Pullach:Festmarathon in Baryschiwka

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Pullachs Bürgermeisterin Susanna Tausendfreund bei der Ankunft mit ihrem Kollegen Olexandr Iltschenko. (Foto: Antje Barbara Wagner)

Die Besucher aus Pullach müssen in der Ukraine Trinkfestigkeit und Geduld beweisen

Von Konstantin Kaip, Pullach

In der Ukraine können nicht nur die Winter sehr kalt, sondern auch die Sommer sehr heiß werden. Davon konnte sich in der vergangenen Woche die 43-köpfige Delegation aus Pullach bei ihrem Besuch in Baryschiwka überzeugen. In außergewöhnlicher Stärke war die Gruppe aus Gemeindevertretern, Mitgliedern des Partnerschaftsvereins und Bürgern in die Partnerstadt bei Kiew gereist, um das 25-jährige Bestehen der Gemeindepartnerschaft zu feiern. Trotz des schwelenden Konflikts im Osten des Landes und der schwierigen Wirtschaftslage hatte es sich Baryschiwka nicht nehmen lassen, nach den Feierlichkeiten im Mai in Pullach zu einem Gegenbesuch einzuladen, um das erste Vierteljahrhundert bayerisch-ukrainischer Beziehungen gebührend zu würdigen - bei "traumhaftem Wetter", wie Pullachs Bürgermeisterin Susanna Tausendfreund (Grüne) berichtet.

Die Pullacher, die am Sonntag, 23. August, in Baryschiwka ankamen, erlebten dort eine Woche voller Feierlichkeiten. Denn am Montag, 24. August, feierten die Ukrainer den Unabhängigkeitstag ihres Landes. Zudem hatte die Gemeinde, die gleichzeitig Namensgeberin des Rayons, also Kreisstadt ist, ihr jährliches Baryschiwka-Fest in die vorletzte Augustwoche gelegt. Bei dem Volksfest unter freiem Himmel, bei dem mehrere Orte aus dem Rayon mit eigenen Ständen und Spezialitäten vertreten waren, fanden auch die offiziellen Feierlichkeiten zum 25-jährigen Bestehen der Gemeindepartnerschaft statt, mit Reden der politischen Vertreter und Ehrungen verdienter Bürger.

Am Nachmittag darauf, berichtet Tausendfreund, gab es ähnlich wie in Pullach einen Festakt für geladenen Gäste im Gemeindesaal, bei dem neben der Bürgermeisterin auch ihr ukrainischer Amtskollege Olexandr Iltschenko sowie die Vorsitzenden der Partnerschaftsvereine und Vertreter der Verwaltung und der deutschen Botschaft in Kiew sprachen. Unter den Rednern waren auch die Altbürgermeister Ludwig Weber und Mykola Kowalenko, die den Partnerschaftsvertrag 1990 unterzeichnet hatten. "Alle haben die Bedeutung der Partnerschaft hervorgehoben und die freundschaftlichen, vertrauensvollen Beziehungen zwischen Pullach und Baryschiwka gewürdigt", berichtet Tausendfreund. Zwischen den Reden habe es zahlreiche Aufführungen mit Akrobatik und Gesang gegeben, eine Kindergruppe habe einen bayerischen Tanz aufgeführt.

Dritter Höhepunkt für die Gäste, die alle privat untergebracht waren, war die Einweihung einer kleinen orthodoxen Kirche, die auch mit finanzieller Hilfe aus der Isartalgemeinde gebaut werden konnte. Tausendfreund berichtet von einer "sehr feierlichen Zeremonie", die für die Gäste allerdings auch ein Geduldsakt gewesen sein muss. Schließlich habe die Eröffnungsmesse dreieinhalb Stunden lang gedauert, und in der Kirche sei es sehr heiß gewesen.

Auf Wunsch der deutschen Besucher, von denen viele erstmals in der Ukraine waren, gab es auch einen Tag in Kiew, trotz einer kleinen Buspanne bei der Anreise, wie Tausendfreund berichtet. In der Hauptstadt haben die Pullacher unter anderem das berühmte Höhlenkloster besichtigt.

Die Gastgeber hätten sich immer wieder für die Hilfe aus Pullach bedankt und den Gästen die Fortschritte gezeigt, die sie ermöglicht habe, berichtet Tausendfreund: etwa den Aufzug im Krankenhaus, der nun erstmals seit 50 Jahren funktioniere, oder die ausgebaute Küche im Altenheim. Der Krieg in der Ostukraine beeinträchtige nach wie vor das Alltagsleben in Baryschiwka, sagt Tausendfreund. "Man merkt, wie bedrückt die Leute über die Situation sind." Insgesamt aber seien es "sehr ausgelassene Tage" gewesen. Dass in der Ukraine zum Feiern auch Wodka gehört, weiß Tausendfreund aus Erfahrung. "Man muss sich darauf einstellen, dass man nicht nur offizielle Reden halten muss, sondern auch Trinksprüche." Der dritte, bei dem sich alle Männer erheben, gelte immer den Frauen, erklärt Tausendfreund. Als Bürgermeisterin habe sie sich aber eine Innovation erlaubt: "Ich habe diesmal einen vierten Trinkspruch auf die Männer erhoben."

© SZ vom 01.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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