Pullach:Düstere Szenarien

Negative Utopien dominieren Finale des Jugendliteraturfestivals

Der verheißungsvolle Blick in die Zukunft mag der allgemeinen menschlichen Sehnsucht entsprechen, als literarisches Szenario stinkt die Utopie ab gegenüber ihrer dunklen Schwester, der Dystopie: Erzählungen, die apokalyptisches Flair atmen, die von alles kontrollierenden Systemen handeln, von der Einschränkung individueller Freiheit durch perfekt technisierte Diktaturen, von Umweltkatastrophen und Entmenschlichung - sie faszinieren Autoren und Leser spätestens seit dem 20. Jahrhundert weit mehr.

"Schöne neue Welt - wie sieht die Zukunft aus", lautete die thematische Vorgabe für den Kurzgeschichten-Wettbewerb, den die Charlotte-Dessecker-Bücherei im Rahmen des 2. Internationalen Jugendliteratur-Festivals Pullach veranstaltete und der den Abschluss der Veranstaltung bildete. Zwar wäre es möglich gewesen, einen optimistisch-utopischen Ansatz zu wählen, aber die Teilnehmer zwischen 14 und 19 Jahren schöpften ihre Kreativität durchweg aus düsteren Quellen. Von den vier Teilnehmerinnen, die es ins Finale schafften, wählten drei - Janina Tschirschwitz, Laetitia Rieger und Kim McMahon - klassische dystopische Szenarien für ihre Geschichten. Gewonnen hat dann freilich die 16-jährige Philine Fischer aus Weilheim, die mit ihrem lyrisch rhythmisierten Prosatext ("Du hast mich gefragt . . .") über die fragile Zukunft eines Paares die Jury überzeugte. Ihr Preis ist ein zweiwöchiges Praktikum beim Hanser-Verlag.

Der Schriftsteller Martin Schäuble, der zur Jury gehörte, stellte an diesem Abend noch seinen unter dem Pseudonym Robert M. Sonntag geschriebenen Jugendroman "Die Scanner" vor: Das von Bradburys "Fahrenheit 451" beeinflusste Werk, in dem es um die Rettung der letzten gedruckten Bücher in einer voll digitalisierten Welt geht, passte - Stichwort "Schöne neue Überwachungswelt" - zum Thema des Abends. Um die Zukunft des Festivals, bei dem zahlreiche Bestseller-Autoren aus verschiedenen Ländern lasen und etwa ein Poetry Slam ausgetragen wurde, braucht man sich wohl keine Sorgen machen. Die Resonanz war passabel, die Veranstaltung kamen generell gut an und wer Bücherei-Leiterin Eveline Petraschka kennt, der weiß, dass sie trotz allen Aufwandes genug Energie hat für weitere Auflagen.

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