frau unterwegs zu dem Ort, an dem sein Vater ermordet worden war. Als er am Flughafen in Houston auf den Anschlussflug nach Deutschland wartete, erlitt er einen Herzinfarkt. Er wurde in eine Klinik gebracht, wo er kurz darauf starb. Historikerin Meinl, die die Einladung Greenes bei der Gemeinde angeregt hatte und ihn am Sonntag vom Flughafen abholen sollte, erhielt am Samstag die traurige Nachricht.

Trotz des überraschenden Todesfalls fand die Andacht in der Aussegnungshalle des Pullacher Friedhofs am Sonntag wie geplant statt. Die Anwesenden, unter ihnen Pullachs Bürgermeisterin Susanna Tausendfreund, Meinl und Mooser, gedachten dabei nicht nur des Soldaten James M. Greene, sondern auch seines Sohns, der sich sehr auf den Besuch in Pullach gefreut haben soll. Auch die Isartalgemeinde, die ihm in einer Geste der Versöhnung das Ende seines Vaters näherbringen wollte, konnte er nicht kennenlernen.

Nun wird die Gemeinde auch am Freitag, 13. November, ohne den Ehrengast an die Ereignisse des 19. Juli 1944 erinnern müssen. Unter dem Titel "Als der Tag zur Nacht wurde" werden Gemeindearchivar Erwin Deprosse und Susanne Meinl im Pfarrheim Heilig Geist über den Bombenangriff auf die Industrieanlagen in Höllriegelskreuth und die Ermordung Greenes berichten. Anschließend diskutieren sie mit den Zeitzeugen Walter Grein und Ferdinand Oberniedermayr sowie Sven Keller vom Institut für Zeitgeschichte über die historischen Ereignisse. Der Abend beginnt um 19 Uhr, Anmeldung per Mail an anmeldung@pullach.de oder unter Telefon: 089/744744-11.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: